Fremde Schiffe
Larissa stehen und verneigte sich tief, aber mit einer Anmut und Leichtigkeit, die ahnen ließ, dass es sich um eine höfliche und nicht um eine unterwürfige Geste handelte.
»Ihre Sprache ist eigenartig«, erklärte Pendu, »aber sie ähnelt einem südlichen Dialekt.«
Der Anführer sprach ein paar Worte, die tatsächlich ein wenig an die Sprache erinnerten, die in Chiwa und Gran gesprochen wurde. Sehr langsam und deutlich antwortete Larissa auf Chiwanisch.
»Sprich bitte langsamer.«
Erstaunt sah er sie an. »Ich wünsche dir ein langes Leben, Herrscherin. Ich habe nicht erwartet, dass du mich verstehst.« Sein Akzent war schwer zu verstehen.
»Sprich mich mit Majestät an. Ihr habt sicher eine weite Reise hinter euch.«
»So ist es. Du bist die Königin dieser Insel?«
»Die Königin aller Inseln und die Königin des Festlands. Allerdings gibt es dort ein paar Rebellen, die das Gegenteil behaupten.«
Sein flüchtiger Blick über die schlichten Hütten des Dorfes sprach Bände. Sie hatte nichts anderes erwartet. Larissa wusste, welch großen Wert die Menschen vom Festland auf eindrucksvolle Gebäude legten. Sie würde ihm beibringen, was wirklich zählte. Er drehte sich um und sprach zu seinen Gefährten, redete aber so schnell, dass sie ihn nicht verstand. Die Leute aus dem Süden neigten dazu, hastig und undeutlich zu sprechen. Nur bei förmlichen Reden machten sie deutliche Pausen zwischen einzelnen Worten. Anscheinend war es bei diesen Fremden genauso.
Langsam knieten die fünf anderen Edelleute nieder. Der Anführer und die Bewaffneten blieben stehen. Bei den Wachen war das verständlich. Niemand erwartete, dass eine Leibwache ihre Pflicht vernachlässigte. Aber dass der Anführer ihr die gebührende Ehrenbezeugung verweigerte, bedurfte einer Erklärung. Ein unmutiges Raunen erhob sich unter ihren Kriegern, aber sie winkte ab. Der Mann musste wissen, dass er mit seinem Leben spielte, aber er zeigte keine Angst. Das gefiel ihr.
»Ich bin Großadmiral Graf Sachu und ich überbringe dir die Grüße Ihrer Majestät Isel von Altiplan.«
»Kannst du dich durch ein Beglaubigungsschreiben deiner Königin ausweisen?«, fragte sie kühl.
Er war verblüfft. Offensichtlich hatte er eine solche Aufforderung von einer Barbarin nicht erwartet. Er drehte sich um und einer seiner Begleiter öffnete ein verziertes Kästchen. Sachu zog ein mit kunstvollen Elfenbeinintarsien versehenes Buch mit hölzernem Einband hervor und reichte es Larissa.
Sie nahm es entgegen und betrachtete es aufmerksam. Die Seiten bestanden aus feinstem Pergament und wurden von silbernen und goldenen Klammern zusammengehalten. Sie waren mit farbiger Tinte dicht beschrieben, doch sie vermochte nur vereinzelte Worte zu entziffern. Dem Anschein nach hatte die Königin Admiral Sachu das Kommando über eine Flotte erteilt, die auf Handels- und Forschungsreise auszog. Den Abschluss bildete ein kleines goldenes Siegel, das erneut den Kopf des gehörnten Tieres zeigte. Genau über dem Siegel befand sich eine schwungvolle Unterschrift.
»Das Schriftstück ist kunstvoller gestaltet als jedes, das ich bisher sah«, sagte Larissa, »aber der Schriftzug der Königin ist deutlich zu lesen.« Sachu wirkte völlig gelassen, aber die hinter ihm stehenden Männer hatten Angst. Das Ganze entwickelte sich nicht so, wie Larissa gehofft hatte. Sie beschloss, sich ein wenig freundlicher zu geben und schenkte ihnen ihr strahlendstes Lächeln. Dann klopfte sie auf ein neben ihr liegendes Kissen. »Bitte setz dich, Graf Sachu. Ihr anderen Herren dürft euch auf der Veranda zu uns gesellen. Meine Diener werden euch Sitzkissen bringen. Pendu, schaffe Platz für die Wache, damit sie es bequemer hat. Lass ihnen Speisen und Getränke bringen.«
Der Krieger bedeutete den Männern, ihm zu folgen, aber sie beachteten ihn nicht und sahen den Admiral unverwandt an. Sachu sprach zu ihnen, dann schulterten sie die Waffen und folgten Pendu.
»Du bist sehr gastfreundlich, Majestät«, erklärte Sachu und ließ sich auf das Kissen sinken.
»Ich bin Königin Larissa. Mein Gemahl, König Gasam, ist zurzeit nicht hier, da er Gebiete im Landesinneren besucht. Ich habe alle Vollmachten, in seinem Namen zu handeln. Uns war schon immer daran gelegen, gute Beziehungen zu unseren königlichen Brüdern und Schwestern zu unterhalten.«
»Das ist auch der Wunsch meiner Königin.«
»Ich gebe zu, dass ich nie zuvor von deinem Land gehört habe. Eure Schiffe zeigen die Spuren einer langen
Weitere Kostenlose Bücher