Friesenschnee
den Sie zitieren, der hat immerhin Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Sie eingelegt. Zu Recht übrigens, meiner Ansicht nach, denn er trägt Verantwortung für seine Patienten. Es tut mir aufrichtig leid, aber wenn Sie nicht endlich so agieren, wie ich es mir wünsche, dann kann ich Sie nicht mehr schützen, Hansen. Ich muss Sie dann endgültig aus dem operativen Geschäft herausnehmen.«
Damit hatte Hansen nach dem Disput mit dem Oberarzt bereits gerechnet. Aber das würde noch nicht das Ende der Fahnenstange sein, so wie er Magnussen einschätzte. Fieberhaft überlegte Hansen, worauf Magnussen eigentlich hinauswollte. Den eigentlichen Trumpf schien er noch nicht gezogen zu haben. So gab sich Hansen zunächst cool.
»Nun, Chef, wenn es denn so sein soll, dann wird an meinem Arbeitsplatz vermutlich zu keiner Zeit ein Lämpchen mehr leuchten, dann ziehe ich mich eben zurück.«
Es blieb eine Zeit lang still am anderen Ende der Leitung. Vermutlich hatte Magnussen mit dieser Reaktion nicht gerechnet. Die Folgerungen, die Magnussen daraus zog, taten Hansen weh.
»So, so. Fahnenflucht also. Haben Sie nicht irgendwann einmal einen Eid auf unser Bundesland geschworen?«
Kommissar Hansen ärgerte sich über diese Einlassung. So rutschte ihm eine Antwort raus, die er normalerweise so nie geäußert hätte. »Ja, das habe ich, aber nicht auf Arschlöcher wie diesen Oberarzt und andere, sondern auf unseren demokratischen Staat.«
»Arschlöcher wie diesen Oberarzt und mich, richtig?«
Ja, genauso war es, aber wenn er das zugab, dann gab es für ihn kein Überleben in der Dienststelle mehr. Hansen überlegte krampfhaft, wie er Magnussens Replik begegnen könnte.
Wer nur könnte Magnussens erstes Feindbild darstellen? An dieser Stelle galt es einzuhaken. Vor dieser Pressetante schien er am meisten Angst zu haben. Folglich musste Hansen gegen Petra Bester schießen, um dienstlich zu überleben.
»Nein, Herr Magnussen. Ich meinte Arschlöcher wie diesen Oberarzt und die Bester von der Kieler Rundschau. Die graben uns das Wasser ab, damit wir nicht mehr ordentlich ermitteln können.«
Magnussen wurde zugänglicher. »Verehrter Hauptkommissar Hansen. Sie mögen recht haben, aber ich würde nicht so schlecht über unsere Frau Bester sprechen, denn auf die Hilfe dieser Dame sind wir angewiesen. Das möchte ich ungern am Telefon erörtern. Kommen Sie bitte kurz hoch zu mir, wir sollten das gemeinsam taktisch angehen.«
Dieses Mal war Hansen dankbar für die kurze Unterbrechung. Während er die Stufen zur Direktionsetage erklomm, grübelte er darüber, wieso Magnussen nicht mehr gegen die Bester schießen wollte. Er rauschte durch das Vorzimmer, an dem aufgeschreckten Fräulein Schönerstedt vorbei, direkt in das Direktionszimmer, in dem ihm Magnussen nicht unfreundlich einen Platz am kleinen Besprechungstisch zuwies. Dann setzte sich sein Chef dazu. Suchte er wieder seine Nähe?
»Ich weiß, Hauptkommissar Hansen, Sie wollen immer nur das Beste für uns. Aber manchmal muss man auch mit politischem Kalkül vorgehen. Deswegen habe ich mit Frau Bester einen Deal eingefädelt.«
Ungläubig blickte Hansen seinen Chef an. »Einen Deal mit der Bester? Bei der müssen Sie nach jedem Handschlag ihre Finger abzählen.«
Magnussen lachte tatsächlich kurz. Dann kam er zur Sache. »Nein, das musste ich nicht. Der Deal war fair. Der Kollege Kramer wird rehabilitiert, und Sie berichten ihr schonungslos alles, was Sie bisher in Erfahrung bringen konnten. Frau Bester hat uns dafür die Adresse eines Dealernestes in Kiel übergeben.«
Hansen pfiff durch die Zähne. »Mein Gott, wie haben Sie das denn mit der hinbekommen? Die geht doch so gut wie nie in Vorleistung.«
Magnussen erhob scheinbar erschrocken die Arme. »Um Himmels willen, nennen Sie es meinetwegen Waffenstillstand. Überrascht es Sie denn wirklich?«
Hansen verneinte, denn natürlich war ihm klar, dass offenbar ein Kuhhandel zwischen den beiden getätigt worden war. Er ahnte natürlich, dass vermutlich er selbst die Kuh sein könnte, die zum Schlachthof getrieben werden würde. Der Vorteil für die Kieler Kripo blieb ihm allerdings verborgen. So fragte er vorsichtig nach. »Vermutlich hat die Dame bisher weitaus mehr in Erfahrung bringen können als wir, oder?«
Magnussens Stimme wurde wieder knorriger. »Richtig, Hansen. Doch Frau Bester benötigt dringend eine höhere Auflage und unsere Polizeidirektion unbedingt ein positiveres Image. Sie werden jetzt mit dem
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