Freiheit für Cyador
Alafraan, warten jedoch auf Eure Anweisungen, verehrter Ser.
Die Nachricht ist unterzeichnet und gesiegelt von einem gewissen Dustyn, Kommis für Spirituosen und Getränke, und als Zusatz steht Folgendes unter dem Siegel: Hinter dem Hauptplatz, Jakaafra.
Obwohl Lorn keinen Zweifel daran hat, dass Ryalth die Weine geschickt hat, um ihm den Dienst zu versüßen, fragt er sich doch, was wohl noch mit der Warensendung gekommen ist … vielleicht eine Schriftrolle, die noch niemand gelesen hat.
XII
D er warme, dampfende Frühlingsregen umhüllt den Palast des Lichts; im privaten Arbeitszimmer des Kaisers und seiner Gemahlin steht Toziel am großen Fenster und blickt auf den Hafen hinunter, den er durch den dicken Nebel kaum erkennen kann.
Er dreht sich um, betritt jedoch nicht den analerianischen Wollteppich, der mit seinen gedämpften Grüntönen und den goldenen geometrischen Mustern schon seit der Zeit des Kaisers Alyiakal das Arbeitszimmer schmückt. »Ich mache mir Sorgen. Ich sollte mich von so einer Kleinigkeit nicht beunruhigen lassen und doch tue ich es. Du hast vielleicht bemerkt, dass ich nicht so gut schlafe wie sonst.«
»Ja, das habe ich.« Kaiserin Ryenyel lächelt wissend und liebevoll. »Um welche Kleinigkeit handelt es sich denn?«, fragt sie nach ein paar Sekunden und sieht auf von dem Schwarzeichentisch, an dem sie sitzt – dem einzigen Möbelstück im ganzen Palast des Lichts, das aus dunkler Eiche gefertigt ist.
»Der Mord an dem Händler.« Ein karges und freudloses Lächeln erscheint auf den Lippen des Kaisers.
»Das ist in der Tat eine Nichtigkeit … Aber … wenn du dir so viele Gedanken darüber machst, könnte es der erste Trieb einer giftigen Pflanze sein. Erzähl mir davon.« Sie lächelt warm und herzlich. »Wenn du willst.«
»Ich habe keine Geheimnisse vor dir, meine Liebe.«
»Das darfst du auch nicht; nicht, wenn ich dir helfen soll.«
»Du … du warst mir immer eine große Hilfe, ohne dich … Aber das wissen wir beide …« Er zuckt die Schultern und wendet sich wieder dem Nebel zu.
»Genug der Schmeicheleien, so gern ich sie auch hören mag.«
Toziel räuspert sich. »Bluoyal’mer hat vor einigen Achttagen meine Aufmerksamkeit auf diese Angelegenheit gelenkt, er hat sie jedoch nur einmal erwähnt. Ich habe diesen Vorfall von Anfang an nicht auf die leichte Schulter genommen. Der Haupterbe des Yuryan-Händlerklans wurde vor fast einer Jahreszeit ermordet. Er starb durch einen Säbel, der mit Chaos getränkt war, ein Lanzenkämpfersäbel, so behaupten die Magi’i. Am Tag nach dem Mord holte jemand einen eisernen brystanischen Säbel bei einem Cupritschmied ab, welcher den Säbel mit Cupridium beschichtet hatte. Der Händler zeigte eine gestohlene Dyjani-Plakette als Vollmacht vor und bezahlte zehn Goldstücke für die Arbeit. Der Cupritschmied und sein Geselle wurden von mehreren Magi’i auf die Wahrheit hin überprüft; beim Wahrlesen wurde ihre Geschichte bestätigt. Der Meister und sein Geselle schwören beide, dass die Klinge sich in ihrem Besitz befand und noch nicht fertig war, als der Mord begangen wurde. Der Geselle schwört Stein und Bein, dass der Buchhalter, der die Klinge abholte, bestimmt keine Ahnung von Waffen hatte.« Toziel fährt herum und blickt seine Gemahlin an.
»Wer wird nun erben?«, fragt Ryenyel.
»Veljan – ein geeigneterer Mann, wie man hört. Aber …«
»Was, aber?«
»Seine Gemahlin ist die Tochter von Liataphi, dem Dritten Magier der Magi’i. Liataphi hat keine Söhne und Erben. Dieser Veljan ist ehrlich und aufrichtig. Zu ehrlich und aufrichtig, wie ich meine.«
»Das wäre zu offensichtlich«, bemerkt Ryenyel. »Liataphi ist zu intelligent und zu schlau, um dergleichen zu tun. Er würde erkennen, dass solch eine Tat Licht auf ihn werfen würde wie zwanzig Lampen.«
»Aber … wer könnte wollen, dass es den Anschein hat? Und warum?«
»Wer sonst könnte daraus einen Nutzen ziehen, vielleicht einen weniger offensichtlichen Nutzen?« Ryenyel steckt die Feder mit der Cupridiumspitze zurück in den Halter auf der linken Seite des Schreibtischs.
»Rynst’alt mit Sicherheit.«
Ryenyel schüttelt den Kopf.
»Oh … Luss’alt vielleicht?«
»Luss’alt könnte daran interessiert sein, aber er ist nicht im Stande, sich solch einen Plan auszudenken. Ich würde sagen, dass Kharl’elth derjenige ist, dem es am meisten nützt.«
Toziel nickt. »Wenn man es so sieht …«
»Was denkt die Hand?«
»Er hat nur wenig
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