Frostglut
Linus, ohne die Bedeutung meiner Bewegung zu erkennen. »Sie bedeuten ihm allerdings sehr viel. Daran dürfen Sie niemals zweifeln.«
Ich nickte wieder und blinzelte gegen die aufsteigenden Tränen an. Alles, was Linus sagte, stimmte – Logan brauchte etwas Zeit und Raum für sich. Es war selbstsüchtig von mir, ihn an meiner Seite haben zu wollen, obwohl er doch derjenige war, der momentan so sehr litt. Trotzdem wollte ich den Spartaner sehen. Ich wollte ihn eng an mich drücken und ihm sagen, dass alles wieder gut werden würde. Ich wollte ihn trösten, wie er mich so oft getröstet hatte. Wieder stieg die Versuchung in mir auf, meine Magie auf Linus anzuwenden, und mein Blick suchte die Hand des Spartaners.
Doch nach einem Moment zwang ich mich, einen weiteren Schritt zurückzutreten, um noch mehr Abstand zwischen uns zu bringen.
Linus richtete sich zu voller Größe auf. »Wir haben noch etwas zu klären, bevor ich gehe, Miss Frost. Nach den Geschehnissen im Auditorium sind die anderen Mitglieder des Protektorats und ich uns einig, dass Sie in der Tat in Gefahr schweben. Sie stellen für Vivian, Agrona und die anderen Schnitter ein lohnendes Ziel dar. Wir haben beschlossen, Ihnen eine persönliche Wache an die Seite zu stellen, die Ihnen gegen jegliche … Bedrohungen beistehen kann, denen Sie sich auf Mythos ausgesetzt sehen könnten.«
»Ich brauche keine Wache«, sagte ich düster. »Diesmal waren die Schnitter nicht einmal hinter mir her. Zumindest nicht in erster Linie. Sie wollten Logan. Ich war nur ein Bonus.«
»Nun, dann sieh mich einfach als Freund«, rief eine weiche Stimme.
Ich riss den Kopf herum und entdeckte Alexei. Er lehnte wie gewöhnlich mit dem Rucksack zu seinen Füßen an der Glaswand zum Bürobereich. Und wieder einmal hatte ich ihn nicht kommen gehört.
Linus räusperte sich. »Wenn es für Sie in Ordnung ist, Miss Frost, hat Alexei entschieden, auf dieser Mythos Academy zu bleiben. Er wird den Unterricht des dritten Jahrgangs besuchen, Sie aber zusätzlich bewachen und Ihnen auf jede erdenkliche Art helfen, wann immer Sie Hilfe brauchen. Mit voller Ermächtigung des Protektorats.«
Der Bogatyr schenkte mir ein schüchternes Lächeln, das ich erwiderte. Ich hatte Alexei seit dem Kampf im Auditorium kaum gesehen, aber ich war froh, dass er auf der Akademie blieb. Alexei hatte recht. Inzwischen sah ich in ihm genauso wie in Morgan einen Freund, und ich würde in der kommenden Zeit alle Freunde und Verbündete brauchen, die ich finden konnte.
»Auf Wiedersehen, Miss Frost«, sagte Linus und sah mich an. »Bis zum nächsten Mal.«
Ich nickte. »Dürfte ich Sie um einen Gefallen bitten, bevor Sie gehen?«
»Der wäre?«
Ich griff in meine Hosentasche und zog einen schmalen, purpurnen Umschlag heraus. »Das ist für Logan. Es ist ein Brief, in dem ich ihm sage, dass ich verstehe … und dass ich ihm … alles vergebe.«
Letzte Nacht hatte ich mir, nachdem ich mich in meinem Zimmer ausgeweint hatte, Stift und Briefpapier geschnappt und alles niedergeschrieben, was ich empfand. Ich hatte mein Herz ausgeschüttet und Logan gebeten, zurück an die Akademie zu kommen – zu mir zurückzukommen. Ich wusste nicht, ob die Lektüre des Briefes dem Spartaner helfen würde, aber ich wollte trotzdem, dass er ihn las.
Linus nahm den Umschlag, wobei er sorgfältig darauf achtete, dass unsere Finger sich nicht berührten. »Ich werde sicherstellen, dass er ihn bekommt.«
»Danke«, flüsterte ich.
Damit nickte Linus mir zu und verließ die Bibliothek. Sobald er weg war, wandte ich mich Alexei zu.
»Also bist du jetzt mein Bodyguard, hm?«, fragte ich.
Er nickte. »Das bin ich. Und soweit ich das in den letzten Tagen mitbekommen habe, steht mir eine ziemliche Aufgabe bevor. Ist es in deiner Nähe immer so gefährlich?«
Ich zog eine Augenbraue hoch. »Hey, Alexei, wüsste ich es nicht besser, würde ich denken, du hättest gerade einen Witz gemacht.«
Sein Lächeln wurde breiter. »Nur einen kleinen.«
Alexei beugte sich vor und wühlte in seinem Rucksack herum. »Außerdem wollte ich Nickamedes die hier zurückgeben. Das wollte ich schon seit dem Schnitterangriff in der Bibliothek tun.«
Er richtete sich mit zwei Waffen in den Händen wieder auf – die beiden Schwerter in ihrer Doppelscheide. Die Schwerter waren ziemlich schlicht und nur leicht gebogen, aber in jede der Klingen war ein Symbol eingeritzt – ein Mann, der zwei Schwerter gekreuzt vor der Brust hielt. Ich hatte den
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