Foundation 08: Foundation
die er einmal gelernt hatte – und das brachte ihn zu
der Erkenntnis: Ein großer Psychologe wie Seldon war
fähig, menschliche Emotionen und Reaktionen genugsam zu
entwirren, um den zukünftigen Verlauf der Geschichte weitgehend
vorherzusagen.
Und das bedeutete – hm-m-m!
12
PROVINZPOLITIK
Lord Dorwin schnupfte Tabak. Sein langes Haar war kompliziert und
ganz offensichtlich künstlich gelockt. Ihm gesellten sich ein
Paar flaumiger blonder Koteletten zu, die der Lord zärtlich
streichelte. Zudem formulierte er seine Aussagen
übermäßig präzise und ließ alle R’s
weg.
Im Augenblick hatte Hardin keine Zeit, über weitere
Gründe dafür nachzudenken, warum der edle Kanzler ihm auf
der Stelle Abscheu einflößte. Ach ja, die eleganten Gesten
der einen Hand, mit der er seine Bemerkungen begleitete, und die
gewollte Herablassung, mit der er selbst die einfachste
Bestätigung aussprach.
Wie dem auch sein mochte, das Problem hieß jetzt, ihn zu
finden. Er war vor einer halben Stunde mit Pirenne verschwunden
– einfach abgehauen, zum Kuckuck mit ihm!
Hardin war überzeugt, daß auch seine Abwesenheit
während der einleitenden Gespräche Pirenne nur recht sein
würde.
Aber Pirenne war in diesem Flügel und in diesem Stockwerk
gesehen worden. Es war weiter nichts zu tun, als jede Tür
aufzumachen. Halbwegs den Flur hinunter, sagte er: »Ah!«
und trat in den verdunkelten Raum. Von dem erhellten Bildschirm hob
sich unverwechselbar das Profil von Lord Dorwins verwickelter Frisur
ab.
Lord Dorwin blickte auf und sagte: »Ah, Haadin. Sicheä
suchen Sie nach uns?« Er hielt Hardin seine Schnupftabakdose
hin. Diesem fiel auf, daß sie übermäßig
verziert, aber von schlechter Handwerksarbeit war. Er lehnte
höflich ab, woraufhin der Kanzler sich eine Prise nahm und
gnädig lächelte.
Pirenne sah den Bürgermeister finster an, und Hardin
begegnete dem mit einem völlig gleichmütigen Gesicht.
Das folgende kurze Schweigen wurde nur von dem Klicken
unterbrochen, mit dem sich der Deckel von Lord Dorwins
Schnupftabakdose schloß. Dann steckte der Kanzler sie weg und
sagte:
»Eine goße Eäungenschaft, diese Ihäe
Enzyklopädie, Haadin. Eine Goßtat, füäwah, die
den majestätischsten Leistungen alleä Zeiten an die Seite
gestellt weäden kann.«
»So denken die meisten von uns, Milord. Es ist jedoch eine
noch nicht ganz vollbrachte Leistung.«
»Nach dem bißchen, was ich von Ihäeä
Foundation gesehen habe, ist miä da-um gaa nicht bange.« Er
nickte Pirenne zu, der entzückt mit einer Verbeugung
antwortete.
Ein richtiges Liebesfest, dachte Hardin. »Ich hatte nicht
einen Mangel an Tüchtigkeit bei der Foundation im Sinn, Milord,
sondern ein Übermaß an Tüchtigkeit bei den
Anakreonern – obwohl sie in ihrem Fall in eine andere und
zerstörerischere Richtung geht.«
»Ah ja, Anakreon.« Ein nachlässiges Winken.
»Ich komme soeben von da. Ein äußeäst baba-ischa
Planet. Es ist ganz unvoästellbaa, daß menschliche Wesen
hieä in deä Pe-iphe-ie leben können. Nicht einmal die
elementaasten Bedüäfnisse eines kultivieäten Gentleman
können befie-digt weäden, es mangelt an den Gundlagen
für Komfoa und Bequemlichkeit – die Pimitivität, in
die sie…«
Hardin unterbrach trocken: »Unglücklicherweise besitzen
die Anakreoner alle elementaren Einrichtungen zur Kriegführung
und alle Grundlagen zur Zerstörung.«
»Das schon, das schon.« Lord Dorwin war verärgert,
vielleicht deswegen, weil man ihn mitten im Satz unterbrochen hatte.
»Abeä wiä wollen jetzt doch nicht übeäs
Geschäft spechen. Im Eänst, mich beun-uhigt etwas ande-es.
Doktoa Pi-enne, würden Sie miä bitte den zweiten Band
zeigen?«
Die Lampen gingen aus, und für die nächste halbe Stunde
hätte Hardin gemessen an der Aufmerksamkeit, die sie ihm
schenkten, ebensogut auf Anakreon sein können. Das Buch auf dem
Schirm ergab für ihn wenig Sinn, und er bemühte sich auch
gar nicht, dem Text zu folgen. Aber Lord Dorwin wurde zuweilen ganz
menschlich aufgeregt. Hardin bemerkte, daß der Kanzler in
diesen Augenblicken die R’s aussprach.
Als die Lampen wieder angingen, sagte Lord Dorwin:
»Wundeäbaa. Wiäklich wundeäbaa. Sie
inteäessi-en sich nicht vielleicht zufällig füä
Aachäologie, Haadin?«
»Wie?« Hardin riß sich aus seiner
geistesabwesenden Träumerei. »Nein, Milord, das kann ich
nicht sagen. Ich bin nach meiner ursprünglichen Absicht
Psychologe und nach meinem letztlichen Entschluß
Politiker.«
»Ah! Zweifellos
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