0169 - Flucht vor dem Teufel
»Xahat«, murmelte die Stimme des Hochgewachsenen. Langsam drehte sich das Wesen um. Seine ganze äußere Erscheinung deutete auf einen Menschen hin, aber dort, wo sich der Kopf befinden sollte, befand sich ein -Totenschädel. In den leeren Augenhöhlen glomm ein düsteres Feuer, ein Feuer, nicht heiß und doch verbrennend.
Der Schreckliche hatte einen Namen.
Es war Asmodis, der Fürst der Finsternis.
»Xahat«, sagte Asmodis, und jetzt brandete der Klang seiner mächtigen Stimme durch die Grotte, brachte Unruhe unter die hier versammelten Dämonen.
»Xahat, wir rufen dich. Du, dem die Ehre des Jahrtausendereignisses gebührt, melde dich!«
Wieder breitete sich Stille aus. Diesmal jedoch war sie nicht von der Dauer, wie die frohe Erwartung, die die Geschöpfe der Finsternis bis dahin eingehüllt hatte.
Ein schrecklicher Schrei hallte durch die Kavernen und Nischen, ein Schrei voller Pein und Qual. Asmodis erstarrte. Seine Augenhöhlen strahlten heller.
Und dann brach der Schrei ab. Er verhallte, und auch das Echo, das die Felsen zurückwarfen, war bald verweht.
Dämonisches Entsetzen breitete sich aus, eine Stille der Überraschung, eine Stille des Nichtglaubens. Asmodis hatte noch immer seine Arme erhoben, aber seine Haltung drückte aus, daß auch er die Fassung verloren hatte.
Xahat existierte nicht mehr, eine andere Erklärung konnte es nicht geben.
Und das war schier unglaublich. Xahat, die Dämonen-Brut, die in dem Jahrtausendereignis durch Xadina und Mahat gezeugt worden war. Xahat, geboren in der Ersten Kammer des Dunklen Pentagramms, einer der mächtigsten Dämonen.
Ein Aufschrei des Entsetzens jagte durch die Grotte, wurde von den Felsen zurückgeworfen, schien sich mehrfach zu verstärken. Die Vampire tobten, die Ghouls sprangen auf, die Werwölfe bleckten ihre Zähne, suchten nach einem Gegner. Die Gnome brüllten und spien Wolken dichten Schwefels. Asmodis murmelte ein Wort in der Alten Sprache, und von den Fingerspitzen seiner Hände lösten sich gleißende Blitze, die emporjagten und ihren bizarren Schein durch die Grotte schickten.
»Xahat existiert nicht mehr«, wiederholte er laut, was alle Geschöpfe der Finsternis bereits wußten. Die Ruhe kehrte zurück. Aber jetzt war es eine Ruhe des Entsetzens. »Er ist vernichtet worden. Von einem Menschen namens Zamorra.«
Wieder brüllten die Dämonen.
»Von einem Weißen Magier, einem Geisterjäger«, antworteten die vielstimmigen Schreie.
»Zamorra ist sein Name. Dieser Mensch hat das Jahrtausendereignis entweiht. Zamorra. Verflucht sei sein Name, verflucht sein Leben in der anderen Welt!«
Der Aufruhr unter den Wesen der Nacht wurde immer intensiver. Ein Werwolf hatte seine Fangzähne in die Hüfte eines Vampirs geschlagen, der seinerseits versuchte, seine Eckzähne an den Hals des Ungeheuers zu bringen. Asmodis senkte seinen rechten Arm, murmelte erneut die Alten Laute. Eine nicht sichtbare Kraft trennte die beiden Dämonischen voneinander, schleuderte sie auseinander.
Das Sakrileg war unvorstellbar. Ein Mensch hatte es gewagt, das Jahrtausendereignis, die Geburt eines neuen, mächtigen Dämonen, zu entweihen. Und es war diesem Menschen gelungen, die Dämonen-Brut zu vernichten.
Rache! dachte Asmodis.
»Vergeltung!« brüllten die Dämonen.
»Zamorra ist dein Name, Elender!« rief der Fürst der Finsternis. »Zamorra, du hast ein Sakrileg begangen, das wir nicht ungesühnt lassen werden. Hüte dich, Zamorra, hüte dich vor der vereinten Macht der Dämonen. Wir alle werden uns zusammenschließen. Wir werden unsere Zwistigkeiten untereinander vergessen, so, wie wir es schon bei der Dämonen-Hochzeit gehalten haben. Die Welt der Nacht wird sich vereinen, zu dem einzigen Ziel, dich zu vernichten, Magier. Dich, der du es gewagt hast, das Heilige zu entweihen, indem du die Dämonen-Brut getötet hast.«
Asmodis legte beide Hände aneinander.
»So hört nun, Geschöpfe der Finsternis. Schließt euch zusammen, solange, bis der Schwarze Schwur erfüllt ist. Sucht ihn, dessen Name Zamorra ist. Sucht, findet und vernichtet ihn, auf daß die Entweihung des Jahrtausendereignisses gesühnt ist. Verdammt seine Seele. Für immer soll sie durch die Ewige Nacht ziehen, ruhelos, verdammt für alle Zeiten.«
Laute der Entschlossenheit zogen durch die Grotte, und dann kam Bewegung in die Reihen der versammelten Dämonen. Sie sprangen auf, schwebten davon, machten sich auf die Suche.
Asmodis lachte böse und ließ seine Hände wieder
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