Friesenschnee
bereits ein munteres Gespräch über Ihren fehlgeschlagenen Auftritt im Krankenhaus geführt haben. Herzliches Beileid, kann ich nur beipflichten.«
Hansen war nicht in der Stimmung, großartig mit Zeise zu diskutieren. Er entschloss sich, das Gespräch besoldungsgemäß von oben nach unten herunterzutreten. »Danke sehr für Ihr Mitgefühl, Kollege Zeise. Folgt da noch der übliche Aktenschwall, oder war das lediglich eine private Einlassung von Ihnen?«
Jetzt drängte sich Zeise wie ein befreundeter Spion dicht an ihn heran. »KoHa, verstehen Sie denn keinerlei Spaß mehr? Sie müssen doch gemerkt haben, dass ich Ihnen immer schon zugetan war. Woher rühren denn nur Ihre Zweifel?«
Das Treten schien geholfen zu haben, denn Zeise suchte nun den Schulterschluss. »KoHa, ich bin ehrlich zu Ihnen. Ich selbst war leider bei dem Telefonat nicht zugegen, das habe ich nur dienstprivat von Fräulein Schönerstedt erfahren. Sie wissen doch, die freundliche Vorzimmerkraft von Magnussen. Sie ist mir zugetan.«
Das hatte Kommissar Hansen am letzten Bierabend mit Fingerloos mitbekommen. Er musste an den Spruch von Fingerloos denken. ›Wenn linker und rechter Bettpfosten zusammenarbeiten, Hansen, dann hast du keine Chance mehr, wenn du die Spielchen nicht mitspielst und dich taktisch nicht richtig verhältst.‹
Recht hatte Fingerloos, denn schließlich war zu vermuten, dass Zeise durch den linken Bettpfosten von allem Kenntnis hatte, was bei Magnussen über den Schreibtisch lief. Solche Quellen durfte man nicht versiegen lassen, und so nickte Hansen seinem Büroleiter freundlich zu.
Das nahm Zeise zum Anlass, vertraulich zu werden. »Unter uns. Fräulein Schönerstedt hat mir versichert, dass es für Sie langsam Zeit für einen Blattschuss wird. Wenn Sie Ihr Wild nicht kurzzeitig auf die Strecke bringen, dann soll es in Windeseile wieder hoch zum Chef gehen. Dieses Mal für Sie allerdings in die Folterkammer, das hat mir Fräulein Schönerstedt mit verängstigtem Blick gesteckt. Ich musste sie trösten.«
Das nachfolgende breite Grinsen von Zeise kam nicht ganz unerwartet, und die in den Mundwinkeln prangenden Goldzähne strahlten einen seltsam verborgenen Glanz aus.
Für Hansen war es nichts Neues, doch erstaunlich war es schon, dass ausgerechnet Zeise ihm das steckte. Diplomatisch verabschiedete er sich mit einem knappen Schulterklopfen von seinem Büroleiter. »Waidmannsdank, und einen freundlichen Gruß für die Warnung an das verehrte Fräulein Schönerstedt.«
Hansen wählte den Nebeneingang in die Direktion, und während er die Treppen hochhastete, versuchte er zu vermeiden, sich die Liaison der beiden näher vorzustellen. Er war froh, endlich wieder auf seinem vertrauten Sessel im Büro Platz nehmen zu können, bis ihm drei Rückrufgesuche von Magnussen aus den letzten zehn Minuten auf seinem Telefondisplay die Suppe versalzten.
Hansen nahm sich eine kurze Verschnaufpause, bevor er notgedrungen die Rückruffunktion drückte. Keine Sekunde später hatte Magnussen abgenommen, er musste auf seinen Anruf geradezu gelauert haben.
»Hauptkommissar Hansen, schön, noch einmal Ihre Stimme zu hören. Sie waren bei der Kramer zum Verhör, wie ich vernommen habe. Ich hoffe doch, dass Sie nach unserer kleinen Unterhaltung heute Morgen bei der jungen Dame alle Register der Verhörkunst gezogen haben.«
Hansen konnte sich nicht verkneifen, am Hörer Fratzen zu schneiden, anstelle von dem erfolglosen Besuch im Krankenhaus zu berichten. So ging der freundliche Teil des Gesprächs rasch in ein Wortgefecht mit Magnussen über. Der Polizeidirektor behielt die Überhand.
»Nun gut, Chief-Superinspector Hansen. Schade, dass Sie das vertrauliche Gespräch mit mir nicht mehr suchen. Meinerseits kann ich Ihnen versichern, dass wenigstens meine Informanten mir noch vertrauen. Warum verprellen Sie mit Ihrer Besserwisserei immer wieder ausgerechnet die Menschen, auf deren Hilfe wir angewiesen sind?«
Hansen wurde deutlich, dass er beim Polizeidirektor diplomatischer agieren musste, um dieses Spielchen zu überleben. »Sie spielen bestimmt auf diesen überkandidelten Oberarzt an, der unerwartet seine Hand schützend über Kerstin Kramer gelegt hat. Gegen die von ihm neu attestierte Vernehmungsunfähigkeit komme ich mit keinem polizeilichen Mittel an, das wissen Sie doch besser als ich.«
Erstaunlicherweise blieb Magnussen gelassen. Zu gelassen für Hansens Geschmack, und die Retourkutsche folgte sofort. »Nun, dieser Oberarzt,
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