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Freuet Euch, Bernhard kommt bald!: 12 unweihnachtliche Weihnachtsgeschichten (German Edition)

Freuet Euch, Bernhard kommt bald!: 12 unweihnachtliche Weihnachtsgeschichten (German Edition)

Titel: Freuet Euch, Bernhard kommt bald!: 12 unweihnachtliche Weihnachtsgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Martenstein
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was machte, wenn jemand von deren regulären Leuten ausfiel, er war so eine Art Backup für die. Er recherchierte ein paar Hintergründe über die Gäste, führte Vorgespräche, ließ sich Fragen einfallen. Ganz nett eigentlich. Aber es war klar, dass er auf Abruf bereitstehen musste, ein Backup muss bereitstehen, andernfalls würde Gabriel einfach nicht mehr anrufen. Man wurde niemals gefeuert, das gab es in solchen Jobs nicht. Sie riefen einfach nicht mehr an, fertig.
    Nach zwei Stunden am Schreibtisch hatte Tischler fünf Zeilen geschrieben und auf Facebook ein Foto seines Schreibtischs gepostet, mit drei halb vollen Kaffeetassen und einigen angebissenen süßen Stückchen in unterschiedlichen Stadien des Niedergangs. Auf Facebook war nicht viel los. Er duschte, was er lange nicht mehr getan hatte, und ging auf die Straße. Schnee. Er hatte gar nicht gemerkt, dass es schneite. Und jetzt kam sogar die Sonne raus. Tischler lief ein bisschen herum, manchmal brachte ihn das auf Touren. Manchmal deprimierte es ihn auch.
    Die Leute wuselten eilig herum und schleppten Tüten. Der Tatsache, dass heute Weihnachten war, musste er ins Auge sehen. Der Abend würde kommen, das war sicher. Der Horrorabend Nummer eins im Jahreslauf. Tischler kaufte einen kleinen Adventskranz, im Preis herabgesetzt. Er mochte diesen Weihnachtskitsch eigentlich ganz gern, das hatte es zu Hause immer gegeben. Hätte er doch zu seinen Eltern fahren sollen? Mit Mitte dreißig, allein, als altes Kind, zu den Eltern fahren, sich die vorsichtig forschenden Fragen anhören, die man sich selber oft genug stellt und die man deswegen nicht von anderen hören will, eine Bilderbuchschwester mit ihren Bilderbuchkindern bewundern – nein, sorry, unmöglich, das vergangene Jahr hatte gereicht.
    Tischler machte sich keine Illusionen. Er hatte alle Züge verpasst. Als sie ihm vor fünf Jahren eine Redakteursstelle angeboten hatten, in einem Societyblatt, Prominente und ihre kleinen, beschissenen Sorgen, da hatte er abgelehnt. Er dachte, dass sicher noch etwas Besseres kommt. Er war kein Dummkopf. Er konnte denken, verdammt noch mal. Es kam aber nichts. Er war kein Dummkopf, aber ein Genie, um das alle sich reißen, war er leider auch nicht. Jetzt arbeitete er sechzig Stunden in der Woche, immer auf Abruf, meistens über Themen, die den richtig guten Leuten nicht sexy genug waren, und sein Privatleben war nicht der Rede wert. Er hatte nie Zeit. Und wenn er Zeit hatte, ging es ihm mies. Seine sexuelle Ausstrahlung lag nur knapp über der Nachweisgrenze. Tischlers jugendlicher Charme war irgendwann gegen ein Riff gefahren und gesunken, den genauen Ort und den Zeitpunkt dieser Katastrophe kannte er nicht. Die alten Freunde lebten ein anderes Leben, die neuen Freunde posteten auf Facebook Erfolgsmeldungen, die er meistens als verlogen durchschaute. Wo sollte das alles eigentlich hinführen?
    Tischler spürte eine leichte Übelkeit, die ihn in letzter Zeit häufiger überfiel, er lehnte sich gegen eine Wand. Jetzt wurde ihm auch noch schwindlig. Ich bin am Arsch, dachte Tischler. Ich bin wirklich total am Arsch. Das wird nichts mehr.
    Am Helmholtzplatz sah Tischler einen Mann, der auf einer Parkbank saß und in einem Plastikbeutel kramte. Das schien ihm der Richtige zu sein. Eine gewisse Ähnlichkeit war da. Das Alter stimmte ebenfalls. Tischler setzte sich neben ihn. Der Mann schaute auf. »Haben Sie eigentlich heute Abend schon was vor?«, fragte Tischler.
    »Ist das eine Einladung?«, fragte der Mann zurück. »Nein, ich habe nichts Besonderes vor. Ich wusste gar nicht, dass man mir das ansieht. Ihr Angebot ist sehr nett, aber danke, nein. Ich bin nicht gern mit Fremden zusammen. Ich bin nicht gesellig.«
    Er hatte einen leichten Akzent, vielleicht etwas Slawisches. Er klang gut – intelligent, unaggressiv, ein angenehmer Typ höchstwahrscheinlich. Nüchtern schien er auch zu sein. Volltreffer, dachte Tischler.
    »Ich will Sie nicht einladen«, sagte Tischler. »Ich möchte Ihnen mein Leben schenken. Irgendwie brauche ich das nicht mehr.«
    Tischler erklärte seinen Plan. Er würde dem Mann seine Wohnungsschlüssel geben, seine Ausweise, die Kreditkarte und sämtliche Passwörter, auch für das Internetbanking. Viel Geld war nicht vorhanden, aber für zwei, drei Monate konnte es reichen. Er kommunizierte fast nur übers Netz, der Tausch würde erst einmal nicht auffallen. Es gab auch noch ein paar offene Aufträge, die Details standen in dem Notizbuch, das er dem

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