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Framstag Sam

Framstag Sam

Titel: Framstag Sam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul van Herck
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doch zu schreiben erdreisten…«
    Er läutete nach der Sekretärin, klatschte ihr – während er in seinen Papieren wühlte – auf den Hintern und vertrieb sich den Rest der Zeit mit einer Luftpistole. Er zielte fünfmal auf eine kostbare Porzellanvase auf dem Kaminsims, traf sie jedoch nicht.
    »Aber ich sehe noch an etwas anderem, daß du einen Roman in der Hinterhand hast, Sam«, grinste der Verleger.
    »An meinem Farbband?«
    »An deinem Farbband, genau.«
    Sam lächelte geschmeichelt. Jedesmal wenn er einen dicken Punkt unter ein abgeschlossenes Manuskript setzte, pflegte er nämlich das ausgelaugte Farbband aus der Schreibmaschine zu drehen, es zusammenzurollen und sich als Krawatte um den Hals zu hängen. Das lag daran, weil er der Meinung war, der Tag würde erst dann den richtigen, glänzenden Abschluß finden.
    Strahlend vor Stolz legte Sam das Manuskript auf den Verlegerschreibtisch.
    »Die Monster von Arcturus«, brummte der Verleger. Er schaute auf. »Mach doch die Tür zu, ja?!« Die Sekretärin hatte sie nämlich offengelassen, und erneut flatterten die Manuskriptblätter durch den Raum.
    Sam schloß die Tür, setzte sich hin und wartete respektvoll, während der Verleger sich eingehender mit seinem neuen Opus beschäftigte.
    Eine halbe Stunde später – soviel Zeit hatte der Verleger noch nie aufgewandt, um ein Manuskript zu begutachten – kam dann das Urteil. Es war kurz und bündig.
    »Schund!«
    Sam glaubte, sich verhört zu haben.
    »Tut mir leid, Sam.«
    »Was… was meinen Sie damit?«
    »Es ist Science Fiction. Zuerst dachte ich, du wolltest die Leser durch den Titel auf eine falsche Fährte locken… und daß etwas ganz anderes dahintersteckt. Aber bei näherem Hinsehen… Tja…«
    »Aber was haben Sie plötzlich gegen Science Fiction?« fragte Sam verwundert. »Ich habe doch immer solche Sachen geschrieben – und sie haben sich immer gut verkauft.« »Hast du denn meinen Brief nicht bekommen?« »Welchen Brief?«
    »Ich habe ihn vor einem Monat an alle meine Autoren geschickt und darin die Situation erklärt. Hast du ihn denn nicht bekommen? Warte mal – einen Moment.«
    Er durchwühlte einen großen Stapel auf dem Verlegerschreibtisch abgelegter Post und fand schließlich, was er suchte.
    »Meine Sekretärin hat natürlich vergessen, ihn abzuschicken«, sagte der Verleger und schrie: »Evi!«
    Evi kam herein.
    »Sie sind entlassen«, sagte der Verleger. »Versuchen Sie's zur Abwechslung mal anderswo… Und machen Sie die Tür hinter sich zu! «
    Evi verließ beleidigt das Büro. Sam konnte ein kurzes Aufwallen von Mitleid nicht unterdrücken, aber das Gefühl war nur von kurzer Dauer; mehr konnte man sich in der harten Geschäftswelt auch nicht erlauben.
    »Erinnere mich daran, daß ich beim Arbeitsamt anrufe, damit sie mir eine neue schicken«, sagte der Verleger ungerührt. »Hier, lies das! «
    Sam las den Brief. Je weiter er las, desto größer wurde seine Entrüstung.
    »Science Fiction ist verboten worden?« rief er schließlich aus. »Und warum, wenn man fragen darf?«
    »Das will ich dir sagen«, erwiderte der Verleger. Er legte die Handflächen gegeneinander. »Science Fiction erweitert den Horizont, was eine gute Sache ist. Aber jetzt sind ein paar Eierköpfe aus dem Kultusministerium zu der Ansicht gelangt, daß sie den Horizont ein bißchen zu sehr erweitert. Ich habe den kompletten Untersuchungsbericht gelesen und muß sogar zugeben, daß da etwas Wahres dran ist. Da wird zum Beispiel der Fall eines Irrenhausdirektors erwähnt, der einen Patienten hat, welcher sich für Napoleon hält. Du wirst das natürlich für nicht sonderlich ungewöhnlich halten. Das ist es auch nicht. Aber der Direktor sagt, daß der Mann recht hat und wirklich Napoleon ist! Und nachdem man herausfand, daß der Direktor zuviel Science Fiction gelesen hat… Verstehst du, was ich meine?«
    Sam nickte finster.
    »Nun, und in diesem Untersuchungsbericht werden Hunderte von solchen Fällen aufgelistet.«
    »Ich kenne aber Dinge, die viel mehr Schlechtes heraufbeschwören und dennoch nicht verboten sind. Zigaretten, Autos. Zeitungen. Streptokokken.«
    Der Verleger nickte zustimmend. »Ob es dir nun gefällt oder nicht, Sam, du wirst dich damit abfinden müssen.«
    »Und wie stehen die Dinge im Ausland?«
    »Es ist überall dasselbe«, sagte der Verleger betrübt. »In den Vereinigten Staaten ist die Science Fiction vor drei Monaten verboten worden. Das gleiche gilt für England und so weiter.

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