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Friesenschnee

Titel: Friesenschnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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andere Richtung lenkte, so war die Tatsache nicht zu verdrängen, dass sich ein hünenhafter Kahlkopf mit einer furchterregenden Narbe auf der linken Wange an seinen Kumpanen vorbei nach vorne drängelte, um seinem Chef ein Stilett und eine Tätowiernadel hinzuhalten. »Hier, Präsi. Ganz frisch mit Siedlerbowle desinfiziert.«
    Olli gefror das Blut in den Adern, und das war nicht nur durch die Angst vor einer Blutvergiftung begründet. Wollten sie ihm etwa eine Tätowierung aufzwingen? Panisch drehte er sich um. Pimmel war jedoch weit und breit nicht zu sehen.
    Als Olli sich zu den Hualewjonken zurückdrehte, erschrak er, weil der Präsi inzwischen das Messer in die Hand genommen hatte und an der scharfen Spitze mit der Zunge leckte. In der verharrenden Bewegung konnte er bei ihm auf dem Handrücken eine kleine Tätowierung entdecken, die der Tätowierung von diesem Hans-Harald aus dem Tanzcafé Mondragon glich. War der ein Komplize von Pimmel? Hatte es ihn hier genauso unerwartet und unverdient erwischt?
    Weitere Gedanken konnte Olli aber nicht mehr verschwenden, denn der Präsident ritzte nun seine Handoberfläche mit dem Messer ein. »Wir beginnen zunächst mit unserer Blutsbrüderschaft. Die wird anschließend mit dem Tattoo der Hualewjonken auf dem Handrücken besiegelt. Wird Zeit, dass du ein schönes Muster auf deine Tapete bekommst. Dann bist du einer von uns.«
    Ohne weitere Nachfrage ergriff er Ollis Hand und schickte sich an, dessen Haut ebenfalls einzuritzen. Gerade, als sich das Messer auf Ollis Handrücken senken wollte, mischte sich Pimmel schreiend vom Eingang des Ringwalls in das Ritual ein.
    »Was soll das denn, ihr Deppen? Seid ihr denn verrückt geworden? Olli ist Hamburger, das habe ich euch doch vorhin gesagt. Er ist ein Kumpel von der Schanze. Lasst ihn in Ruhe. Müsst ihr denn jeden Mist wiederholen?«
    Der Präsi schien seinerseits gepestet zu sein, denn er bellte Pimmel an. »Selber Depp. Woher sollen wir denn wissen, dass die Schanze in Hamburg liegt?« Daraufhin wandte sich der Präsi verhältnismäßig entspannt zu Olli und gab enttäuscht Entwarnung. »Tut mir leid, Olli, aber das mit dem Tätowieren geht wirklich nicht, nicht einmal mit unserem kleinen Tattoo auf deiner Hand. Traditionsvereine haben eben ihre Prinzipien. Man muss wenigstens mit einem halben Bein Föhrer sein, um zu den Hualewjonken gehören zu können.«
     
    Erleichtert nickte Olli, aber verstehen tat er es nicht. »Mit einem halben Bein?«, fragte er vorsichtig nach.
    Pimmel übernahm jetzt die Antwort, während der Präsi bedauernd dem grobschlächtigen Kahlkopf seine Utensilien zurückreichte. »Mit einem halben Bein Föhrer bedeutet, dass du auf der Insel lebst, aber nicht hier geboren bist.«
    Olli nickte verständig. Er war heilfroh, dass ihn diese Regularie vor der Zwangstätowierung behütet hatte.
    Pimmel lenkte die Aufmerksamkeit wieder auf das Geschäftliche. »Jetzt ist aber Schluss mit dem Kinderkram, Präsi. Hast du die neue Lieferung für mich mitgebracht?«
    Der Präsi bleckte jetzt stolz seine verfaulten Zähne wie ein wiehernder Ackergaul. »Hast du denn auch die Knete für uns mit?«
     
    Vorsichtig ließ Pimmel seinen Blick über den nächtlichen Rundwall schweifen, um sich zu vergewissern, dass sie nicht von Fremden beobachtet wurden. Dann zog er ein dickes Bündel Scheine aus der Tasche und hielt es dem Präsi vor die Nase. »Selbstverständlich. Herr Spahrbier von der Postbank ist wieder einmal zu Besuch. Heute ausnahmsweise höchstpersönlich. Wer wird mir denn den Blick auf den Schnee gewähren?«
    Der Präsi warf Doc einen kurzen Blick zu, der daraufhin in Windeseile aus dem Ringwall hastete. Wenig später kehrte er zurück und händigte Pimmel vier kleine Pakete aus, die in Plastikfolie versiegelt waren. »Friesenschnee, allerbeste Ware.«
    Der Dank von Pimmel an den Doc fiel bescheiden aus, wogegen das Lächeln vom Präsi jetzt zufrieden wirkte. »Hat alles bestens geklappt, Pimmel. Prompte Lieferung, wie immer bei uns. Nun her mit der Knete.«
    Pimmel untersuchte jedoch zunächst skeptisch die Ware, indem er sich vom Doc das mit dem Blut des Präsis verschmierte Messer griff und eines der Päckchen anschnitt. Ein kurzes Abschmecken überzeugte ihn schnell von der Güte des Stoffes. Unverzüglich übergab er daraufhin dem Präsi sein Geldbündel, nicht jedoch ohne einen warnenden Seitenhieb mit erhobenem Zeigefinger. »Beste Qualität, Präsi. Hut ab. Ihr liefert zuverlässig. Ich bin schon

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