Foundation 08: Foundation
Kinderkriegen und -aufziehen entscheiden.
Kurz gesagt, die Armen haben größere Familien, weil sie sie sich ›leisten‹ können. * R mag niedrig sein, aber P und C sind das auch. Entgegen allgemeiner Ansicht empfinden wohlhabende Kreise den Fortpflanzungsdruck als viel größere Last als arme Kreise. Wie Colinvaux bemerkt, ist für einen armen Teufel immer noch Platz; keineswegs aber für einen weiteren erfolgreichen Handelsmann, Professor, Priester oder höheren Beamten. Aus diesem Grund wurde das Nullwachstum der Bevölkerung in den weißen Vororten und nicht etwa den schwarzen Ghettos entdeckt, und deshalb hat auch der wohlhabende Club of Rome die Grenzen des Wachstums erstmalig entdeckt.
Das Bevölkerungswachstum ist in zweierlei Weise reguliert worden. Die Einschränkung der Fortpflanzungsprivilegien schließt Bräuche wie Mitgift, Initiationsrituale, Homosexualität, Zölibat für die Priesterschaft, staatliche Heiratslizenzen, hohen gesellschaftlichen Status für Jungfrauen, Monogamie, die Pille etc. ein. Als Beispiel möge dienen, daß der Zuluherrscher Chaka seinen Kriegern die Ehe verbot, solange sie nicht das dreißigste Lebensjahr erreicht hatten.
Das zweite Mittel zur Regulierung besteht in einer Abschöpfung des Überflusses durch Abtreibung und Kindstötung, speziell von Mädchen. * Die alten Griechen legten ihre überschüssigen Babies auf den Abfallhaufen der polis, moderne Amerikaner liefern sie in den Abtreibungskliniken ab. Im viktorianischen Zeitalter fand man oft in den Abfalltonnen der Slums im Eastend Babies. Hänsel und Gretels Vater brachte seine beiden Kinder in den Wald und setzte sie dort aus. ›Findling‹ klingt zwar besser, ist aber Teil des nämlichen Verhaltenskomplexes.
Zahlen aus dem Mailand des 17. Jahrhunderts weisen beispielsweise aus, daß 10% der Babies auf Kirchen- und Waisenhaustreppen ausgesetzt wurden. (Und nicht umsonst nannte man die Waisenhäuser damals ›Engelmacher‹.)
Diese schmerzlichen Maßnahmen erzeugen einen starken Antrieb, sie durch Produktion von mehr Ressourcen zu vermeiden. Herrscher arbeiten hart, um den Wohlstand ihrer Untertanen zu heben und damit mehr und mehr Leute aus der Armut herauszuheben. Die einfachste Methode besteht darin, die Technik der Ressourcenproduktion zu intensivieren: also mehr Jäger hinauszuschicken; mehr Land unter den Pflug zu nehmen; mehr Ölquellen anzubohren. Auf kurze Zeit mag die Erschließung neuer Ressourcen sogar das Bevölkerungswachstum überholen. Aber am Ende flacht die Intensivierung ab. Habitatschäden verringern den biopsychischen Nutzen der Technik, während gleichzeitig der marginale biopsychische Aufwand steigt. Intensivierte Jagd vertreibt das Wild, folglich müssen die Jäger länger jagen und weiter ziehen und bringen doch weniger Kalorien nach Hause. Am Ende demotiviert die geringere Erfolgsmarge das alte technologische Verhalten, und es kommt zu einem Durchbruch, zu einer neuen Technologie (Abb. 17).Die neue Technologie erlaubt es einer größeren Zahl, bequem in einem Habitat zu leben, das bisher überfüllt wirkte. Der Ackerbau mit der Hacke kann die zehn bis hundertfache Bevölkerung, gemessen am Sammler/Jäger-Leben, ernähren. Selbst wenn sie versuchten zu koexistieren, würden die Ackerbauer am Ende die Jäger in einem Meer an Nachkommen ertränken. So haben die das Eisen nutzenden Bantu-Bauern zwischen dem ersten und fünften Jahrhundert unserer Zeitrechnung den steinzeitlichen Buschmännern das südliche Afrika weggenommen. *
Abbildung 17: Schematische Darstellung des Übergangs von der Jagd zum Ackerbau.
(1) Anfänglich führt die Intensivierung der Jagd zu mehr Nettokalorien.
(2) Fortgesetzte Intensivierung erzeugt zunehmend geringeres marginales Wachstum, in dem Maße wie die Grenzen der Technologie und der Habitats erreicht werden.
(3) Schließlich führt ›Überjagen‹ zu einer Entleerung des Habitats. Die ›Pleistozän-Megafauna‹ wurde ausgerottet, und unsere Vorfahren gingen zur ›Breitspektrum‹-Jagd über (das heißt, sie aßen Würmer und Insekten und Feldhasen, weil sie sämtliche Mammuts getötet hatten). Die Folge war weniger Nahrung bei mehr Aufwand.
(4) An diesem Punkt beginnt der Ackerbau trotz seines hohen Arbeitsaufwandes und der schlechten Verteilung des Wohlstandes attraktiv zu werden.
Das vermindert den Druck auf die Ressourcen. Allerdings ist diese Erleichterung nur von kurzer Dauer, und bald setzt ein neuer Druckzyklus ein. Die unveränderte
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