Freu dich des Lebens
Universität von Chicago, in sein Amt eingeführt. Sein Alter? Dreißig Jahre. Unglaublich! Die älteren Professoren schüttelten die Köpfe. Kritik prasselte wie eine Steinlawine auf diesen »Wunderknaben« herab. Er sei dies, und er sei das - zu jung, zu unerfahren -, seine Bildungsvorstellungen seien lächerlich. Sogar die Zeitungen schl oss en sich den Angriffen an.
Am Tag der Amtseinsetzung sagte ein Freund zu Hutchins’ Vater: »Ich war entsetzt, als ich heute morgen den gemeinen Zeitungskommentar über Ihren Sohn las.«
»Ja«, antwortete Hutchins der Ältere, »es war schlimm. Aber vergessen Sie nicht: Einen toten Hund tritt man nie.«
Ja, und je bedeutender ein Hund ist-, desto mehr Spaß haben die Leute daran, ihn zu treten. Der Prinz von Wales, der spätere Edward VIII. von England, bekam dies am eigenen Hosenboden zu spüren. Zu jener Zeit besuchte er das Dartmouth College in Devonshire, es entspricht ungefähr unserer Marineakademie von Annapolis. Der Prinz war vierzehn. Da erwischte ihn ein Marineoffizier eines Tages dabei, wie er heulte, und fragte ihn, was los sei. Der Prinz wollte nicht mit der Sprache herausrücken, doch schließlich sagte er, er sei von den Kadetten in den Hintern getreten worden. Der Leiter der Schule, ein Admiral, rief die Jungen zusammen und erklärte ihnen, der Prinz habe sich nicht bei ihm beschwert, sondern er persönlich wolle nur wissen, warum man gerade beim Prinzen solche rauen Methoden ausprobiere.
Nach vielem Herumstottern und Füßescharren gestanden die Kadetten: Wenn sie selbst einmal Admiräle und Kapitäne sein würden, wollten sie erzählen können, dass sie den König getreten hätten.
Sollten Sie also auch getreten und kritisiert werden, denken Sie immer daran, dass manche Leute dies tun, weil es ihnen ein Gefühl von Wichtigkeit gibt. Vielen Menschen verschafft es eine beinahe grausame Genugtuung, andere, die eine bessere Erziehung haben als sie oder erfolgreicher sind, herunterzumachen. Während ich an diesem Kapitel schrieb, erhielt ich zum Beispiel einen Brief, in welchem General William Booth, der Gründer der Heilsarmee, verleumdet wurde. Ich hatte in einer Rundfunksendung meine Bewunderung für den General ausgesprochen. Und die Verfasserin dieses Briefes erklärte nun, dass der General acht Millionen Dollar des Geldes, das er für die Armen sammelte, gestohlen habe. Die Behauptung war natürlich völlig absurd. Aber dieser Frau ging es gar nicht um die Wahrheit. Es befriedigte einfach ihre niederen Instinkte, jemanden, der weit über ihr stand, mit Schmutz zu bewerfen. Ich beförderte ihren bitterbösen Brief in den Papierkorb und dankte Gott dem Allmächtigen, dass ich nicht mit ihr verheiratet war. Die Briefschreiberin hatte mir sehr wenig von General Booth verraten, desto mehr von sich selbst. Der große Arthur Schopenhauer meinte zu diesem Thema einmal, dass gewöhnliche Leute großes Vergnügen an den Fehlern und Verrücktheiten bedeutender Menschen hätten.
Man kann den Rektor einer Universität kaum als einen gewöhnlichen Mann bezeichnen. Und doch hat es Timothy Dwight, ehemaliger Rektor der Yale-Universität, offensichtlich großes Vergnügen gemacht, einen Präsidentschaftskandidaten zu verleumden. »Wenn Sie diesen Mann wählen«, warnte er, »können wir erleben, wie unsere Frauen und Töchter Opfer einer legalen Prostitution werden, offen entehrt, schamlos beschmutzt, verstoßen von Tugendhaften und Zartfühlenden, verabscheut von Gott und Menschen.«
Das klingt wie eine Beschreibung von Hitler, nicht wahr? Aber Adolf Hitler war nicht damit gemeint, sondern Thomas Jefferson. Welcher Thomas Jefferson? Sicherlich nicht der unsterbliche Thomas Jefferson, der Verfasser der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, der Schutzheilige der Demokratie? O doch, genau dieser Mann war gemeint.
Welcher Amerikaner, glauben Sie, wurde als »Heuchler« bezeichnet, als »Betrüger«, kaum besser als ein »Mörder«? Eine Zeitungskarikatur zeigte ihn unter dem Fallbeil, das jeden Augenblick herabsausen und den Kopf von seinem Körper trennen konnte. Wenn er durch die Straßen ritt, johlte die Menge und verspottete und beschimpfte ihn. Wer er war? George Washington.
Doch das geschah vor langer Zeit. Vielleicht hat sich die menschliche Natur seitdem gebessert. Wollen mal sehen. Nehmen wir den Fall Admiral Pearys, des Forschers, der am 6. April 1909 zur Begeisterung der Welt mit seinen Hundeschlitten den Nordpol erreichte, ein Ziel, für das mutige
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