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Friedo Behuetun 02 - Dunkles

Friedo Behuetun 02 - Dunkles

Titel: Friedo Behuetun 02 - Dunkles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommie Goerz
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Fernseher jagten sich Autos. Die Frühlingsrolle kam, da klingelte sein Telefon. Weit nach zwölf. Wer rief ihn denn jetzt noch an? Hoffentlich kein Notfall!, dachte er sich und sah aufs Display. Er wollte jetzt in Ruhe ein Bier trinken und eigentlich nur für sich sein. Hocken, einfach dahocken. Dahocken und glotzen, das tat manchmal richtig gut. Jaczeks Nummer. Das musste etwas Wichtiges sein, wenn der so spät noch anrief. Oder er hatte sich wieder einmal in der Zeit verloren und keinen Plan, wie viel Uhr es war. Bei Jaczek konnte das schon einmal vorkommen. Oder er dachte über irgendetwas nach und ging davon aus, der andere müsse gerade über dasselbe nachdenken. Behütuns ließ ihn noch zweimal klingeln, vom Nebentisch schauten sie schon. Er kannte diesen Blick, weil er ihn selbst öfter aufsetzte. Dann nämlich, wenn irgendwelche Wichtigtuer ihr Handy klingeln ließen. Erst ewig in irgendeiner Tasche, bis sie es endlich umständlichst und langwierig hervorkramten, um dann auch noch ewig aufs Display zu schauen, als ob sie einen Roman lesen müssten, sich dabei, wenn sie ganz penetrant waren, auch noch einmal gründlich umschauten, ob denn jetzt auch wirklich jeder gesehen und mitgekriegt habe, dass sie ein Handy hatten und auch nochangerufen wurden, was ja noch viel bedeutungsvoller war – und diese Figuren vor allem vor sich selbst so immens wichtig machte –, sich anschließend erst einmal lauthals meldeten und dann mit von sich gestrecktem – raumgreifendem! – Ellenbogen mit unheimlicher Wichtigkeit die allergrößten Banalitäten besprachen. Dass sie jetzt dort seien, wo sie waren, und weiß der Geier was. Doch diesmal musste er das Handy einfach noch zweimal klingeln lassen, abwarten, ob Jaczek bemerkte, wie spät es schon war. Bemerkte der aber nicht. Oder es war eben wichtig.
    »Ja?«, meldete sich Behütuns. »Oder besser: guten Morgen!«
    »Chef, sorry, dass ich anrufe«, kam es aus dem kleinen Ding. Oben crashten gerade zwei Autos, schleuderten über die Straße, und Funken stieben in langen Spuren durch die Gegend. Billiger Film. Jaczek war sich wohl dessen bewusst, wie spät es war.
    »Aber ich hatte gerade einen Gedanken.«
    »Ja?«
    »Zu dem Auto.«
    »Ja?« Konnte der nicht einfach auf den Punkt kommen, wenn er schon so spät anrief? Konnte Jaczek nicht. Und strafte Behütuns sofort Lügen, denn er sagte:
    »Wenn einer so ein Auto klaut, also nicht irgendeines, sondern so einen Pick-up, dann einen Unfall baut …«
    Kannte Behütuns diesen Gedanken nicht schon? Hatte er den nicht schon irgendwann einmal gehört? Er versuchte sich zu erinnern. Nichts.
    »… und dann das Auto, weil es ja geschrottet ist, entsorgt, also anzündet …«
    Unglaublich, wie präzise Jaczek sein konnte. Ob das an der Nacht lag? Immerhin war Jaczek ein ausgesprochener Nachtmensch, dieser Ruf ging ihm nach. Das war wohl seine Tageszeit. Nachtzeit. Nein, Tageszeit, auch wenn es nachts war. Deutsch ist schon manchmal eine komische Sprache, dachte Behütunsund vervollständigte Jaczeks Gedanken, denn er kannte ihn. Er wusste nur nicht woher. Der Gedanke war nur plötzlich da.
    »… dann hatte der irgendetwas vor mit dem Auto. Und hat es, also das, was er vorhatte, abgebrochen, weil etwas dazwischengekommen ist. Der Unfall mit dem Mädchen. Und …«, jetzt machte Behütuns eine kurze Pause, um Jaczeks Verblüffung auszukosten. Gemein eigentlich, dachte er sich und kürzte die Pause ab. Ob Jaczek es überhaupt gemerkt hatte? Fast wünschte er sich, dass nicht. Denn eine Gemeinheit war eigentlich fehl am Platz, »… dann wird er es vielleicht wieder tun. Also wieder ein Auto klauen, so ein Auto. Weil er genau so einen Wagen braucht für das, was er vorhat.«
    Jaczek schien baff. Auf jeden Fall schwieg er. Behütuns aber achtete nicht auf das Schweigen. Er dachte vielmehr darüber nach, woher er diesen Gedanken schon gekannt hatte. Das konnte noch nicht lange her sein, dass er den gedacht hatte. Aber wann? Und wo? Und warum hatte er ihn dann vergessen? Es scheint, dass ich alt werde, dachte er. Zu blöd aber auch.
    »Jaczek? Bist du noch dran?«
    »Hmm«, grummelte es auf der anderen Seite.
    »Jaczek, super kombiniert, wirklich. Und danke!« Das kam ehrlich. »Und vor allem danke, dass du angerufen hast. Weißt du, das ist zu blöd … aber ich hatte den Gedanken auch schon … oder eigentlich nicht …« Behütuns stammelte. »Also, als du ihn erzählt hast, kam er mir sofort wieder. Ein Déjàvu irgendwie. Hatte ihn

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