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Friesenschnee

Friesenschnee

Titel: Friesenschnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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sitzender Helge dagegen wendete sich zur anderen Seite ab. Nicht einmal einen letzten Gruß hatte er ihr mehr entboten. Das tat weh.
    Als das Fahrzeug entschwunden war, verabschiedete sich Jenny Muschelfang auf ihre eigene leise Art und Weise endgültig und unwiderruflich von Helge. Es war zunächst nur ein Flüstern von ihr. »Farewell, Stuhr.« Dann zog sie ihr Handy hervor und löschte mit gepressten Lippen seine Nummer im Speicher.
    Es tat weh.
     
     
     
     

Heimschuss
    Immer wieder nahm Dreesen ungläubig die Kopie des Briefes aus Stuhrs Personalakte in die Hand und studierte das folgenschwere Dokument. So etwas hatte er noch nicht gesehen.
    Eigentlich war Stuhr früher kein schlechter Vorgesetzter gewesen. Natürlich hatte er anfangs wie alle anderen Kollegen aus dem höheren Dienst Flausen im Kopf gehabt und gedacht, dass alle nach seiner Pfeife tanzen würden. Diesen Zahn hatte ihm Dreesen gezogen. Schließlich gehört er als Oberamtsrat der obersten Kaste des gehobenen Dienstes an, und da lässt man sich nicht so schnell die Butter vom Brot nehmen.
    Er musste Stuhr nur zwei-, dreimal auflaufen lassen, indem er sich aus dienstlichen Gründen weigerte, Finanzmittel abfließen zu lassen. Das erzeugte Stress in der Staatskanzlei. Machtlos durfte Stuhr mit ansehen, wie Dreesen mit dem Haushälter lautlos alles genauso regelte, wie er es von Anfang an wollte.
    Im Kollegenkreis gab es durchaus härtere Fälle. Wenn bei denen die dienstlichen Mittel versagten, dann gab es als erstes Rezept den Dienst nach Vorschrift. Man musste zwar die Zeit im Büro absitzen, aber man tat nichts mehr für seinen Vorgesetzten.
    Zeigte dieses Mittel keine Wirkung, dann folgte der für Vorgesetzte kaum einsehbare Zeitausgleich.
    Natürlich war es hart, die Stunden dafür anzusparen. Man musste früh einstempeln, und da sich bis 9 Uhr in der Staatskanzlei wenig regte, gab es keine Kaffeerunden, in denen man die Zeit totschlagen konnte. Mühsam musste man sich mit Sudoku und Kreuzworträtseln die Zeit bis zum Frühstück vertreiben.
    Wenn um fünf die Kollegen gingen, dann konnte einem abends die Zeit ebenfalls recht lang werden. Nicht immer gelang es, sich in knackige dienstnahe Aufgaben wie den Lohnsteuerjahresausgleich oder die Beihilfeabrechnung zu vertiefen. Dafür konnte man aber die Stunden geballt einsetzen, um fortzubleiben, wenn der Vorgesetzte einen dringend benötigte.
    Im äußersten Notfall half nur noch die Krankschreibung auf Knopfdruck. Man musste dazu einen Arzt in petto haben, der einen zuverlässig krankschrieb. Wenn der Chef einen brauchte, war man nicht da. Basta. Ganz legal.
    Das brachte jeden Vorgesetzten zur Verzweiflung, der sich nun alleine mit dem Haushälter auseinandersetzen musste. Wenn diese beiden sich ohne einen Mittler wie ihn zusammensetzten, dann herrschte nämlich meist ein babylonisches Sprachwirrwarr.
    Inhaltliche Sacharbeit und Haushaltsvollzug, das war der Zusammenprall fremder Kulturen. Man bewegte sich in anderen Welten. Dreesen verstand von beiden nichts, aber er konnte wenigstens übersetzen.
    Das hatte Stuhr schnell begriffen, und so hing zu jedem dienstlichen und privaten Anlass eine dekorative Tüte mit einer Flasche edlen Weins an Dreesens Türgriff.
     
    Sie hatten sich im Großen und Ganzen gut verstanden. Umso mehr tat Dreesen weh, was er jetzt lesen musste. Schließlich überwand er sich und wählte Stuhrs Nummer.
     
    Es dauerte eine Weile, bis der sich meldete. Wie immer schien er mit seinen Gedanken woanders zu sein. »Jenny, bist du es? Ich rufe gleich zurück. Ich bin hier noch…«
    Dreesen unterbrach ihn barsch, denn er hatte wenig Lust, irgendwelche Dinge über Jeanette Muschelfang anzuhören, und meldete sich offiziell. »Staatskanzlei. Oberamtsrat Dreesen am Diensttelefon. Grüß dich, Stuhr. Ich habe eine wichtige Mitteilung für dich.«
    Es blieb eine Zeit lang still am anderen Ende der Leitung, bis sich Stuhr wieder meldete.
    »Tut mir leid, Dreesen, aber ich bin gerade bei der Kripo und noch ein wenig durcheinander. So, jetzt bin ich im Freien. Was gibt es denn?«
    »Was es gibt? Sag mal, Stuhr, spinnst du? Erst überschüttest du mich mit Aufträgen, und dann fragst du, warum ich dich anrufe?« Dreesen war verärgert.
    Schlagartig wurde Stuhr freundlich. »So habe ich das nicht gemeint. Ich bin nur ein wenig verwirrt. Ich habe eine lange Nacht gehabt gestern, Forstbaumschule.«
    Dafür konnte Dreesen Verständnis aufbringen. »Na, hoffentlich hat dir Jenny dafür

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