Fremdes Licht
einer Priesterkriegerin
geschickt, die dein Bein gerichtet hat, und dann haben sie dich zu
ihrer obersten Kommandantin getragen. Die Belasir und Khalid und die
anderen Krihunde…«
»Sag nicht Krihunde«, sagte Karim scharf.
»…haben sich vor der Unterrichtshalle getroffen, und
Khalid bekam dich und die beiden Kerle ausgeliefert. Kelovar meint,
die Belasir hätte sterbenselend ausgesehen.«
»Klar, daß ihr sterbenselend war«, erwiderte
Karim. »Sie kann sich nicht mehr damit herausreden, daß
Delysia der Anstifter ist. Zwei Überfälle, seit die Geds
uns gewarnt haben, und jedesmal Jeliten!«
Die Wirkung des Kräutersaftes ließ nach, und in Ayrids
Bein tobte der Schmerz. Aber sie hatte es ja nicht anders gewollt.
»Wer… Was haben die Krihunde gemacht?«
»Den beiden Jeliten die Beine gebrochen«, sagte Karim
schnell, vermied es aber, ihr in die Augen zu sehen. »So wie sie
es mit dir gemacht haben.«
»Wer?« flüsterte sie.
Karim antwortete nicht sofort. »Kelovar«, sagte er
dann.
»Nicht…«
»Khalid? Nein«, sagte Ondur hitzig. »Nicht mal ein
Kommandant hat den Nerv, zwei gefesselten Männern die Knochen zu
brechen.«
Aber Kelovar. Ayrid sah sein Gesicht vor sich, nicht das
müde Gesicht des Soldaten, der ihr draußen vor R’Frow
das Los besorgt hatte, sondern das Gesicht, wie es im Laufe der Zeit
geworden war: verschlossen, verengt, wie ein Fluß, den
unverrückbare Felsen durch einen mörderischen Engpaß
zwängen. Dieser Kelovar würde nicht zögern, wehrlosen
Menschen die Knochen zu brechen.
Dahar hätte sich nicht dafür hergegeben. Hatte sich
nicht dafür hergeben müssen. Aber irgendwie trug er die
Verantwortung dafür. Was war los heute morgen? Was hast du
getan? Der Krihundspakt war seine Idee gewesen, nicht die
Idee von Belasir, der sterbenselend zumute war, als sie sich an das
Abkommen hatte halten müssen. Andererseits war er
zurückgekommen, um ihr, Ayrid, zu erklären, wie sie den
Pflanzensud zubereiten mußte, mit dem sie SaSas Not hätte
lindern können, wenn…
»Ayrid – was ist? Du siehst…«
»Werde ich hinken? Für immer?«
Ondur und Karim wechselten Blicke.
»Werde ich wieder gehen können?«
»Natürlich wirst du wieder gehen können«,
beruhigte Ondur sie, doch diesmal wollte Karim nicht hintanstehen und
beugte sich vor.
»Die Heilerin wollte sich nicht festlegen, Ayrid. Es
hängt davon ab, wie der Knochen zusammenwächst. Aber eins
will ich dir sagen, auch wenn ich fast daran ersticke, die
jelitischen Heiler sind besser als unsere – die haben Krieger
zusammengeflickt, die… Aber sie war jung, Ayrid, fast noch ein
Mädchen, sie könnte sich irren. Jedenfalls sollst du
stilliegen und das Bein nicht bewegen.«
»Ich bring dir dein Essen und helf dir auf den Topf«,
sagte Ondur rasch, »aber dann mußt du das
Daumenschloß mit mir teilen.«
»Wie sollen denn die beiden Daumen ins Türschloß
kommen, wenn sie sich nicht bewegen darf?« sagte Karim.
»Ayrid, du sagst ja gar nichts«, sagte Ondur. »Du
machst mir Angst. Weißt du, ich hatte mal einen Liebhaber, und
als er in der Schlacht verwundet wurde, und weil er nicht ein Leben
lang als Krüppel herumlaufen wollte, da hat er sich… Ayrid,
du spielst doch nicht mit dem Gedanken…?«
»Nein«, sagte Ayrid. »Keine Sorge, ich hab schon
genug Schmerzen.« Das war nicht immer so gewesen, dachte sie
verwundert. In der Savanne, da…
»Wir könnten einen besseren Heiler verlangen«,
sagte Ondur. »Schuld sind die Jeliten, also sollen sie
gefälligst einen älteren Kriegerpriester schicken, einen,
der mehr Erfahrung hat als dieses junge Ding.«
Karim schüttelte den Kopf.
Ondur, die Ayrid nur von ihrem Bein ablenken wollte, fuhr unbeirrt
fort: »Dieser stellvertretende Kommandant, dieser
Kriegerpriester, er ist kein Krieger mehr. Man hat ihn
verstoßen. Wußtest du das, Ayrid? Weißt du,
daß es schon dunkel wird, und daß du den ganzen Tag
über tief geschlafen hast? War er nicht sogar in deiner Klasse?
Dann mußt du ihn doch kennen. Er ist kein Krieger mehr. Sie
haben ihn einfach verstoßen.«
Ayrid sah Karim an. »Warum?«
Er zuckte die Achseln. »Weiß der Himmel. Wer versteht
schon die Jeliten. Dieses blutrünstige Gesindel!«
»Ayrid, du siehst so… hast du große
Schmerzen?«
»Ja. Trotzdem, ich glaube, ich könnte jetzt schlafen
– ich möchte gerne schlafen.«
Ondur stand auf. »Ich komm dann morgen früh vorbei. Und
notfalls hast du ja immer noch den Saft.«
»Laß dir das Zeug lieber aus
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