Freddie Mercury : Ein intimer Einblick von dem Mann, der ihn am besten kannte. (German Edition)
meist in der Garderobe und trank eine Tasse Earl Grey mit Milch und zwei Stückchen Zucker oder heißer Zitrone und Honig, je nachdem, wie er den Zustand seiner Kehle einschätzte.
Sobald wieder sämtliche Bandmitglieder in der Garderobe waren, begannen sie, diese mit der letzten zu vergleichen, was wohl völlig nahe liegend ist. Sie kommentierten, was daran besser war und was schlechter: „Hier gibt es mehr Sitzgelegenheiten als in der letzten …“; „Der Raum hier ist viel größer …“; „Dieses Klo ist echt widerlich!“
Eine Stunde vor der Show begannen sie dann für gewöhnlich, sich fertig zu machen. Immerhin waren sie zu viert, und so dauerte auch eine kurze Fünf-Minuten-Runde am Schminktisch gute zwanzig Minuten. Freddie fing immer mit dem Make-up an. Er zog seine Sachen aus und trug den Eyeliner mit nacktem Oberkörper auf. Jeder von ihnen hatte seinen eigenen Bademantel. Freddie trug seinen oft beim Make-up, außer im Raum herrschten wirklich tropische Temperaturen. Während die Übrigen sich im Allgemeinen selbstständig ankleideten — nach Gutdünken Krawatten oder Schnürsenkel aussuchten —, brauchte Freddie Hilfe. Zwei Dinge nahmen immer einige Zeit in Anspruch: Ihm die Boxerschuhe anzuziehen und sie zuzuschnüren sowie ihm das Oberteil, das er tragen würde, über den Kopf zu ziehen, ohne das Make-up zu ruinieren. Dann hatte er auch schon den Fön in der Hand und sorgte dafür, dass jedes einzelne Haar am richtigen Fleck saß. Paul Prenter, Jim Beach und die Partner und Ehefrauen der Bandmitglieder durften die Garderobe zwar betreten, wenn es jedoch an den letzten Schliff ging, verschwanden die meisten von ihnen schon mal auf ihre Sitzplätze, um der Band einen kurzen und wichtigen Moment zu gönnen, damit sie sich auf den Auftritt vorbereiten konnte.
Die Stunde vor dem Auftritt brachte die Band damit zu, ganz nüchtern darüber zu diskutieren, was beim letzten Konzert eventuell schief gegangen war oder welche Stellen sie alle oder auch nur einer von ihnen für verbesserungsfähig hielten. Die Diskussionen nach dem Auftritt waren natürlich das genaue Gegenteil: Sie waren ein Anlass zu Geschrei und wüstem Fluchen, zu heftigen Attacken im Eifer des Gefechts. Vor der Show mochten sie eventuell noch etwas am Ablauf ändern, und eine halbe Stunde vor Beginn kam die Roadcrew — Ratty, Crystal und Jobby — in der Garderobe vorbei, um in Erfahrung zu bringen, ob es solche Änderungen gab. Die Band unterhielt sich noch einmal mit den Soundleuten — Trip Khalaf, Jim Devenney —, um irgendwelche Anweisungen in letzter Minute durchzugeben, wie zum Beispiel, das Schlagzeug lauter oder die Stimme auf den Monitorboxen leiser zu machen. Für Trip lautete die Anweisung immer nur: „Mach es lauter!“ Ich kann mich nicht erinnern, dass Queen jemals bei irgendeinem ihrer Auftritte mit der Lautstärke zufrieden waren. Sie wollten es immer nur lauter, lauter, lauter …
Der Tourmanager Gerry Stickells, der für die Show als Ganzes verantwortlich war und immer wieder in der Garderobe auftauchte, holte die Band dann schließlich ab und führte sie auf die Bühne, umgeben von ihren Security-Leuten. Das Security-Personal des Veranstaltungsortes war für die Bewachung der leeren Garderobe zuständig, deren Tür unverschlossen blieb für den Fall, dass Freddie von der Bühne stürmen würde und die Person mit dem Schlüssel gerade unauffindbar war.
Das wäre mit Sicherheit kein Spaß gewesen.
Im Hintergrund der Bühne wurden wir alle ins „Puppen“-Haus geführt. Das war ein kleiner Raum, der aus einem Gerüst und schwarzem Stoff bestand und immer — außer zweimal — an der gleichen Stelle rechts am hinteren Rand der Bühne aufgebaut wurde. Dieser Erholungsbereich wurde von sämtlichen Bandmitgliedern im Laufe der Show in Anspruch genommen, denn dort gab es unter anderem Getränke — alles von heißer Zitrone mit Honig über Bier bis hin zu Wodka Tonic. Es war ein Platz, wohin die Band sich zurückziehen konnte, wenn Brian seine Gitarrensolos spielte oder das Tonband mit
Bohemian Rhapsody
lief. Ich hatte dort auch Kleidung zum Wechseln für sie, falls sie es für nötig hielten. Hier war es auch — vor allem bei der ersten Tour —, wo ich mit Kamm und Fön bereitstand, um Freddie seinen makellos frisierten Look für den letzten Teil der Show zu verpassen, nachdem er sich sein durchnässtes T-Shirt von Leib gerissen hatte sowie sämtliche anderen Teile seines Kostüms, die
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