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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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müssen sich nicht gegenseitig verletzen, nur weil
sie sich lieben. Wir beide haben uns gegenseitig unglücklich gemacht, weil wir
uns dazu entschieden haben, nicht weil es irgendein unausweichliches Schicksal
war.«
    »Liv«,
sagte ich. »Ich muss dir was erzählen.«
    Ich harte
fast während der ganzen Rückfahrt versucht, mir eine möglichst undramatische
Version der Ereignisse zurechtzulegen. Jedoch ohne Erfolg. Ich ließ alles weg,
was ich konnte, und milderte das Übrige ab, aber als ich fertig war, starrte
Olivia mich trotzdem mit weitaufgerissenen Augen an und hatte die zitternden
Fingerspitzen an die Lippen gepresst. »Mein Gott«, sagte sie. »O mein Gott. Holly.«
    Ich sagte
mit aller Überzeugungskraft, die ich aufbieten konnte: »Sie wird es
verkraften.«
    »Sie war
ganz allein mit einem - Gott, Frank, wir müssen - was sollen wir —«
    Es war so
lange her, dass Liv sich mir anders gezeigt hatte als beherrscht und gelassen,
ohne einen Riss in ihrer Rüstung. So wie jetzt, schutzlos und zitternd und
verzweifelt nach einem Weg suchend, ihr Baby zu schützen, drang sie mir bis
ins Mark. Ich hütete mich, sie in die Arme zu nehmen, aber ich beugte mich vor
und schloss meine Finger um ihre. »Ruhig, Schatz. Ganz ruhig. Alles wird gut.«
    »Hat er
sie bedroht? Ihr Angst eingejagt?«
    »Nein,
Schatz. Sie war bedrückt und durcheinander, und ihr war unbehaglich zumute,
aber ich bin ganz sicher, dass sie nie das Gefühl hatte, irgendwie in Gefahr zu
sein. Und ich glaube auch nicht, dass sie das war. Auf seine eigene unglaublich
kaputte Art hängt er wirklich an ihr.«
    Livs
Gedanken eilten schon weit voraus. »Wie stark ist die Beweislage? Wird sie als
Zeugin aussagen müssen?«
    »Ich weiß
es nicht.« Wir kannten beide die zahllosen Fragezeichen: Würde die
Staatsanwaltschaft Anklage erheben? Würde Shay sich schuldig bekennen? Würde
der Richter Holly für fähig halten, die Ereignisse wahrheitsgemäß wiederzugeben?
»Aber wenn ich mich festlegen müsste, würde ich sagen, ja. Ich glaube, sie muss
aussagen.«
    Olivia
sagte wieder: »O Gott.«
    »Bis dahin
ist noch viel Zeit.«
    »Das tut
nichts zur Sache. Ich hab erlebt, was ein guter Anwalt mit Zeugen machen kann.
Ich hab es selbst gemacht. Ich will nicht, dass irgendwer das mit Holly macht.«
    Ich sagte
sanft: »Du weißt, dass wir nichts dagegen machen können. Wir müssen einfach
darauf hoffen, dass sie das gut übersteht. Sie ist ein starkes Kind. War sie
schon immer.« Eine nadelspitze Sekunde lang erinnerte ich mich daran, wie ich
an Frühlingsabenden in diesem Wintergarten gesessen hatte und in Olivias Bauch
etwas Stürmisches und Winziges hüpfen sah, das bereit war, es mit der Welt
aufzunehmen.
    »Ist sie,
ja, sie ist stark. Aber das spielt keine Rolle. Kein Kind dieser Welt ist stark
genug für so was.«
    »Holly
wird es schaffen, weil sie keine andere Wahl hat. Und Liv ... du weißt das
selbst, aber du darfst mit ihr nicht über den Fall reden.«
    Olivia
entriss mir förmlich ihre Hand und hob ruckartig den Kopf, bereit, ihr Junges
zu verteidigen. »Sie wird darüber sprechen müssen, Frank. Ich darf gar nicht
daran denken, wie das für sie gewesen sein muss, und ich werde nicht zulassen,
dass sie das alles in sich hineinfrisst -«
    »Richtig,
aber du kannst nicht die Person sein, mit der sie redet, und ich auch nicht.
Aus Sicht des Gerichts bist du immer noch Staatsanwältin und somit befangen.
Ein einziger Hinweis darauf, dass du sie beeinflusst hast, und der ganze Fall
geht den Bach runter.«
    »Der Fall
ist mir egal, verdammt nochmal. Mit wem soll sie denn sonst reden? Du weißt
ganz genau, dass sie nicht mit einer Therapeutin reden wird. Als wir uns
getrennt haben, hat sie bei der Frau kein einziges Wort gesagt. Ich werde nicht
zulassen, dass sie einen Knacks fürs Leben zurückbehält. Das lasse ich nicht zu.«
    Ihr
Optimismus, die Hoffnung, dass das nicht schon längst passiert war, fühlte sich
an wie eine Faust, die in meinen Brustkorb griff und zudrückte. »Nein«, sagte
ich. »Das weiß ich doch. Ich mach dir einen Vorschlag: Du ermunterst Holly, so
viel darüber zu reden, wie es ihr guttut. Aber sorg dafür, dass niemand sonst
davon erfährt. Mich eingeschlossen. Okay?«
    Olivias
Lippen wurden dünn, aber sie erwiderte nichts. Ich sagte: »Ich weiß, das ist
nicht ideal.«
    »Ich
dachte, dir läge so furchtbar viel daran, dass sie keine Geheimnisse hat.«
    »Stimmt.
Aber jetzt ist es ein bisschen spät, um das noch als oberste

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