Fremde Gäste
versetzt hatten.
Der Gipfel war ihre Verlobung mit dem jungen Arzt, der sicherlich unter ihren
Pantoffel geraten wäre, wenn er in unserer Gegend geblieben wäre. Ich gedachte
all dieser aufregenden Fälle und begegnete kurz Peters Blick; schnell sahen wir
beide in eine andere Richtung. Aber es beruhigte mich doch, denn es bewies, daß
auch Peter sich all der Krisen erinnerte und daß er
Tonys leichtherziges Geständnis ihrer »Seitensprünge« anerkannte. Wir konnten
beide lächeln, obwohl es Zeiten gegeben hatte, wo das nicht so leicht war.
Peter würde der richtige Mann für unsere stürmische kleine Tony sein. Er würde zuhören und lächeln, zuweilen ein wenig schelten, aber er
würde sie immer verstehen und lieben.
»Ich sollte wohl an Mr. Smale schreiben, Susan«, meinte er jetzt. »Muß ich auch
Mrs. Maclean um ihr Einverständnis bitten ?«
Ich überlegte. Wie gesagt,
Tonys Mutter, eine Schwester von Paul, hatte wieder geheiratet, einen bekannten
Professor; sie verkehrte in ausgesprochen intellektuellen Kreisen und zeigte
wenig Interesse oder Sympathie für ihre Tochter. Die beiden waren freilich sehr
verschieden, was ihre Anlage und ihren Umgang betraf. Das war aber nicht allein
Claudias Schuld. Bei den seltenen Besuchen ihrer Mutter hatte sich Tony sehr
übel benommen. Bei einem Zusammensein von Mutter und Tochter schienen
Reibereien unvermeidlich. Wenn Claudia von der Verlobung Tonys erfuhr, würde
ihre erste Reaktion Erleichterung sein, das schwierige Kind nun endlich
loszuwerden. Sogleich würde die Enttäuschung folgen über die
Phantasielosigkeit, einen neuseeländischen Schafzüchter zu heiraten. Aber
schließlich war sie eben doch die Mutter; deshalb sagte ich: »Ja, Peter, ich
finde, du solltest ihnen beiden schreiben. Natürlich, Tony ist zwanzig Jahre;
genaugenommen brauchst du also nicht ihre Einwilligung. Außerdem haben Paul und
Claudia einen Vertrag gemacht, als Tony zu uns kam. Danach ist Paul Tonys
Vormund .«
Tony meinte, sie wolle Peter
nicht bei seinen Briefen helfen. Er solle sich nur allein damit plagen.
»Mit geschiedenen Ehepaaren ist
es wohl immer schwierig«, sagte ich, »aber mach dir keine Sorgen, Peter! Ich
werde dir beistehen; die Briefe müssen ja nicht so lang sein .« Und als ein rechter Farmer meinte Peter, er würde es schon schaffen.
Es wurde dann ein recht
vergnügter Abend. Als Paul heimkam, lief Tony ihm entgegen und wollte ihm
unbedingt einen Kuß geben — doch wie immer zeigte er sich völlig abgeneigt.
»Liebster Paul«, sagte sie, »du bist kein so scharfer Beobachter wie Susan. Du
bist sicher überrascht, daß Peter und ich heiraten wollen .«
»Überrascht ?« rief mein Gemahl mit einem bedauerlichen Mangel an Diplomatie. »Sei doch nicht
albern, Mädchen! Darauf haben wir schon gewartet, seit... na, seit...« Ich
unterbrach ihn schleunigst, denn dieser schreckliche Mensch würde gleich sagen:
»Seit dieser dämlichen Geschichte mit dem Arzt !«
»Seit du dich so sehr für
Peters Pferde interessierst«, sagte ich rasch und krampfhaft lustig. »Na, Paul,
ist das nicht gut ?«
Man hätte meinen sollen, daß es
darauf nur eine einzige Antwort geben konnte, aber Paul fand eine andere:
»Allgemein riesige Erleichterung !« sagte er. Darauf
konnte man am besten nur lachen, und zu meiner Freude stimmte Tony ein.
Dann erinnerte sich Paul, was
sich in einem solchen Fall schickt. Er drückte Peter die Hand mit der
Bemerkung, er hoffe zu Gott, daß er auf die kleine Hexe aufpassen und sie vor
Unheil bewahren könne. Eine solche Bemerkung war zu erwarten von einem
liebevollen, aber etwas besorgten Vater. Was Tony betraf, war Paul das wohl.
Peters Überlegungen mußten in
die gleiche Richtung gehen, denn er sagte nachdenklich: »In Wahrheit sehe ich
in euch beiden immer die nächsten Angehörigen von Tony. Deshalb kommt es mir
komisch vor, daß ich an ihre Eltern schreiben soll .«
»Paul und Susan sind auch meine
liebsten Verwandten«, meinte Tony schnell. »Du mußt nicht glauben, daß ich
Daddy nicht liebhabe. Er ist so lustig, und wenn wir zusammen verreisen, ist’s
einfach himmlisch. Aber er ist mir eher wie ein Bruder, mit dem man spielen und
lachen kann. Er fühlt sich nicht eigentlich wie ein Vater .«
Sie überdachte diese immerhin
etwas betrübliche Bemerkung und fügte hinzu: »Allerdings ist er eigentlich
weder wie ein richtiger Vater noch wie ein älterer Bruder. Daddy kann manchmal
direkt Dummheiten machen, und dann muß ich ihm aus der Patsche
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