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Fratze - Roman

Titel: Fratze - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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ist.
    Während ich mich neben Brandy hinknie, könnte ich meine Hände egal wohin in mein Kleid stecken und würde überall Tabletten finden - Darvon oder Demerol oder Darvocet N-100. Das ist das Stichwort für alle, sich jetzt nach mir umzudrehen. Mein Kleid ist eine Kopie des Turiner Grabtuchs, die Muster überwiegend in Braun und Weiß, so geschnitten und drapiert, dass die leuchtend roten Knöpfe durch die Stigmata geknöpft werden. Außerdem trage ich einen schwarzen Organza-Schleier, der meterweise um mein Gesicht gewickelt und mit handgeschnittenen Swarovski-Kristallsternchen besetzt ist. Man kann nicht erkennen, wie ich aussehe, also mein Gesicht, aber darum geht es ja gerade. Der Eindruck ist elegant und frivol, und ich fühle mich unantastbar und amoralisch.
    Haute Couture, und sie wird immer hauter.
    Feuer kriecht die Flurtapete hinab. Das Feuer habe ich gelegt, um das Bühnenbild aufzupeppen. Spezialeffekte können sehr wirkungsvoll sein, wenn es darum geht, die Stimmung aufzuhellen, und schließlich ist das hier ja kein richtiges, echtes Haus. Was hier niederbrennt, ist eine Nachbildung, gestaltet nach der Kopie einer Kopie einer Kopie eines Gutshauses im Pseudofachwerkstil. Es ist einhundert Generationen von irgendwelchen Originalen entfernt, aber sind wir das im Grunde nicht alle?
    Kurz bevor Evie schreiend die Treppe heruntergelaufen kommt und auf Brandy Alexander schießt, habe ich ein paar Liter Chanel No. 5 ausgekippt, eine brennende Hochzeitseinladung hineingehalten, und bumm, schon bin ich am Recyceln.

    Eigentlich komisch, aber wenn man drüber nachdenkt, ist selbst das größte tragische Feuer letztlich nur eine anhaltende chemische Reaktion. Die Oxidation der Jungfrau von Orléans.
    Immer noch auf dem Fußboden kreisend, zeigt die Mündung des Gewehrs auf mich, zeigt auf Brandy.
    Tatsache ist aber auch, dass man, egal wie sehr man jemanden liebt, unwillkürlich einen Schritt zurücktritt, wenn seine Blutlache allzu nahe an einen heranschwappt.
    Von dieser hochdramatischen Situation einmal abgesehen, ist es ein wirklich schöner Tag. Ein warmer, sonniger Tag, und die Vordertür, die auf die Veranda und den Rasen hinausgeht, steht offen. Das Feuer oben zieht den warmen Geruch des frisch gemähten Rasens in die Vorhalle, und draußen hört man die Hochzeitsgäste. Alle haben die Geschenke genommen, die sie wollten, Kristall und Silber, und verharren jetzt auf dem Rasen, um die Ankunft der Feuerwehr und des Rettungswagens zu erwarten.
    Brandy öffnet eine ihrer riesigen, mit Ringen besetzten Hände und berührt das Loch, aus dem ihr Blut sich über den Marmorfußboden ergießt.
    Sie sagt: »Scheiße. Nie im Leben nimmt Bon Marché dieses Kostüm wieder zurück.«
    Evie hebt den Kopf, ihr Gesicht eine einzige Schmiererei aus Ruß und Rotz und Tränen, und sie schreit: »Ich hasse es, wenn mein Leben so langweilig ist!«
    Evie schreit zu Brandy Alexander hinunter: »Halt mir einen Fenstertisch in der Hölle frei!«
    Tränen spülen saubere Linien auf Evies Wangen, und sie schreit: »He, Freundin! Du musst mal was zurückschreien!«

    Und als wäre das nicht alles schon Drama vom Allerfeinsten, blickt jetzt Brandy zu mir hoch, die ich neben ihr knie. Die auberginefarbenen Augen zu voller Blüte aufgerissen, sagt Brandy: »Brandy Alexander muss jetzt sterben?«
    Evie, Brandy und ich, das alles ist bloß ein Machtkampf ums Scheinwerferlicht. Bei jeder von uns heißt es nur: ich, ich, ich zuerst. Die Mörderin, das Opfer, die Zeugin, jede glaubt, ihre Rolle ist die Hauptrolle.
    Wahrscheinlich gilt das für alle Leute auf der Welt.
    Immer nur Spieglein, Spieglein an der Wand, denn Schönheit ist Macht, genau wie Geld Macht ist, genau wie eine Waffe Macht ist.
    Außerdem, wenn ich das Bild einer Zwanzigjährigen in der Zeitung sehe, die entführt, vergewaltigt und ausgeraubt und dann umgebracht wurde, und auf dem Titelblatt sieht man diese junge und lächelnde Frau, dann denke ich nicht, dass das aber ein schweres und gemeines Verbrechen ist, sondern meine instinktive Reaktion ist: Wow, die wäre ein richtig heißer Feger, wenn sie nicht diesen Riesenzinken im Gesicht hätte. Meine zweite Reaktion ist: Ups, ich sollte lieber ein paar vernünftige Porträtfotos griffbereit haben, für den Fall, dass ich, ihr versteht schon, entführt und zu Tode vergewaltigt werde. Meine dritte Reaktion ist: Na, immerhin eine Konkurrentin weniger.
    Falls das noch nicht reicht: Die Feuchtigkeitscreme, die ich benutze, ist

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