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Friedhof für Verrückte

Friedhof für Verrückte

Titel: Friedhof für Verrückte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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das Telefon, wo die Reservierungen entgegengenommen wurden. Über einem Pult, auf dem noch vor wenigen Stunden Clarence Sopwiths Album gelegen haben mußte, brannte eine kleine Leselampe. Dort hatte es gelegen und auf jemanden gewartet, der es stehlen, die Adresse von Clarence herausfinden würde und dann …
    Großer Gott, dachte ich, nein !
    »Komm, Kleiner«, sagte Constance, »bestellen wir uns einen Drink.«
    Der Oberkellner präsentierte gerade seinen letzten Gästen die Rechnung. Er nahm uns aus dem Augenwinkel wahr und drehte sich um. Als er Constance erblickte, strahlte er über das ganze Gesicht. Doch kaum hatte er mich bemerkt, gingen die Lichter wieder aus. Ich war ein schlechtes Omen. Schließlich war ich in jener Nacht vor dem Restaurant gewesen, in der das Monster von Clarence angesprochen worden war.
    Ein erneutes Lächeln und der Oberkellner stürzte auf Constanze zu, mich links liegen lassend; wie ein Verhungernder küßte er jeden einzelnen ihrer Finger. Constance warf den Kopf zurück und lachte.
    »Das hat keinen Zweck, Ricardo. Meine Ringe sind verkauft, schon seit Jahren!«
    »Sie erinnern sich an mich?« fragte er verwundert.
    »Ricardo Lopez, auch bekannt unter dem Namen Sam Kahn?«
    » Wer war dann Constance Rattigan?«
    »Ich habe meine Geburtsurkunde zusammen mit meinen Unterhosen verbrannt.« Constance zeigte auf mich. »Das hier ist –«
    »Ich weiß, ich weiß«, wehrte Lopez ab.
    Constance lachte wieder, denn er hielt noch immer ihre Hand. »Ricardo war damals Bademeister am Pool von MGM. Jeden Tag gingen dort Dutzende von Mädchen unter, um sich von ihm wiederbeleben zu lassen. Ricardo, führe uns an einen Tisch.«
    Er wies uns einen Platz zu. Ich konnte meinen Blick nicht von der hinteren Wand des Restaurants abwenden. Lopez entging dies nicht und er drehte den Korkenzieher mit einem bösartigen Ruck in die Flasche.
    »Ich war nur Zuschauer«, sagte ich ruhig.
    »Ja, gewiß«, murmelte er, während er Constance kosten ließ. »Es war dieser dumme andere Kerl.«
    Constance nippte am Glas. »Der Wein ist wunderbar – wie du.« Ricardo Lopez schmolz dahin – und lachte.
    »Und wer war dieser dumme andere Kerl?« hakte Constance, die Chance witternd, nach.
    »Ach nichts.« Lopez versuchte, seine gewohnte Verdrießlichkeit wiederzuerlangen. »Geschrei und beinahe eine Schlägerei. Mein bester Kunde und ein dahergelaufener Bettler.«
    Oje, dachte ich. Armer Clarence. Dein ganzes Leben hast du dich nach Ruhm und Rampenlicht gesehnt.
    »Dein bester Kunde, mein liebster Ricardo?« bohrte Constance augenzwinkernd weiter.
    Ricardo sah gedankenverloren zur hinteren Wand hinüber, an der zusammengeklappt die Sichtblende lehnte.
    »Ich bin am Boden zerstört, auch wenn die Tränen nicht so schnell fließen. Wir sind all die Jahre über immer so vorsichtig gewesen. Er kam stets sehr spät. Er wartete in der Küche, bis ich ausgekundschaftet hatte, ob sich jemand hier aufhielt, den er kannte. Keine einfache Aufgabe, wenn Sie mich recht verstehen. Schließlich weiß ich nicht, wen er alles kennt, und wen nicht, eh? Und nun, wegen einem einzigen dummen Mißgeschick, wegen dem erstbesten dahergelaufenen Idioten, habe ich meinen besten Kunden verloren. Er sucht sich ein anderes, noch länger geöffnetes, noch weniger frequentiertes Restaurant.«
    »Dieser beste Kunde …«, Constance schob ihm ein Weinglas hin und bedeutete ihm, er solle sich eingießen, »hat er einen Namen?«
    »Nein.« Ricardo goß sich ein. Mein Glas ließ er nach wie vor leer. »Ich habe nie danach gefragt. Er kam während vieler Jahre, mindestens einen Abend pro Monat, bezahlte immer bar für das beste Essen, die erlesensten Weine. Und doch haben wir in all diesen Jahren nicht mehr als drei Dutzend Worte pro Abend gewechselt. Er studierte schweigend die Karte, zeigte auf das, was er wollte, alles hinter der Blende. Dann unterhielt er sich mit seiner Tischdame, sie tranken und lachten. Das heißt, sofern er eine Dame dabeihatte. Eigenartige Damen. Einsame Damen …«
    »Blind«, sagte ich.
    Lopez durchbohrte mich mit seinem Blick.
    »Möglich. Oder schlimmer.«
    »Was könnte noch schlimmer sein?«
    Lopez betrachtete sein Weinglas und den leeren Stuhl an unserem Tisch.
    »Setz dich doch«, sagte Constance.
    Lopez schaute sich nervös im leeren Lokal um. Dann ließ er sich vorsichtig nieder, nahm langsam einen Schluck Wein zu sich und nickte.
    »Leidend, das trifft es eher«, sagte er. »Seine Frauen. Eigenartig. Traurig.

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