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Friedhof für Verrückte

Friedhof für Verrückte

Titel: Friedhof für Verrückte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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Glück. Die Arbeit mit Fritz Wong wird Ihnen gefallen.«
    »Klar. Fritz und Jesus.«
    »Was?«
    »Jesus und Fritz.«
    Und schon war ich draußen.
     

33
     
    Langsam ging ich zum Haus meiner Großeltern zurück, das irgendwo in der Vergangenheit stand.
    »Bist du sicher, daß Roy dort vor einer Stunde vorbeimarschiert ist?« fragte Crumley.
    »Mensch, sicher bin ich nicht. Ja, nein, vielleicht. Ich kriege das alles nicht mehr richtig zusammen. Am hellichten Tag Martinis, das ist nichts für mich. Außerdem«, ich wog das Drehbuch auf meiner Handfläche, »muß ich davon noch zwei Pfund wegschneiden und fünfzig Gramm wieder hinzufügen. Hilfe!«
    Mein Blick fiel auf Crumleys Notizblock.
    »Was gibt’s?«
    »Ich habe drei Autogrammagenturen angerufen. Clarence ist bei allen dreien bekannt …«
    »Prima!«
    »Nicht ganz. Alle erzählten das gleiche. Ein Paranoiker. Kein Nachname, weder Telefonnummer noch Adresse. Hat allen erzählt, er habe zuviel Angst. Nicht vor Einbrechern, sondern vor Mördern; vor Mördern, die ihn dann beklauen. Fünftausend Fotos, sechstausend Autogramme hat er in seinem Nest gehortet. Vielleicht erkannte er kürzlich das Monster nicht mal, sondern hatte nur Angst, das Monster kenne ihn, wisse, wo er wohnt, und werde ihn holen kommen.«
    »Nein, nein, das paßt nicht.«
    »Clarence Wieauchimmer hat immer nur Bargeld angenommen und bar gezahlt, sagen die Agenturfritzen. Keine Schecks. Unmöglich, ihm auf diesem Weg auf die Schliche zu kommen. Er hat nie etwas per Post erledigt, tauchte regelmäßig auf, um seine Geschäfte zu betreiben, und blieb dann wieder monatelang verschwunden. Sackgasse. Auch das Brown Derby hat sich als Sackgasse herausgestellt. Ich bin höflich und bescheiden aufgetreten, doch der Oberkellner hat sofort wieder aufgelegt. Tut mir leid, Kleiner. Hey …«
    Genau in diesem Augenblick, wie nach Fahrplan, tauchte ein Stück weiter weg im Laufschritt die römische Phalanx auf. Mit lockeren Scherzen und Flüchen auf den Lippen kamen sie auf uns zugetrabt.
    Ich lehnte mich weit aus dem Fenster und hielt den Atem an.
    »Ist das der Haufen, in dem du Roy gesehen hast?« fragte Crumley.
    »Ja.«
    »Ist er jetzt auch dabei?«
    »Ich kann nichts sehen …«
    Jetzt fuhr Crumley aus der Haut.
    »Warum, zum Teufel, rennt der blöde Kerl überhaupt kreuz und quer auf dem Studiogelände herum? Warum haut er nicht schleunigst ab und läßt sich nicht mehr blicken? Wieso hängt er immer noch hier herum? Will er sich umbringen lassen? Er hätte schon längst abhauen können, statt dessen dreht er dich und mich durch die Mangel. Warum?«
    »Rache«, sagte ich. »Für all die Morde.«
    »Welche Morde?«
    »Die an seinen Viechern, an seinen liebsten Freunden.«
    »Blödsinn.«
    »Hör mal, Crum. Wie lange wohnst du schon in deinem Haus in Venice? Zwanzig, fünfundzwanzig Jahre. Hast dort jeden Baum und jeden Strauch gepflanzt, den Rasen gesät, die Rattanhütte im Garten gebaut, die Geräuschanlage installiert, die Regenmacher, und dann den Bambus und die Orchideen dazu, die Pfirsich-, die Zitronen-, die Aprikosenbäume. Wenn ich jetzt eines Nachts dort einbrechen und alles ausreißen würde, die Bäume umhacken, die Rosen zertrampeln, die Hütte abfackeln und die Tonanlage auf die Straße schmeißen würde, was würdest du dann tun?«
    Crumley überlegte einen Augenblick. Sein Gesicht wurde feuerrot.
    »Siehst du«, sagte ich ruhig. »Ich weiß nicht, ob Roy jemals heiraten wird. Fürs erste jedenfalls hat man seine Kinder, sein ganzes Leben niedergemacht und in den Staub getreten. Alles, was er je geliebt hat, wurde niedergemetzelt. Vielleicht ist er jetzt noch auf dem Gelände, um die Morde aufzuklären. Er will wie wir das Monster finden und es zur Strecke bringen. Vielleicht ist Roy auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Aber an seiner Stelle würde ich hier bleiben, mich verstecken und den Mörder suchen, bis ich den Mörder zusammen mit den Gemordeten begraben könnte.«
    »Meine Zitronenbäumchen, hmm?« sagte Crumley. Sein Blick schweifte in die Ferne, Richtung Ozean. »Meine Orchideen, mein Regenwald? Von jemandem fertiggemacht? Also …«
    Die Phalanx rannte unten im späten Sommerlicht vorüber und verschwand in den bläulichen Schatten.
    In ihren Reihen war kein großer, ungelenker Schreikranichkrieger zu sehen.
    Die Schritte und die Rufe verhallten.
    »Komm, wir fahren nach Hause«, sagte Crumley.
     
    Gegen Mitternacht wehte plötzlich ein Wind durch Crumleys afrikanischen Garten.

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