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Fremde

Fremde

Titel: Fremde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gardner R. Dozois
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geschehen, aber wenn es einmal geschehen ist, dann überrascht es mich nicht, daß Liraun als einzige Frau in ganz Shasine dazu fähig ist. Welche Gründe dafür verantwortlich sind, Farber, das wollte ich Ihnen begreiflich machen.«
    »Was ist mit meinem Heiratsantrag?« fragte Farber mit gepreßter Stimme.
    »Das kann natürlich nicht geschehen. Es wäre unerlaubt.«
    »Warum?«
    »Weil Ihre Rasse und die meine sich miteinander nicht fruchtbar paaren lassen, Farber!« erwiderte Jacawen, und zum ersten Mal klang so etwas wie Leidenschaft durch seine Stimme. »Können Sie das nicht begreifen? Eine Heirat zwischen Ihnen und Liraun wäre unfruchtbar. Eine Heirat, aus der keine Kinder hervorgehen, wäre in den Augen der Nachtmenschen eine Schändlichkeit. Es ist eine Beleidigung aller Harmonie. Auf Weinunnach hat es so etwas noch nie gegeben! Und wird es auch niemals geben!« Seine ganze innere Härte flammte auf; die ständige, ruhige Flamme schwoll und flackerte hinter seinen Augen. Dann sank sie langsam wieder zurück, ließ ihn leicht erzittern, während sie verlosch. »Nein, tut mir leid, Farber«, wiederholte er, »es kann nicht sein. Ich rede nun offen zu Ihnen, Farber, wenn ich mich vielleicht auch damit entehre. Selbst wenn die Heirat nicht unmöglich wäre, wäre ich doch dagegen. Ich würde es nicht schätzen, könnte aber aus Achtung Ihrer Sitten nicht Ihrer freien Entscheidung entgegenstehen. Wie immer es auch sein mag, ich habe es nicht nötig: Ganz Weinunnach steht Ihnen im Weg und hindert Sie. Es ist ungesetzlich. Und ich kann nicht sagen, daß mir das leid tut.«
    So ist das also, dachte Farber und spürte lediglich eine Welle der Erleichterung. Aber gerade, als sie ihn überspülte, ließ ihn irgendein ferner Teil von ihm, den er nicht verstand, sagen: »Sind Sie sicher, daß es keinen Weg gibt? Sind Sie sicher? Überhaupt keinen Weg?« In einem Tonfall mutwilliger, drängender Verzweiflung kamen die Worte heraus.
    Jacawen starrte ihn an, und ein neuer Zug erschien auf seinem Gesicht: Verstimmung, Ärger, Boshaftigkeit, Zögern, Bedauern – vielleicht von jedem etwas. Er sagte: »Es gibt einen Weg, Farber. Wenn Sie es wünschen, könnten Ihnen unsere Schneider Ihren Genotyp so einstellen, daß er dem unseren gleicht. Dann könnten Sie heiraten, Farber. Mit dieser Änderung würden Sie nicht im eigentlichen Sinn zum Cian, aber sie würde Ihr Erbmaterial beeinflussen und Anzahl und Beschaffenheit Ihrer Chromosomen ändern. Es hat auf sie selbst kaum Wirkung, wohl aber bei Ihren Nachkommen. Es würde Ihren Samen verändern, Farber, es würde Ihren Samen verändern. Verstehen Sie? Sie und Liraun wären dann nicht unfruchtbar. Wenn Sie sie schwängerten, wären Ihre Kinder reinblütige Cian ohne eine Spur terranischen Blutes.« Er lächelte Farber schneidend an; die Boshaftigkeit war jetzt kaum noch verhüllt. »Nun, Farber, wollen Sie, daß ich Ihnen einen Termin bei den Schneidern verschaffe? Ich versichere Ihnen, es ist der einzig mögliche Weg, Liraun zu heiraten, dessen bin ich absolut sicher, Farber! Nun?«
    Farber errötete vor Scham und verwirrtem Zorn. In einem Versuch, sein Gesicht zu bewahren, ließ er seine Stimme sagen: »Ja.«
    »Sie möchten also gern zu den Schneidern?«
    Gleichmütig: »Ja.«
    »Ausgezeichnet!« meinte Jacawen. Seine Hand durchbrach einen Lichtstrahl. Ein Kontrollpult, ein kompaktes Jejun-Produkt, glitt aus dem Boden. Jacawen studierte eine Schalttafel, drehte einen Knopf, schlug auf drei Schalter und sagte etwas in einem Dialekt, zu rasch, um von Farber verstanden zu werden. Das Pult glitt zurück in den Boden. Jacawen blickte Farber an. »Nun«, sagte er, »Sie haben einen Termin in der Halle der Schneider, hier in der Altstadt, morgen um 11 Uhr 15 Ihrer Zeit. Ich wünsche Ihnen viel Glück.« Und Jacawen lächelte mit wohlberechneter Güte, mit offener Verachtung, verspottete Farber, ergoß seinen Zorn über ihn – einen Zorn, der um so vieles zerstörerischer war als der Mordanas, weil er weniger reflexhaft kam und soviel mehr aus konkretem Anlaß. Farber hatte versucht zu bluffen, und man hatte ihn erwischt. Man hatte ihm das Spiel verdorben. Jacawen wußte, daß Farber niemals zu diesem Termin gehen würde, daß der Preis zu hoch war, daß Farber niemals hatte dorthin gehen wollen. Farber hatte versucht, es durchzustehen, und hatte dabei gehörig das Gesicht verloren. Jacawen wußte, daß Farber nicht den Mut hatte, das durchzustehen.
    Er hatte recht. Auch Farber

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