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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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kann ich vielleicht trotzdem ein paar Minuten reinkommen? Nur auf einen
Kaffee, damit ich einen klaren Kopf kriege, ehe ich nach Hause fahre. Und wir
könnten kurz darüber reden, wie es Holly geht. Ich verspreche, ich bleib nicht
lange.«
    Offenbar
sah ich so aus, wie ich mich fühlte, oder zumindest fast so, wie ich mich
fühlte, so dass Livs Mitleidsreflex ansprang. Nach einem Moment nickte sie und
hielt mir die Tür auf.
    Sie führte
mich in den Wintergarten - in den Ecken der Fensterscheiben bildete sich schon
Frost, aber die Heizung lief, und der Raum war gemütlich warm - und ging dann
in die Küche, um den Kaffee zu machen. Das Licht war gedämpft. Ich nahm Shays
Baseballmütze ab und stopfte sie in meine Jackentasche. Sie roch nach Blut.
    Liv
brachte den Kaffee auf einem Tablett herein, in den guten Tassen und sogar mit
einem kleinen Sahnekännchen. Als sie sich in ihrem Sessel niederließ, sagte
sie: »Du siehst aus, als hättest du ein ereignisreiches Wochenende hinter dir.«
    Ich
brachte es nicht über mich. »Familie«, sagte ich. »Wie war's bei dir? Was macht
Dermo?«
    Liv ließ
sich Zeit, rührte in ihrem Kaffee und überlegte, wie sie darauf antworten
sollte. Schließlich seufzte sie, ein ganz leiser Laut, den ich nicht hören
sollte. Sie sagte: »Ich hab ihm gesagt, dass es besser wäre, wenn wir uns nicht
mehr sehen.«
    »Ach«,
sagte ich. Der jähe, süße Schuss Glück, der all die dunklen Schichten
durchschlug, die sich fest um mein Inneres gelegt hatten, überraschte mich.
»Einfach so?«
    Elegantes
leichtes Schulterzucken. »Ich fand, wir passen nicht zusammen.«
    »Sieht
Dermo das auch so?«
    »Er hätte
es bald so gesehen. Wenn wir noch ein paarmal zusammen ausgegangen wären. Ich
bin nur etwas schneller an den Punkt gelangt.«
    »Wie
immer«, sagte ich. Es war nicht gehässig gemeint, und Liv lächelte ein wenig in
ihre Tasse hinein. »Tut mir leid, dass es nicht geklappt hat.«
    »Ach, na
ja. So ist das Leben. Was ist mit dir? Gibt es da jemanden?«
    »Schon
länger nicht. Jedenfalls nichts, was der Rede wert wäre.« Dass Olivia Dermot
abserviert hatte, war das schönste Geschenk, das mir das Leben in letzter Zeit
beschert hatte - klein, aber vollkommen geformt; man nimmt, was man kriegen
kann -, und ich wusste, wenn ich mein Glück überstrapazierte, würde ich es
wahrscheinlich in tausend Stücke zerschlagen, aber ich konnte nicht anders.
»Hättest du vielleicht Lust, irgendwann demnächst mal abends essen zu gehen,
falls du Zeit hast und wir einen Babysitter bekommen können? Das Coterie kann ich
mir wohl kaum leisten, aber was Besseres als Burger King müsste drin sein.«
    Livs
Augenbrauen hoben sich, und sie wandte mir das Gesicht zu. »Meinst du ... Wie
meinst du das? Etwa als Date?«
    »Na ja«,
sagte ich. »Ich glaub schon. Ganz eindeutig als Date.«
    Langes
Schweigen, während hinter ihren Augen vieles vor sich ging. Ich sagte: »Ich hab
dir zugehört, neulich Abend, weißt du. Als es darum ging, ob Leute sich
gegenseitig fertigmachen. Ich weiß noch immer nicht, ob ich das so sehen kann
wie du, aber ich versuche, so zu tun, als hättest du recht. Ich geb mir echt
Mühe, Olivia.«
    Liv lehnte
den Kopf zurück und betrachtete den Mond, der an den Fenstern vorbeizog. »Als
du Holly das erste Mal übers Wochenende abgeholt hast«, sagte sie, »war ich
richtig panisch. Die ganze Zeit, die sie weg war, hab ich keine Sekunde geschlafen.
Ich weiß, du hast gedacht, ich hätte aus purer Gemeinheit versucht, dir die
Wochenenden mit ihr zu verweigern, aber so war es nicht. Ich war sicher, dass
du mit ihr in irgendein Flugzeug steigen würdest und ich euch beide nie
wiedersehen würde.«
    Ich sagte:
»Gedacht hab ich dran.«
    Ich sah
ein Beben durch ihre Schultern laufen, doch ihre Stimme blieb gefasst. »Ich
weiß. Aber du hast es nicht getan. Ich bilde mir nicht ein, dass du es meinetwegen
nicht getan hast; zum Teil sicher auch deshalb nicht, weil du dann deine Arbeit
hättest aufgeben müssen, aber der Hauptgrund war, weil du Holly damit wehgetan
hättest, und das würdest du nie tun. Deshalb bist du geblieben.«
    »Ja«,
sagte ich. »Tja. Ich tue, was ich kann.« Ich war weniger überzeugt als Liv,
dass es für Holly am besten gewesen war hierzubleiben. Das Kind hätte mir
helfen können, auf Korfu eine Strandbar zu betreiben, braungebrannt und ein
Liebling der Einheimischen, anstatt sich von der buckligen Verwandtschaft
verkorksen zu lassen.
    »Das hab
ich neulich gemeint. Menschen

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