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Freuet Euch, Bernhard kommt bald!: 12 unweihnachtliche Weihnachtsgeschichten (German Edition)

Freuet Euch, Bernhard kommt bald!: 12 unweihnachtliche Weihnachtsgeschichten (German Edition)

Titel: Freuet Euch, Bernhard kommt bald!: 12 unweihnachtliche Weihnachtsgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Martenstein
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In der Presse stand über uns dieses abfällige Wort »One-Christmas-Stand«. Ich sage dann immer, ich erfülle ein Bedürfnis. Bedürfnisse sind nicht kritisierbar. Bitte sehr, feiern Sie halt mit Ihren Freunden, sofern die nicht gerade aus Karrieregründen in Dubai sind. Vielleicht haben Sie ja ein paar alte Freunde oder Bekannte, die Sie seit vier Jahren hin und wieder zum Essen treffen und die Sie sich zu »alten Freunden« schönschminken können. Wenn ihnen unsere Dienstleistung zu glatt und zu künstlich vorkommt – okay, wir können das auch ein bisschen aufrauen. Die Bioversion sozusagen, dann schicken wir Ihnen einen streitsüchtigen Onkel, der rechtsradikale Ansichten hat und starken Körpergeruch, mit dem wird es garantiert nicht langweilig. Aber keine Angst, das bleibt alles im Rahmen. Sie kriegen ein Codewort, sobald Sie das Codewort zu dem Onkel sagen, mäßigt er seine Ansichten und geht ins Bad, um sich ein frisches Hemd anzuziehen.
    Wenn ich von unserer Filiale in Dubai komme, denke ich immer: Fantastisch, wie unser Berlin sich entwickelt hat. London ist nix dagegen. Berlin ist die jüngste und kreativste Stadt Europas, und eine der wirtschaftlich erfolgreichsten. Es wird natürlich trotzdem gemeckert. Das Paradies auf Erden ist Berlin sicher nicht. Die Alten leben fast alle alleine im Wedding, die Jungen leben alle alleine in Mitte, die Reichen leben alle alleine in Potsdam, da gibt es wenige Berührungspunkte und viel Einsamkeit, um nicht zu sagen traurige Schicksale. Deswegen gibt es ja die Weihnachtsagentur. Wir bringen die Menschen wenigstens einmal im Jahr zusammen. Zum Casten von unseren Omas und Opas bin ich manchmal im Wedding, der Wedding ist mit fünfundachtzig Prozent über Fünfundsechzigjährigen und davon achtundachtzig Prozent Singles eine internationale Sehenswürdigkeit geworden, das hängt mit den niedrigen Renten und den noch relativ niedrigen Mieten zusammen. Da fahren Busse mit arabischen Touristen durch, die filmen am liebsten die Parks und Sportplätze, wo lauter Neunzigjährige joggen, zusammen mit ihren Pflegern an den Mülltonnen grillen oder Volksmusik machen, das finden die Araber drollig. Leider werfen die Alten oft Steine nach den Bussen. Na, viel Power steckt zum Glück nicht dahinter. Der Wedding ist wie die frühere Bronx von New York, nur in alt.
    Unsere Agentur ist 2025 gegründet worden, das heißt, es gibt uns schon ein Weilchen. Wir haben Routine, uns haut nichts um, da darf ruhig mal der Baum brennen oder die Biogans explodieren. Aber vor zwei Wochen ist definitiv etwas Seltsames passiert. Ein Mann kommt in die Agentur, mittelalt, Bart, Brille, kleiner Bauch, Vollbild Lehrer, und sagt, dass er der Weihnachtsmann ist. Der echte. Er sagt, das geht so nicht weiter. Ob wir hier unten eigentlich denken würden, Gott sei senil und kriege nichts mehr mit. Weihnachten sei doch nur noch eine Farce. Keine echte Liebe. Simulierte Familien. Stress. Gott hätte be schlossen, Weihnachten abzuschaffen. Die Menschen wür den Weihnachten einfach vergessen und stattdessen im Sommer ein neues Fest feiern, Einachten, ein Fest, bei dem jeder vierundzwanzig Stunden für sich alleine bleibt und eine ganze Nacht lang nur an sich selber, seine Befindlichkeit, seine Karriere, sein Image und seine Bedürfnisse denkt und sich feierlich einen lange gehegten Konsumwunsch erfüllt.
    Ich sagte, wie öde, um Gottes willen. Der Weihnachtsmann sagte, ja, genau. Öde. Aber wir hätten noch eine Chance. Gott hätte beschlossen, dass er den Menschen das Fest der Liebe belässt, falls es gelingt, in einer modernen, hippen, superheißen, jungen Großstadt, also in Berlin, den wahren Geist der Weihnacht zu finden. »Sie sind mir empfohlen worden«, sagt der Typ. »Also, los, retten Sie Weihnachten.« Ich antworte, dass ich im Prinzip jede Dienstleistung im Zusammenhang mit Weihnachten anbiete, aber dass ich nicht genau verstehe, was er mit dem »wahren Geist der Weihnacht« meint. Wer oder was soll das denn sein?
    Da geht’s schon los, sagt der Typ. Finden Sie es heraus.

Nachwort
    Elf dieser zwölf Geschichten sind neu, die zwölfte, letzte, habe ich schon vor ein paar Jahren geschrieben. Sie ist damals, zusammen mit Weihnachtsgeschichten anderer Autoren, in einem Sammelband erschienen. »Der Weihnachtsagent« war die erste Story jenes Bandes. Damit ging es los. Ich hatte Lust, mit dieser Tonlage zu experimentieren und ein Buch zu schreiben, in dem »Der Weihnachtsagent«, mit einer gewissen

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