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Freuet Euch, Bernhard kommt bald!: 12 unweihnachtliche Weihnachtsgeschichten (German Edition)

Freuet Euch, Bernhard kommt bald!: 12 unweihnachtliche Weihnachtsgeschichten (German Edition)

Titel: Freuet Euch, Bernhard kommt bald!: 12 unweihnachtliche Weihnachtsgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Martenstein
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könnte alles noch besser sein, wenn meine Schwiegertochter nicht ständig für Unruhe sorgen würde. Und wenn Rapunzel ein bisschen offener wäre. Ich bin ihre Mutter. Mit mir kann sie über alles reden.«
    Rainers Vater war sich nicht sicher, ob das, was er sah und hörte, Wirklichkeit war oder eine seiner Erinnerun gen, die sich selbständig gemacht hatte und mit ihm spielte wie Wellen mit einem Stück Holz. Hatte er so etwas schon einmal erlebt? Immer, wenn etwas Besonderes passierte, dachte er, dass er genau dies schon einmal erlebt hatte. Aber er kam nie darauf, wann und wo es gewesen sein könnte.
    Die anderen redeten. Der Besucher, dessen Namen Rainers Vater vergessen hatte, stellte Fragen, er war sehr höflich. Die Antworten fielen mal länger, mal kürzer aus. Rapunzel lachte und wedelte mit der Federboa. Rainer stand auf und setzte sich wieder. Der Besucher versuchte zu vermitteln, offenbar tat er das mit einem gewissen Geschick. Der machte so etwas bestimmt nicht zum ersten Mal. Der war in seinem Element.
    Rainers Vater spürte leichte Betrunkenheit, nach einem einzigen Glas, so ist das im Alter. Er sagte: »Ach so.« Warum gerade diese Worte? Die waren doch sinnlos. In seinem Kopf drehte es sich, in seinen Füßen kribbelte es. Rainers Vater wollte sagen, dass er müde sei, aber seine Zunge gehorchte ihm nicht. Er wusste, dass er seinen Mund geöffnet hatte und dass seine Zunge versuchte, den Satz »Ich leg mich mal kurz hin« zu formen, aber da kam nichts. Rainers Vater tastete nach den Zigaretten, aber die Hand hatte ebenfalls beschlossen, seine Kommandos zu ignorieren. Links? Die linke Hand schien etwas zugänglicher zu sein für Wünsche. Rainers Vater holte mit der linken Hand die Packung aus der Tasche und legte sie vorsichtig auf den Tisch. Der Besucher griff danach, schüttelte die Packung, bis eine Zigarette halb herausschaute, und bot sie Rainers Vater an. Der beugte sich nach vorn und zog die Zigarette mit dem Mund heraus. Dabei zwinkerte er dem Besucher zu. Der Besucher gab ihm Feuer.
    Rainers Vater erinnerte sich daran, wie er auf Riekes Fuß, da lernte sie gerade das Laufen, einmal ein Pflaster geklebt und die winzig kleinen Zehen geküsst hatte, und daran, wie er seiner Frau in der Hochzeitsnacht den Büstenhalter ausgezogen hatte, und daran, wie es sich anfühlte, auf warmem Sand zu liegen. Er erinnerte sich an den brennenden Panzer, aus dem er in letzter Sekunde herausgeklettert war, und an den Weihnachtsabend, an dem er Rainer die von ihm, seinem vielbeschäftigten Vater, gebastelte Ritterburg geschenkt hatte, und an das Gartenfest bis um drei Uhr morgens, und an die Frau, die er zwei Jahre lang heimlich getroffen hatte, und an die Maibowle, sogar an die Maibowle, die er im Jahre 1955, 18. Mai, in ihrer Gartenlaube gemixt hatte, konnte er sich so genau erinnern, als ob sie in diesem Moment vor ihm stünde. Das alles war da, mehr noch, die Erinnerungen gehorchten ihm endlich wieder, er konnte sie ganz nah heranholen oder wieder in den Hintergrund treten lassen, gleichzeitig, nacheinander, ganz nach Belieben, er konnte in seinen Erinnerungen spazieren gehen wie in einem Park. Das war schön. Das war fast alles sehr schön gewesen. Rainers Vater wollte noch einmal »Ach so« sagen, diesmal mit Überzeugung und aus vollstem Herzen, aber er merkte, dass es nicht ging. Er lag auf dem Boden. Und während er noch staunte über das, was ihm widerfahren war, über sein Glück, das ihn so weit geführt hatte, bis hierher, zog eine unbekannte Macht langsam den Vorhang zu.
    »Sie liegen sich alle in den Armen«, sagte Holz zu der Frau im Etuikleid, die ihn an Gudruns und Rainers Haustür abholte. »Sämtliche Konflikte sind vergessen. Ich melde vollen Erfolg.«
    Die Frau lächelte maliziös. »Könnte es sein, dass da jemand ein bisschen gemogelt hat, Herr Politiker? Ein Todesfall schweißt Menschen zusammen. Schon klar.«
    »Ich habe den alten Herrn nicht umgebracht. Wenn jemand für diese Dinge zuständig ist, dann doch wohl ihr. Irgendjemand in eurer Firma scheint beschlossen zu haben, dass ich ein bisschen, sagen wir, Schützenhilfe verdient habe.«
    »Schon wieder Oberwasser, Holz? Denken Sie daran, wenn Sie zurückkommen, dann als Lebender. Sogar die Mutter Ihrer Tochter hatte ein paar positive Gefühle für Sie, als Sie als steif gefrorene Leiche vor ihr lagen. Der warme, gut durchblutete Minister Holz wird es bei ihr schwerer haben.«
    Die Frau schien eher amüsiert zu sein, nicht wirklich

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