Freddie 03 - Wann heiraten wir Freddie
er rasch seine eigene Person. »Mein Liebes «, sagte er und nahm sie in die Arme. »Kein Grund, so schrecklich verzagt zu sein. Herzkranzverstopfungen können sehr unangenehm sein, aber bei Männern im Alter deines Vaters sind sie nichts Außergewöhnliches. Vorausgesetzt, er verhält sich eine Zeitlang vorsichtig, wird er schon darüber hinwegkommen. Er ist sehr kräftig.«
Freddie versuchte tapfer, nicht loszuheulen. Tränen waren immer schon ihr schwacher Punkt gewesen, und sie hatte immer wieder konsequent dagegen angekämpft. »Es ist ja nicht nur das«, sagte sie. »Vater tut mir schrecklich leid. Schauderhafter Gedanke, ihn da oben so gefährlich krank zu wissen, und keiner da, der ihn richtig pflegen könnte, aber — aber es geht um uns, Jonathan.«
»Ich weiß«, sagte er und hielt sie fest an sich gepreßt, »es geht wieder einmal um uns... O Freddie, wie um alle Welt ist es nur möglich, daß du soviel Pflichtgefühl mitbekommen hast?«
»Das weiß ich auch nicht«, antwortete sie ein bißchen selbstgefällig, »denn Vater und Mutter besitzen davon nicht das geringste, weder im Hinblick auf uns noch auf sonst jemanden. Ich muß wohl ein Kuckucksei gewesen sein.« Dann riß sie sich zusammen und sagte mit ihrer gewohnten Aufrichtigkeit: »Aber ganz so ist es doch nicht. Es war nur Zufall. Ich meine, ehe ich nicht richtig mit der Krankenpflege angefangen hatte, hast du mich nicht gefragt, ob ich dich heiraten wollte, stimmt’s?«
»Reib mir das jetzt nicht hin. Dafür hab’ ich mich selbst oft genug während der letzten drei Jahre zum Teufel gewünscht.«
»Oh, aber ich begreife das sehr gut. Ich war so jung und ein solches Kamel, und du dachtest, ich würde vielleicht niemals erwachsen werden, genau wie Mutter. Ich bin ja auch jetzt noch blöd genug, aber doch nicht mehr ganz so blöd. Für einen Arzt ist es doch nur ganz natürlich, wenn er so eine wie mich nicht heiraten wollte, und darum hast du eben gewartet. Und als du mich dann schließlich doch gefragt hast, hatte ich schon fest versprochen, im Krankenhaus anzufangen.«
»Immerhin hättest du ja nicht drei Jahre dabei zu bleiben brauchen. Viele junge Krankenschwestern tun das nicht.«
»Ich weiß schon, aber sie waren so schrecklich knapp an Pflegerinnen, und die Oberin lag uns dauernd in den Ohren, sie wären gezwungen, Krankenabteilungen zu schließen und die Kranken wieder wegzuschicken. Sie erweckte in uns das Gefühl, so etwas Ähnliches wie Missionarinnen zu sein, und einmal, als ich ihr sagte, ich ginge gern weg, um zu heiraten, hielt sie mir vor: >Schwester, haben Sie je daran gedacht, daß vielleicht Menschenleben auf dem Spiel stehen, wenn wir wieder eine Abteilung schließen müssen?< Wie hätte ich danach noch weggehen können? Praktisch wäre ich ja dann zur Mörderin geworden!«
»Zum Teufel mit dieser Frau... O ja, natürlich hatte sie recht, und ich bin ein egoistisches Scheusal. Nimm dir das jetzt nicht zu Herzen. Das gegenwärtige Problem quält mich. Freddie, laß uns versuchen, eine Pflegerin für deinen Vater zu finden, gerade so lange, bis er mit dem Krankenwagen in eine gute Privatklinik transportiert werden kann. Geh nicht fort von mir, dorthin, verschieb unsere Hochzeit nicht noch einmal.«
»Aber wir werden doch nie eine Pflegerin finden, die bereit wäre, vierzig Meilen von der nächsten Zugstation in den Busch zu pilgern, um einen Mann wie Vater zu pflegen, zu kochen und sich um alles und jedes zu kümmern. Und auch wenn wir eine fänden, würde es ihm höchst zuwider sein. Du weißt doch, wie er ist — er würde sich freundlich und charmant geben nach außen hin, aber innerlich würde er sich hundsmiserabel elend fühlen, und das würde seinen Zustand nur verschlimmern, und dann würde Angela verrückt vor Sorge... Ach, Jonathan, kannst du denn nicht verstehen, daß es nicht nur um Vater geht. Es geht auch um Angela, und wir müssen vor allem an sie denken. Sie darf dieses Baby einfach nicht wieder wie das letzte verlieren, und wenn sonst niemand richtig für Vater sorgen kann, wird sie eben gehen und über diese gräßliche holprige Straße fahren und sich zu Tode schuften und alles damit verderben. Kannst du das wirklich nicht begreifen?«
»Doch, ich begreife sehr wohl«, mußte Jonathan widerwillig zugeben. »Ich begreife sehr wohl, daß Angela beschützt werden muß.« In Gedanken aber fügte er sehr unlogisch hinzu: »Warum zum Teufel sie allerdings auch ausgerechnet jetzt schwanger werden mußte...«
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