Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Friedo Behuetun 02 - Dunkles

Friedo Behuetun 02 - Dunkles

Titel: Friedo Behuetun 02 - Dunkles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommie Goerz
Vom Netzwerk:
kommt zwar dann auch immer wieder einmal Scheiße heraus – doch das passiert dir beim langen Denken ganz genauso.
    Behütuns war schon wieder weg mit seinen Gedanken, Jaczek aber blieb beim Thema.
    »Das Auto bringt uns Freiheit, weil wir uns bewegen können, sagt man uns und denken wir«, fuhr Jaczek fort. »Aber es bringt uns alles andere als Freiheit, weil es unsere Welt so verändert, dass wir uns bewegen müssen und ohne Auto gar nicht mehr können.«
    Jetzt hatte Behütuns das Prinzip verstanden. Das alles einfach einmal andersherum zu denken, aus der normalen Denkweise herauszutreten. Das fand er spannend. Das machte ihm sogar Spaß. Was Jaczek wohl als Nächstes noch erzählen würde?
    Inzwischen waren sie auf Höhe Bamberg, Jaczek schwieg. Links drüben sah man für einen Moment die vielen Türme der Stadt im Dunst. Kirchtürme, Mahnmale der Existenz Gottes und Zeichen der Macht aus vergangenen Zeiten. Wie war das, was er letzthin in der Zeitung irgendwo gelesen hatte? Die Menschen erschaffen sich einen Gott nach ihrem Abbild, weil sie nichts anderes kennen und sich auch nichts anderes vorstellen können. Und dieser Gott soll sie dann erschaffen haben. Das war auch erfrischend andersherum gedacht. Ganz sein Geschmack.
    Jaczek schwieg schon eine ganze Weile. Was war los?
    Behütuns warf einen Blick auf seinen Beifahrer – Jaczek war eingeschlafen. Er war wohl alles losgeworden, was ihn beschäftigt hatte.
    Irgendwie hat Jaczek ja schon recht, dachte sich Behütuns. Und ihm fiel ein Werbespot von Mercedes ein, den er irgendwann einmal gesehen und der ihn geärgert hatte. Weil er so dumm war, so offensichtlich falsch herum. Da steigt ein gestresster Typ aus dem Lärm und dem Getümmel der Stadt in seinen Benz ein, schließt die Türe und fährt los – und genießt dabei die Ruhe, die er in diesem Auto hat. Wie krank ist denn das, so etwas zu zeigen, hatte sich Behütuns damals gedacht, und daran dachte er jetzt wieder. Und wie krank ist es, dass wir das auch noch so hinnehmen? Sind es nicht erst die Autofahrer, wiederholte sein Gehirn seine Gedanken von damals, die den Lärm und die ganze Hektik in die Städte bringen, die einen dann so stressen? Also dieser Autofahrer auch? Und alle die, die dieser Werbespot überhaupt ansprechen sollte? Und was ist dann mit diesem Autofahrer? Kapselt der sich in seiner Büchse nicht von dem Lärm und der ganzen Hektik draußen ab – aber produziert mit seiner Kiste wieder Lärm und Hektik? Ja – aber nur für die da draußen!
    Wie asozial ist nur die ganze Chose …
    Behütuns stieg wieder aufs Gas. Jaczek schlief, das musste er jetzt ausnutzen.

Er wackelte mit dem Kopf und grinste.
    Khaled Hosseini, Tausend strahlende Sonnen
    14. Kapitel
    Gegen Mittag leitete ihn sein Navi auf den Parkplatz des Möbelhauses, ein riesiges Gelände vor der Stadt, immense versiegelte Flächen. Vor wenigen Jahren noch hatte es hier wahrscheinlich überall Äcker, Wiesen, Waldflecken, Gebüsch gegeben. Und Lebensraum für viele Vögel. Behütuns sah sich um. War hier irgendein Vogel zu sehen? Fette, dreckige Tauben hühnerten schwerfällig um einen Bratwurststand herum, Spatzen hüpften dazwischen. Aber sonst? Keine Amsel, kein Rotkehlchen, keine Goldammer, nichts. Nicht einmal Schwalben pfeilten durch den Himmel. Schön, dass der Westen jetzt hier auch angekommen ist, dachte Behütuns.
    Irgendwie klingelte ihm das von Jaczek Gesagte doch noch in den Ohren. Dass man heute weitere Strecken zurücklegen musste für das, was man früher vor der Haustüre bekam. Und man das Freiheit nannte und Freude. Denn hier war alles, was es früher in den Städten gegeben hatte: Bäcker, Friseur, die Bratwurstbude, Metzger. Und drinnen im Möbelhaus waren ganz sicher riesige Abteilungen für Dinge, die man früher auch im Einzelhandel um die Ecke bekommen konnte. Teller, Tassen, Messer, Besteck, Küchensachen, Haushaltswaren, Vorhänge, Türbeschläge, Besen …
    Jaczek schlief noch immer. Die Erwartung eines völlig neuen Lebens mit Frau und Kind warf ihn wohl komplett aus der Bahn – sehr wahrscheinlich, dass er das nicht kalkulieren konnte. Da kam etwas unaufhaltsam auf ihn zu, was er nicht kannte, also auch für sich nicht denken konnte, zumindest nicht fundiert, weil ihm die Erfahrung fehlte. Und das war nichts für Jaczek. Das könnte ja noch lustig werden in dernächsten Zeit, dachte Behütuns. Er nahm sein Handy, wählte Kollitz’ Nummer an.
    »Ich brauch nur eine Minute«, meldete sich dieser,

Weitere Kostenlose Bücher