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DÄMONENHASS

DÄMONENHASS

Titel: DÄMONENHASS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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ERSTES KAPITEL
    Morgen. Sonnenaufgang. Sonnauf!
    Fünfzehnmal war die Sonne seit der Schlacht um den Garten des Herrn aufgegangen, hatte sich über den südwestlichen Horizont erhoben, war ihrem vorgesehenen zyklischen Pfad gefolgt und im Südosten wieder versunken. Fünfzehnmal der niedrige, warme, ach so träge goldene Bogen über dem Himmel, gefolgt von einer gleichen Anzahl von Sonnuntern.
    Sonnunter: Nacht, Finsternis, Gefahr!
    Seit Ewigkeiten eine Zeit des Schreckens! Wenn die letzten gelben Schimmer sich lautlos von den hohen Bergen des gewaltigen Grenzgebirges zurückzogen, bis die Gipfel erst zu einem blassen Ocker, dann aschfahl wurden, schließlich wolfsgrau und silbern unter den Gestirnen der Sternseite. Eine Zeit des Schreckens, oh ja ... Doch nun war sie vorüber. Denn die Schlacht um den Garten des Herrn war siegreich verlaufen, und die fast unsterblichen Herren der Festen auf der Sternseite, die Wamphyri, hatten sich als sterblich erwiesen. Sie waren entweder tot oder in die Eislande geflohen – und nur wenige hatten überlebt, um fliehen zu können.
    Sonnunter, und nichts daran zu fürchten. Nicht mehr. Es war schon sonderbar ...
    Auf der der Sonne zugewandten Seite der Berge (der Sonnseite mit ihren Wäldern und Flüssen und, weiter südlich, ihren gnadenlosen Wüstengebieten), hielt sich das Tageslicht noch weitere fünfundzwanzig Stunden; aber auf der Sternseite blockierte das Grenzgebirge die Leben spendende Wärme der Sonne, und nur die Sterne und die Aurora über den Eislanden schienen auf das zerklüftete Land. So war es immer schon gewesen, und so würde es immer sein.
    Nur hatte es einst die Wamphyri gegeben! ... Doch jetzt gab es sie nicht mehr. Jedenfalls nicht auf der Sternseite. Keine Vampire mehr, bis auf einen, und der war anders. Er war der Herr.
    Und zu Beginn dieser neuen Nacht, des fünfzehnten Sonnunters im Neuen Zeitalter der Sternseite, hatte der Herr Lardis Lidesci bestellen lassen, dass er ihn in seinem Haus im Garten hoch über den felsigen Ebenen der Sternseite aufsuchen möge.
    Lardis war ein Traveller-König, der Anführer eines Szgany-Stammes der Sonnseite. Er war klein, gebaut wie ein Fass, und seine langen Arme verliehen ihm etwas Affenartiges. Sein strähniges, schwarzes Haar umrahmte ein zerfurchtes, verwittertes Gesicht mit einer platt gehauenen Nase und einem breiten Mund voller kräftiger, unregelmäßiger Zähne. Unter den buschigen Brauen zeugten Lardis’ braune Augen von der Gewandtheit seines Verstandes, und trotz seiner untersetzten Gestalt war er auch körperlich gewandt. Jawohl, er war ein Szgany, und man sah es schon von Weitem.
    »Szgany«: Tatsächlich hatte das Wort zwei Bedeutungen. Die Trogs von Sternseite, Neandertaler, die in Höhlen lebten, nannten sich ebenfalls Szgany. Für sie bedeutete es die Gehorsamen – gehorsam gegenüber den Wamphyri. Was den Ursprung der Bedeutung betraf, die die Traveller dem Wort beimaßen, so war dieser vom Mantel der Vergangenheit bedeckt. Wenn die Zigeuner es benutzten, ohne sich dabei auf die Trogs zu beziehen, beschrieb es sie selbst und ihre Lebensweise am besten: Kesselflicker, Musikanten, Zufluchtsuchende (häufig in Höhlen ähnlich den Behausungen der Trogs), wandernde Metallhandwerker, verwunschenes Volk: Szgany.
    Traveller. Wanderer. Oh ja, vor noch nicht allzu langer Zeit hatte es mehr als genug Gründe für das Nomadendasein der Zigeuner gegeben! Jeder einzelne davon war monströs gewesen und hatte die aus Stein und Knochen errichteten Festen der Wamphyri bewohnt! Doch die Wamphyri gab es nicht mehr.
    Es war schon sonderbar. Lardis hatte sich noch nicht daran gewöhnt: Zum fünfzehnten Mal senkte sich nun die Sonne seit der großen Schlacht, und noch immer erschauerte er und sehnte sich nach den nebelverhangenen Tälern, baumbestandenen Hängen und Wäldern der Sonnseite. Hinter den Bergen herrschte Dämmerlicht und die wahre Dunkelheit war noch viele Stunden entfernt. Reichlich Zeit, um in dem einen oder anderen der zahlreichen verzweigten Höhlenlabyrinthe Zuflucht zu suchen und dort das Verstreichen der Nacht abzuwarten, bis ... Doch nein, all das war Vergangenheit. Dennoch musste Lardis sich erneut ermahnen: Narr! Das Joch ist aufgehoben. Die Szgany sind frei!
    Auf dem Weg durch den Garten blieb Lardis kurz stehen und blickte zurück, hinauf zu den höchsten Gipfeln. Sie waren jetzt aschgrau, schwarz wie Holzkohle, die unter den heller werdenden Sternen eine blasse, blaugraue Tönung annahm, die dem

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