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Frisch gemacht!

Frisch gemacht!

Titel: Frisch gemacht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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von der anspruchsvollen Sorte und schreit weiter. Pausen werden nur beim Luftholen gemacht. Klitzekleine Momente, in denen man denkt, ja – geschafft – es ist vorbei. Haha. Von wegen. Reingelegt vom eigen Fleisch und Blut. Schnödes dadada und gutschi gutschi bringen bei Claudia wenig. Vielleicht habe ich auch noch nicht die richtige Frequenz gefunden. Wie doll wollen zehn Wochen alte Mädchen geschaukelt werden? Wie
hoch muss die Stimme sein? »Alles ganz einfach«, sagen Ratgeberbücher, »handeln Sie intuitiv.« Frauen sollen die Intuition ja quasi gepachtet haben. Ich warte bis heute auf meine. Wacht man eines Morgens auf, und sie ist da? Oder gibt es Menschen, die irgendwie immerzu daneben liegen? Menschen, denen es an Intuition fehlt. Die keine haben. Können die was dafür, oder ist es was Erbliches? Wenn man schon keine hat, wäre es schön, wenigstens nichts dafür zu können.
    Claudia schreit weiter.
     
    Ich probiere es mit Nahrung. Bei mir hilft Nahrung immer. Bei guter und bei schlechter Laune. Essen macht ein wundervolles Gefühl. Vorher und währenddessen. Hinterher darf man heutzutage eigentlich ja kein gutes Gefühl mehr haben. Wer isst, wird bestraft. Erst mit dem schlechten Gewissen und dann mit Speckschichten, Ganzkörperröllchen und gehässigen Blicken von Boutiquetussen und anderen, die mühelos in Kleidergröße 158 / 164 passen. Dabei können sie, diese lebenden Zahnstocher in Kindergrößen, ja nur durch uns, Frauen die sich trotz Kleidergröße 38 / 40 oder gar 42 / 44 noch nicht umgebracht haben, ihre Maße wirklich genießen. Ally McBeal-Darstellerin Calista Flockheart sieht neben mir eben mit Sicherheit dürrer aus als neben Gwyneth Paltrow. Die Allys dieser Welt brauchen Frauen wie mich, um dieses herrliche Gefühl der Überlegenheit zu haben. Die Dürren haben uns also sehr viel nötiger als wir sie. Ich weiß das. Aus eigener Erfahrung. Mein früherer Chef war so drall, dass ich Fotos mit ihm geliebt habe. Ich sah neben ihm fast filigran aus. Zierlich, zart und schlank. Herrlich.
    Außerdem wird meine These von einer verlässlichen Quelle untermauert. Linda heißt die Quelle, um genau zu sein. Eine ehemalige Kommilitonin von Christoph. Linda hat mir das nach zwei Gläschen Maibowle mal verraten. Dass fette Frauen sie beglücken. Weil sie ihre Schlankheit so apart unterstreichen. Auf einer Juristenparty war das. Linda wollte schon immer Juristin werden. »Wegen der Gerechtigkeit?«, habe ich sofort beeindruckt gefragt. »Ne«, hat sie mich angestrahlt, »nee, nee, weil die schwarzen Roben so schick sind und Schwarz mich dann ja noch schlanker macht.« Juristin, sage ich nur. Na ja. Ansonsten ist Linda eigentlich nicht unnett. Und eine der wenigen Frauen, die knallhart zugibt, was die Dünnen von den Dicken halten. Wobei »dick« für Linda bei Kleidergröße 40 beginnt. 34 ist erstrebenswert, 36 ist gut, 38 noch okay und 40 asozial. Fett. Und damit widerlich. »Ich wollte so nicht leben«, hat Linda mir mit Blick auf meine Schenkel anvertraut. »Das hat so was Disziplinloses. Was von, na ja, sich nicht im Griff haben. Und das so offensichtlich. Wenn ich du wäre, könnte ich in der Öffentlichkeit keinen Bissen mehr zu mir nehmen.«
    »Iss doch zu Hause, du Zicke«, habe ich gedacht, und im Stillen schon mal durchgerechnet, was so ’ne Frau im Leben noch an Analysekosten zahlen wird. Sie hat es an meinem Blick gesehen. »Mag sein, dass ich einen Totalknall habe«, hat sie direkt zugegeben, »aber den kann ich dafür ärmellos und bauchfrei ausleben.«
    1 : 0 für sie.
     
    Ärmellos und bauchfrei sind Themen, über die ich nicht mal mehr nachdenke. Themen, die von meiner Festplatte
komplett gelöscht sind. Obwohl ich mir nach der Geburt so schlank wie lange nicht vorgekommen bin. Was war ich stolz, als ich im Stehen meine Füße endlich wieder sehen konnte! War leider eine Täuschung, nicht das mit den Füßen, sondern dem Schlanksein. Seitdem ich aus dem Krankenhaus raus bin, trage ich nur noch zwei Dinge. Meinen Jogginganzug und meinen Bademantel. Abwechselnd. Nicht etwa, weil ich schon eifrig am Sporttreiben bin. Nein – weil mir noch nichts anderes wirklich gut passt. Außer den Schwangerschaftsklamotten, aber die habe ich schon alle meiner Schwester vermacht. Meiner Schwester, die natürlich, kaum hatten wir den Kreißsaal verlassen, nachziehen musste. Meine Schwester Birgit hat schon eine Tochter und hätte den schwesterlichen Gleichstand, wir beide mit je einem Kind,

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