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Friesenschnee

Friesenschnee

Titel: Friesenschnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Sprechblasen der Berichterstattung ergründen zu können. Auf der Wetterkarte hatte sie gerade noch mitbekommen, dass das zuletzt noch herrschende heiße Spätsommerwetter von einer Regenfront abgelöst werden sollte.
    Das war ihr ziemlich egal, denn wie früher hatte sie mit Claudi alle Beziehungskisten genüsslich durchgequatscht, schließlich war sie immer ihre beste Freundin gewesen.
    Als sie noch gemeinsam an der Kieler Uni studiert hatten, da waren sie oft im Doppelpack in die Nacht gezogen und hatten jedem Schnacker seine Grenzen aufgezeigt. Zugenickt hatten sie sich immer bei den Männern, bei denen es irgendwie passen könnte.
    Ihr letztes Nicken Claudi gegenüber bedauerte sie allerdings heute noch abgrundtief, denn das hatte in der Konsequenz bei ihrer Freundin einen dicken Bauch verursacht, der sie in die Ehe getrieben hatte. Nein, Claudis Mann war beileibe kein Flachwilli. Er sah sogar recht manierlich aus und hatte ausgesprochen gute Umgangsformen.
    So hatte das Schicksal unabwendbar seinen Lauf genommen: Claudi wohnte jetzt, unerreichbar für sie, weit hinter Elmshorn an der Westküste in einem frisch bezogenen Reihenhaus.
    »Mensch, Kerstin, wie lange kennen wir uns nun schon? Wach doch endlich auf! Du kannst dir überhaupt nicht vorstellen, wie schön ein Familienleben sein kann. Anstatt mit deinem Jock um diesen blöden Wasserturm herumzulaufen kann ich mich von morgens bis abends mit dem kleinen Timmi beschäftigen.«
    Kerstin ärgerte sich. Was hatte Claudi gegen Jock? Sie wurde giftig. »Was ist denn auf einmal in dich gefahren?
    Du wolltest doch früher am liebsten die männlichen Wesen um dich herum festbinden, damit sie Tag und Nacht nur für dich da sind. Was hat dich so verändert?«
    Es blieb eine Zeit lang still am Telefon, bevor ihre Freundin die passende Antwort formuliert hatte. »Gut, meine liebe Kerstin, vielleicht hätte ich tatsächlich von meinem Mann manchmal ein wenig mehr, aber wer auf der Welt kann schon alles haben? Meinen kleinen Timmi kann mir keiner mehr nehmen, und letztendlich verwalte ich die Konten auf der Bank.«
     
    Dieser neue, harte und Männer verachtende Ton ihrer Freundin erschreckte Kerstin. Ihr wurde schmerzhaft bewusst, dass sie inzwischen von Claudi weitaus mehr trennte als verband.
    Nicht dass Kerstin der Ansicht war, dass Männer das bessere Geschlecht wären. Aber so ganz ohne Männer wäre ihre Freundschaft langweilig gewesen. Das Salz in der Suppe sozusagen. Bis jetzt war ihr zwar noch nicht der Richtige vor die Füße gelaufen. Aber auf lange Sicht einen verliebten Prahlhans in die Sackgasse zu treiben und auszunehmen, das war auch kein überzeugender Lebensentwurf.
     
    Kerstin bohrte nach. »Claudi, du liebst ihn doch, oder?«
    Es blieb erschreckend lange still am Telefon, bis Claudis entwaffnende Antwort kam. »He, Kerstin Kramer. Geht es dir denn etwa besser als mir?«
    Bevor sich Kerstin entrüsten konnte, stupste sie ihr kleiner Cockerspaniel mit seiner feuchten Nase an ihre Beine. Sie blickte kurz zum Fenster. Dunkel war es inzwischen draußen geworden, und es war höchste Zeit, jetzt mit Jock Gassi zu gehen. So hatte Kerstin zumindest einen triftigen Grund, das unergiebige Gespräch mit einem kurzen Gruß abzuwürgen.
    Sie ärgerte sich jetzt, dass sie sich mit Claudi festgeschnackt hatte, denn ansonsten zog sie stets vor den Nachrichten mit Jock los, damit sie vor Beginn der Dämmerung in die Wohnung zurückkehren konnte.
     
    Als sie die Hundeleine in die Hand nahm, begann Jock aufgeregt vor der Wohnungstür zu rotieren. Sie leinte ihn an, und dann zog ihr kleiner Hund sie schon hechelnd die Treppen hinunter. Sie öffnete die Haustür und ließ ihn an der langen Leine geduldig einige Markierungen im kleinen Vorgarten setzen. Es war für einen Spätsommerabend ungewöhnlich dunkel, und zudem nieselte es etwas. Nur wenige Menschen belebten an diesem Abend die Hansastraße. Die geschlossene Wolkendecke verhinderte jeglichen Lichteinfall vom Himmel, aber immerhin war es nicht kalt. Es war erstaunlich, wie dramatisch der bevorstehende Herbst die Tage verkürzte.
    Kerstin zog den unwilligen Jock zu sich, der bereits zum Ravensberg strebte, an dem er am liebsten seine Geschäfte verrichtete. Sie überquerte mit ihm die Fahrbahn, weil der Sandweg vor der Tennisanlage mit den vielen kleinen Büschen und den tausendfachen Markierungen für Jock die erste Vorstufe zum Paradies war. Kerstin liebte es nicht besonders, im Dunkeln zu gehen, obwohl sie

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