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Friedhof für Verrückte

Friedhof für Verrückte

Titel: Friedhof für Verrückte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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Boulevard hinunter, die Mittellinie immer zwischen den Rädern.
    »Was machst denn du?« brüllte ich.
    »Früher verliefen neben der Straße auf beiden Seiten Straßenbahnschienen. Die Strommasten standen auf dem Mittelstreifen, Harold Lloyd fuhr hier immer Slalom, kreuz und quer, ungefähr so!«
    Constance ließ den Wagen nach links schleudern.
    »Und so ! Und so !!«
    Wir kurvten um ein halbes Dutzend längst verschwundener Geistermasten, als wäre eine Phantomstraßenbahn hinter uns her.
    »Rattigan«, beschwor ich sie.
    Sie blickte in mein ernstes Gesicht.
    »Beachwood Avenue?« fragte sie.
    Es war vier Uhr nachmittags. Die letzte Post des Tages wurde gerade Richtung Norden ausgetragen. Ich nickte Constance zu. Sie parkte vor dem Briefträger ein, der im warmen Sonnenlicht die Straße hinunterlief. Er grüßte mich, als ob ich auch aus Iowa wäre, gut gelaunt, trotz des Werbemists, den er als Post vor jeder Tür abladen mußte.
    Ich wollte lediglich Clarences Namen und Adresse überprüfen, bevor ich an seine Tür klopfte. Doch der Briefträger wollte mit Schwatzen nicht mehr aufhören. Er beschrieb mir, wie Clarence sich bewegte, und wie er aus der Nähe aussah: das Weiß in seinen Augen und um seinen Mund ein Zucken, das die Ohren auf und ab hüpfen ließ.
    Der Briefträger knuffte mich, die Post im Arm. »Ein ausgemachter Schwachkopf! Der kreuzt an seiner Bungalowtür in einem dicken Kamelhaarmantel auf. In so einem Wickelmantel wie ihn Adolphe Menjou trug, in den Filmen, bei denen wir als Jungs anno 1927 immer zum Pinkeln gerannt sind, wenn eine dieser schmalzigen Szenen kam. Na klar, der alte Clarence. Einmal habe ich Buh! gerufen, und da hat er sofort die Tür zugeknallt. Möchte wetten, daß er in diesem Mantel duscht, vor lauter Angst, er könnte sich nackt sehen. Der furchtsame Clarence? Klopfen Sie nicht zu laut an …«
    Ich war schon weg. Bei den Vista-Courts-Gebäuden bog ich ein und ging auf die Nummer 1788 zu.
    Ich klopfte nicht an die Tür. Ich kratzte mit den Fingernägeln an den kleinen Glasscheiben. Es gab neun davon. Ich probierte sie nicht alle aus. Dahinter war ein Rollo herabgelassen, so daß ich nicht hineinschauen konnte.
    Nachdem niemand antwortete, klopfte ich mit dem Zeigefinger, jetzt etwas lauter.
    Mir kam es vor, als hörte ich hinter dem Glas Clarences Kaninchenherz rasen.
    »Clarence!« rief ich. Warten. »Ich weiß, daß du da drin bist!«
    Und wieder dachte ich, ich würde seinen Puls rattern hören.
    »Ruf mich an, verdammt noch mal, bevor es zu spät ist!« rief ich schließlich. »Du weißt, wer ich bin. Das Filmstudio, du erinnerst dich! Clarence, wenn ich dich finde, dann finden sie dich auch!«
    Sie? Wen meinte ich bloß mit ›sie‹?
    Jetzt hämmerte ich mit beiden Fäusten an die Tür. Eine der Scheiben knackte.
    »Clarence! Deine Autogrammappe! Sie lag im Brown Derby!«
    Das wirkte. Ich hörte auf zu klopfen, denn ich hörte ein Geräusch, das wie ein Blöken oder ein unterdrückter Schrei klang. Das Schloß rasselte. Kurz danach klackerte ein zweites Schloß, dann ein drittes.
    Zu guter Letzt ging die Tür einen Spalt weit auf, so weit, wie es die Kette auf der Innenseite zuließ.
    Clarences gehetztes Gesicht schaute mich durch den langen Tunnel der verflossenen Jahre an, so nahe und doch so fern, daß ich beinahe geglaubt hätte, seine Stimme sei nur ein Echo.
    »Wo?« bettelte er. »Wo?«
    »Im Brown Derby«, sagte ich verschämt. »Jemand hat sie gestohlen.«
    »Gestohlen?« Tränen schossen ihm in die Augen. »Meine Mappe? O Gott«, jammerte er. »Was haben Sie mir angetan?«
    »Nein, nein, hör doch zu –«
    »Wenn sie hier einbrechen wollen, dann bringe ich mich um. Sie dürfen sie nicht kriegen!«
    Dabei blickte er furchtsam über seine Schulter auf die Unmengen von Akten, die ich hinter ihm sehen konnte, und auf die Bücherregale und die Wände voll mit signierten Porträts.
    Meine Monster, hatte Roy bei seiner eigenen Beerdigung gesagt, meine Lieblinge, meine Lieben.
    Meine Schätze, machte mir Clarence klar, meine Seele, mein Leben!
    »Ich will nicht sterben«, heulte Clarence und machte die Tür wieder zu.
    »Clarence!« Ich versuchte es noch einmal. »Wer sind sie ? Wenn ich es weiß, kann ich dich vielleicht beschützen! Clarence!«
    Schräg gegenüber ratterte eine Sonnenblende hoch.
    Die Haustür eines anderen Bungalows öffnete sich einen Spalt breit.
    Mir blieb nichts anderes übrig, als erschöpft zu flüstern: »Mach’s gut …«
    Ich ging zum

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