Foundation 08: Foundation
Bemerkung zugrundeliegt, sicherlich nicht. Tatsache ist, daß die Naturwissenschaft die Geistes- und Sozialwissenschaften seit geraumer Zeit immer wieder mal auf den Kopf gestellt hat. Der erste Aufbruch der Physiker in die Archäologie – Altersbestimmung durch radioaktiven Kohlenstoff – führte zu einer gründlichen Revolution der prähistorischen Chronologie, einer Revolution, die anzuerkennen sich einige Archäologen immer noch schlichtweg weigern. In ähnlicher Weise hat die kartographische Erfassung der Genfrequenzen durch die Biologie einige noch interessantere Fakten ans Tageslicht gebracht, wie beispielsweise den Angriff der Milchtrinkenden Mutanten, deren eigenartige Fähigkeit, als Erwachsene Milch verdauen zu können, zu der Kuh-und-Pflug-Revolution führte und damit die arischen, semitischen und sudanesischen schwarzen Rassen hervorbrachte. *
Ein detaillierter Fahrplan in die Zukunft à la Hari Sheldon wird aber nicht möglich sein. Geschichte ist ein evolutionärer Prozeß. Veränderungen sind kumulativ, und jeder Moment wächst in den nächsten. Zufallsfluktuationen können durch kausale Abhängigkeiten verstärkt werden. »For want of a nail, a shoe was lost…« * Nehmen wir an, wir hätten die Saurier und wir hätten Darwins Evolutionstheorie: Welcher Biologe könnte auf dieser Basis die Giraffe voraussagen? Oder betrachten Sie das Problem der Wettervorhersage – und dabei handelt es sich lediglich um Physik!
Ebenso wie Meteorologen einigermaßen vernünftig als Klima wenn nicht das Wetter vorhersagen können, und ein Biologe möglicherweise ›langhalsige Baumwipfelabweider‹ prophezeien könnte, wenn nicht den Diplodocus oder die Giraffe; so könnte der Psychohistoriker imstande sein, die groben Umrisse der Zukunft vorherzusagen. Ganz sicher könnte er das, was augenblicklich geschieht, beleuchten. Eines steht außer Zweifel: Wenn es so etwas wie geschichtliche Kräfte gibt, dann sind sie am Werk, ob wir uns ihrer nun bewußt sind oder nicht! Liegt darin größere Menschenwürde, das Opfer von Umständen zu sein, als darin, daß man versucht, sie zu studieren und zu verändern? Die Wissenschaft schränkt den menschlichen Geist nicht ein, sie erweitert ihn. Wir fliegen – trotz der Gesetze der Schwerkraft! Wie Marvin Harris es formuliert hat –, Subjektivität und Selbsttäuschung sind nicht das Maß des Menschseins.
Indem wir die Prozesse der Geschichte besser verstehen, können wir in höherem Maße die Lenkung unseres eigenen Lebens in die Hand nehmen. Die Zeit ist dahin, wo wir den Göttern, dem Unglück oder den Rosenkreuzern die Schuld für alles gaben, was geschieht – oder der Babbage-Gesellschaft. Sich auf Ideologien, was sein sollte, zu verlassen, ist kein Einsatz für das sorgfältige Studium dessen, was ist.
Und vielleicht ist das ein Grund dafür, weshalb die Vorstellung einer wissenschaftlichen Geschichte verspottet und denunziert werden wird – sei es nun als ›faschistisch‹ oder ›kommunistisch‹, je nachdem, welcher Ideologie derjenige angehört, der sie verteufelt. Es gibt Menschen mit massiven Interessen, die Ursachen der Geschichte zu mystifizieren und den Status quo zu bewahren.
Hat die Wissenschaft in der Kultur einen Part zu spielen. Mag Marvin Harris darauf antworten:
»Es gibt viele Möglichkeiten, es genau zu erfahren… aber doch es ist nicht nur ethnozentrische Marktschreierei, wenn man darauf besteht, daß die Wissenschaft eine Methode des Wissens ist, die für alle menschlichen Wesen einen einmaligen transzendentalen Wert besitzt. Im ganzen Verlauf der Vorgeschichte und der Geschichte hat nur eine Methode des Wissens diejenigen, die dieser Methode anhingen und sie praktizierten, dazu ermutigt, ihre eigenen Prämissen anzuzweifeln und systematisch ihre eigenen Schlußfolgerungen der feindseligen Überprüfung der Ungläubigen auszusetzen… Wenn (Kritiker) nicht aufzeigen können, wie ein anderes universalistisches System des Wissens zu akzeptablen Kriterien der Wahrheit führt, dann ist ihr Versuch, die universelle Glaubwürdigkeit der Wissenschaft im Namen des kulturellen Relativismus zu untergraben… ein Verbrechen an der Menschheit. Es ist ein Verbrechen an der Menschheit, weil das Gegenteil der Wissenschaft nicht die Anarchie, sondern die Ideologie ist; nicht friedliche Künstler, Philosophen und Anthropologen, sondern messianische Fanatiker und aggressive Fundamentalisten, die darauf erpicht sind, einander und die ganze Welt zu vernichten,
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