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Friesengold (German Edition)

Friesengold (German Edition)

Titel: Friesengold (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Flessner
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und Konquistador hinterlassen hatte. Greven hoffte, dass die Zeit auch diese Spuren von ihnen nehmen würde. Doch dazu mussten die beiden erst noch den Prozess gegen den Grafen überstehen, über dessen Ausgang es nicht viel zu spekulieren gab. Spekulieren ließ sich dafür umso ausgiebiger über den Stoff, der noch immer Träume gebar.
    »Und der Adler ist wirklich unauffindbar?«, fragte Mona.
    »Spurlos«, bekräftigte Greven. »Wobei nicht einmal geklärt ist, ob ihn Thalke wirklich ausgetauscht hat. Schlimmer noch. Da die Echtheitsprüfung vor gut zehn Jahren offenbar nur sehr oberflächlich und halbherzig ausgefallen ist, wissen wir noch nicht einmal, ob der 1929 gefundene Vogel echt war.«
    »Wir wissen also nichts?«, fragte Annalinde.
    »Wie so oft im Leben«, kommentierte Mona.
    »Und was ist mit dem übrigen Schatz?«
    »Nur die Broschen sind echt. An die hat sich Onken nicht getraut. Der Rest besteht aus Fälschungen«, erklärte Greven.
    »Was den Besucherzahlen im Schloss keinen Abbruch tut«, wusste Sophie. »Abbo hat mir erzählt, dass sogar mehr Leute kommen als im Sommer. Und da die Einnahmen des Museums zum Teil auch in die Apanage einfließen …«
    »… haben auch die Erben etwas davon. Außer Folef natürlich«, sagte Greven.
    »Und noch jemand hat etwas von der ganzen Sache«, sagte Sophie und erhob ihr Glas. »Denn Abbo hat mir auch noch erzählt, dass bereits zwei Privatdetektive ihre Hilfe bei der Suche nach dem Adler angeboten haben. Gegen eine angemessene Beteiligung, versteht sich.«
    »Es werden nicht die letzten Goldsucher bleiben«, meinte Greven. »Diesem Traum ist nicht so leicht beizukommen.«
    » All that we see or seem, is but a dream within a dream «, zitierte Annalinde ihren Lieblingsautor Edgar Allen Poe.
    «Es wird sich also nichts ändern an der Geschichte des Friesengolds«, fügte Greven hinzu. »Auch in Zukunft werden Reisende und Suchende berichten, das Gold irgendwo gesehen haben. In einem der fünfunddreißig Emder Bunker, im Schlossgraben von Schloss Aldenhausen oder am Hof Balthasars von Esens.«
    »Zum Wohl!«
    »Auf das Leben!«

 
     
     
     
    32
     
    Die Augen waren kalt und glommen doch. Aber nur für denjenigen, der den Blick des Adlers verstand, der seinen wahren Wert erkannte, der seine wahre Geschichte kannte, der sein Leben spürte.
    Seine Hand zitterte, als er das Gefieder des Vogels streichelte, nicht etwa, weil er es nicht gewohnt war, sondern weil er alt war. Das Streicheln war ein tägliches Ritual, das er vor vielen Jahren eingeführt hatte, ohne sich noch an das genaue Datum erinnern zu können. Er liebte den Adler, der Freiheit versprach. Friesische Freiheit. Seine Freiheit. Nur zeigen konnte und durfte er ihn keinem. Das wäre das Ende der Freiheit, das Ende des täglichen Rituals, das Ende des wortlosen Zwiegesprächs mit dem goldenen Vogel gewesen.
    Auf dem Tisch lagen die Zeitungen, die über den Adler berichteten. Nicht über seinen Adler, über einen anderen, über einen falschen, über einen, mit dem man keinen Kontakt aufnehmen konnte.
    Wieder glitt seine zittrige Hand über Kopf und Schultern des schweren Vogels, den er niemals aus der Hand geben würde, nicht für Geld, nicht für sein Leben.
    »Hallo, mein stolzer Adler«, sagte er und sah dem Tier in die Augen.
    »Hallo, mein stolzer Mann«, sprach der Adler.
     
    ***
     

Dr. Bernd Flessner , geboren 1957 in Göttingen, studierte Germanistik, Theaterwissenschaft und Geschichte in Erlangen, ist freier Schriftsteller und Publizist, Lehrbeauftragter am Institut für Germanistik der Universität Erlangen-Nürnberg, Mitglied der Forschervereinigung Netzwerk Zukunft e.V., schreibt u.a. für die Neue Zürcher Zeitung, Kursbuch, Zukünfte, mare – Die Zeitschrift der Meere .
    Im Leda-Verlag erschienen außer etlichen Kurzgeschichten in verschiedenen Anthologien der Erzählband Lemuels Ende , dessen Titelgeschichte für den Kurd-Laßwitz-Preis nominiert wurde, und die Kriminalromane Die Gordum-Verschwörung, Greetsieler Glockenspiel und Knochenbrecher sowie die von Peter Pabst illustrierten Kinderbücher Lükko Leuchtturm und das Rätsel der Sandbank und  Lükko Leuchtturm und die geheimnisvolle Insel sowie das  von Ludger Abeln gelesene Hörbuch Weihnachten mit Lükko Leuchtturm .
    Friesengold ist der vierte Fall für Hauptkommissar Greven.
     

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