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Fraeulein Jensen und die Liebe

Fraeulein Jensen und die Liebe

Titel: Fraeulein Jensen und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hansen
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ein paar Tagen an einer Raststätte gefunden worden war und »Neuzugänge keinen Namen mehr kriegen« (Tierheim-Leiterin). Grausam.
    Mein Held Michael hatte mal wieder schnell eine Lösung für unser Problem parat.
    »Wir machen im Auto gleich das Radio an. Und den Namen des ersten Sängers, den wir hören, den nehmen wir für unser Baby. Baby, was sagst du dazu?« Baby zwei nickte begeistert. Ach mein Michael, er hatte immer so herrlich verrückte Ideen. Ich muss damals auf Droge gewesen sein, denn hätten wir den Hund wirklich »Wolfgang« genannt, wenn wir Wolfgang Petri plötzlich gehört hätten? Oder Shakira oder gar The Pussicat Dolls? Egal, die Fragen sind im Rückblick zum Glück überflüssig. Wir saßen im Auto, mein neuer Mit bewohner starrte auf der Rückbank ungläubig seinem neuen Zuhause entgegen und Michael und ich machten gespannt das Radio an: Love me tender, von Elvis. Michael und ich strahlten. Wir waren soeben stolze Eltern von »Elvis« geworden. Wir gaben uns angesichts der Ankunft unseres Kindes einen Kuss und Elvis strullerte vor lauter Aufregung in dem Moment meine Rückbank voll.
    Ich kürze die nächsten Wochen ab, die ich wartend am Flughafen-Terminal verbrachte. Nach sechs Monaten war die Luft raus. Michael war fast nur noch unterwegs, und ich fühlte mich wie die Hinterbliebene eines Seemanns, der zwar noch lebte, aber sein Glück auf einem Atoll im Südpazifik gefunden hat.
    Von Michael habe ich schon lange nichts mehr gehört. Manchmal gucken Elvis, der gescheiterte Beziehungsretter, und ich uns seine neuen Fotoalben bei Facebook an. Ich bilde mir ein, dass Elvis mir immer ein »Er war nichts für dich, nicht traurig sein« ins Ohr raunt, wenn ich mir mal wieder andächtig Michaels Profil ansehe.
    Elvis war übrigens das schönste und treuste Überbleibsel, das mir aus einer Beziehung geblieben ist. Obwohl ich mir manchmal schon wie eine allein erziehende Mutter vorkomme. (Einen Streit ums Sorgerecht gab es zwischen Michael und mir übrigens nicht, er verzichtete natürlich auf alle Ansprüche.)
    Neulich haben sie im Videotext auf Pro Sieben (ich bin wahrscheinlich die einzige Person in ganz Deutschland, die sich Stunden mit dem Lesen von Videotext befassen kann) eine allein erziehende Mutter für eine Doku-Soap gesucht. Ich hätte mich und Elvis fast angemeldet. Habe es dann im letzten Moment doch nicht getan. Er ist ja eigentlich nur ein Hund. Streng genommen jedenfalls.
    Dieser Hund ist auf jeden Fall Gold wert. Auch wenn er fürchterlich stinkt, wenn er nass ist, und rauswill, wenn ich lieber ausschlafen will. Aber diese uneingeschränkte Freude, die er mir jeden Tag entgegenbringt, als hätte er die Muttergottes gesehen, ist nicht mit Geld zu bezahlen. An schlechten Tagen schleiche ich mich heimlich aus meiner Wohnungstür, warte dann (im Bademantel, ja, es ist manchmal demütigend) fünf Minuten ab, um dann wieder in die Wohnung zu gehen. Elvis freut sich dann so, als würde er mich nach einer zehnjährigen Weltreise das erste Mal wiedersehen. Ich glaube, nicht einmal meine Mutter würde mich nach einer tatsächlichen Weltreise so empfangen, wie Elvis es nach fünf Minuten auf dem Hausflur tut. Und wie oft habe ich mich schon bei ihm ausgeweint, wenn ich mal wieder Liebeskummer hatte. Nicht auszudenken, wenn ich jedes Mal »Ach, Shakira« hätte jammern müssen. Manchmal meint es das Schicksal es eben doch gut mit einem.
    Durch Elvis habe ich auf jeden Fall Jens kennengelernt (»Ist das Ihr Hund? Können Sie dem mal sagen, dass er nicht an mein Fahrrad pinkeln soll!«), mein Beziehungshighlight Nummer drei. Jens war (und ist) das Gegenteil von Michael. Denn Jens war vor allem eins: vernünftig. Er war Bauingenieur, fuhr einen »im Preis-Leistungs-Verhältnis unschlagbaren« Golf Variant und hätte einen Hund nie nach einem Sänger aus dem Radio benannt. Da Jens neu in Hamburg war und noch provisorisch bei einem Freund auf der Couch schlief, zog er schon nach zwei Wochen bei mir ein. Es gab plötzlich einen Putzplan, eine Haushaltskasse (auch beim Bäcker fragte ich nach der Quittung über zwei Brötchen) und ein richtiges Klingelschild an unserer Wohnungstür, aus richtigem Messing, mit einer richtigen Aufschrift darauf: »Hier wohnen Hannah Jensen und Jens Dräger.«
    Doch bekanntlich will man ja immer das, was man nicht hat. Irgendwann ertappte ich mich bei einem »Wetten-Dass«-Abend auf dem Sofa (eigentlich der Inbegriff meiner Träume) dabei, wie ich ihn fragte, ob er

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