Frankie Machine - Winslow, D: Frankie Machine
hat Patty gesagt.
Klar bin ich grässlich, denkt Frank, aber als er die letzten Male ihr Scheckbuch in Ordnung gebracht hat, hat er festgestellt, dass sie nicht mehr so viel für die Kirche spendet wie früher. Den Priestern müsste klar sein, was italienische Ehemänner schon immer wussten: Eine italienische Frau findet immer einen Weg, dich zu bestrafen, und meist läuft das über die Brieftasche. Ist sie sauer auf dich, macht sie zwar ihren Job im Bett, aber dann geht sie los und kauft eine neue Essecke. Doch das darfst du ihr auf keinen Fall vorwerfen. Wenn du nur ein bisschen Grips hast, lässt du’s sein.
Und wenn die Priester nur ein bisschen Grips haben, steigen sie nicht auf die Kanzel und beklagen sich über die schrumpfende Kollekte, weil sie dann nur noch Kleingeld zu sehen kriegen.
Die Kirche also spielt keine Rolle in Franks Tagesplanung.
Sein Wäscheservice schon.
Die ersten zwei Stunden nach seiner Angelladen-Schicht verbringt er damit, die Restaurants abzuklappern, die er versorgt, um seine »Gutelaune-Besuche« zu machen, wie er das nennt, mit den Besitzern und Managern zu reden und sicherzustellen, dass sie mit dem Service zufrieden sind, dass ihre Bestellungen pünktlich eingetroffen sind, dass die Tischtücher, Servietten, Schürzen und Geschirrtücher fleckenlos sauber sind. Wenn das Restaurant auch Fisch anbietet, geht er in die Küche, um den Koch zu begrüßen und sich davon zu überzeugen, dass er mit der gelieferten Qualität zufrieden ist. Normalerweise geht Frank dann mit ihm in den Kühlraum, wo er die Ware persönlich in Augenschein nimmt, und hat der Koch was auszusetzen, schreibt Frankdas in sein kleines Notizbuch und kümmert sich sofort darum.
Gott segne das Handy, denkt Frank, denn jetzt kann er Louis direkt aus dem Auto verklickern, dass er binnen zwanzig Minuten frischen Thunfisch beim Ocean Grill abliefern soll, aber diesmal in der richtigen Qualität.
»Warum schreibst du dir das auf, wenn du ihn sowieso gleich anrufst?«, fragt Kid Abe.
»Damit der Kunde sieht , dass ich es aufschreibe«, erklärt Frank, »und weiß, dass ich meinen Job ernst nehme.«
Bis eins hat Frank etwa ein Dutzend der besten Lokale von San Diego abgehakt. Heute verläuft seine Tour von Süden nach Norden, so dass er in Encinitas landet, wo er sich mit Jill zum Essen verabredet hat.
Da sie vegetarisch isst, treffen sie sich im Lemongrass Café am Pacific Coast Highway, obwohl das Lokal nicht zu seiner Kundschaft gehört und er dort keine Vergünstigungen kriegt.
Sie sitzt schon da, als er reinkommt.
Er bleibt kurz im Foyer stehen und nimmt sie in Augenschein.
Lange Zeit haben Patty und er geglaubt, sie würden keine Kinder bekommen. Sie hatten sich schon mit der Tatsache abgefunden, und dann kam sie .
Jill.
Meine schöne Tochter.
Schon richtig erwachsen.
Groß, schlank, schulterlanges, kastanienbraunes Haar. Dunkelbraune Augen und eine römische Nase. Leger, aber elegant mit Jeans und schwarzem Pulli. Sie liest den New Yorker und nippt an einer Tasse, in der sich, wie er weiß, Kräutertee befindet. Dann blickt sie auf und lächelt, und dieses Lächeln ist ihm kostbarer als alles andere auf der Welt.
Nach seiner Trennung von Patty waren sie sich lange Zeit entfremdet, und er verübelt ihr nicht, dass sie ihm die kalte Schulter zeigte. Das waren harte Zeiten, denkt Frank. Ich hab ihr und ihrer Mutter eine Menge zugemutet. Fast die ganze College-Zeit hat sie kaum mit ihm gesprochen, obwohl er alle Gebühren samt Kost und Logis bezahlt hat. Erst gegen Ende ihres Junior-Jahrs hat sie ihn angerufen und zum Essen eingeladen. Dabei ging es sehr beklommen zu, aber es war ungeheuer aufregend, und danach bauten sie ihre Beziehung langsam wieder auf.
Zwar läuft es noch nicht nach dem Motto »Vater ist der Beste«, sie ist nach wie vor ein bisschen sauer auf ihn und zeigt ihm manches Mal die Zähne, aber sie treffen sich jeden Dienstag zum Lunch, und das versäumt er auf keinen Fall, mögen die Termine noch so sehr drücken.
»Daddy!«
Sie legt den New Yorker weg und steht auf, um sich umarmen und auf die Wange küssen zu lassen.
»Sweetie!«
Er setzt sich zu ihr. Das Lokal ist der typische südkalifornische buddhistisch-vegetarische Hippieladen mit Naturfasern auf Tischen und Wänden und mit Kellnern, die nur flüstern, als wären sie im Tempel und nicht im Restaurant.
Er nimmt sich die Speisekarte vor.
»Probier mal den Tofu-Burger«, sagt sie.
»Sei mir nicht böse, Sweetie, dann esse
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