Fruehlingsherzen
abweichen?“, fragte sie. Sie hatte einen Zweig im Haar und Schmutz auf der Wange.
„Nein.“
„Aber du tust es doch ständig.“
„Ich muss ja auch das Gebiet überprüfen.“
Brian schnaubte verächtlich.
Ally sah Chance nur enttäuscht an, aber wieso ihm das etwas ausmachen sollte, war ihm nicht klar. Schließlich hatte sie ja selbst zugegeben, dass sie nichts für ihn empfinden wollte, weil sie schon genug um die Ohren hatte.
Das war bei ihm nicht anders.
Und so blieben sie also trotz Brians Murren brav auf der vorgeschriebenen Route. Chance fuhr hinter Ally und betrachtete gebannt ihren hübschen runden Po. Er war bisher noch nie Rad gefahren, während er sexuell aufs Höchste erregt war, und musste erkennen, dass es eindeutig nicht zu seinem Wohlbefinden beitrug.
7. KAPITEL
W ild entschlossen, dazuzugehören, trainierte Ally jeden Abend im Fitnesscenter der Anlage. Und auch tagsüber arbeitete sie hart, erledigte den Papierkram, der im Büro anfiel, und half auf dem Berg mit dem Pflanzen neuer Bäume. Und sie sorgte dafür, dass ihr trotz allem noch genug Zeit blieb, um Spaß zu haben. Die Mittagszeit verbrachte sie damit, etwas Neues zu lernen. Diese Woche war Kajakfahren an der Reihe.
Es war nicht leicht, aber schließlich konnte sie Tim doch dazu überreden, ihr die Grundlagen zu erklären.
Eines Morgens standen sie früh auf und waren eine Stunde vor Arbeitsbeginn auf dem Fluss. Gut gelaunt und immer noch die Jacke tragend, die Jo ihr geliehen hatte, machte Ally sich anschließend auf den Weg zu ihrer Hütte. Sie war nass und musste unbedingt unter die Dusche. Es war ein herrlicher Morgen. Die Vögel sangen, die Blätter der Bäume rauschten sanft, Zweige knackten unter ihren Füßen. Vor nur wenigen Wochen hätten all diese Geräusche sie nervös gemacht. Jetzt fand sie sie wundervoll.
In den vergangenen drei Wochen hatte sie sich lebendiger und glücklicher gefühlt als in ihrer geliebten Bibliothek. Sicher, ab und zu fehlte ihr ein Einkaufsbummel und ein Theater- oder Kinobesuch, aber inzwischen hatte sie sich so sehr daran gewöhnt, frische, saubere Luft zu atmen, dass sie sich die verkehrsreichen Straßen und die Umweltverschmutzung gar nicht mehr vorstellen mochte.
Eine kichernde Frauenstimme riss sie aus ihren Gedanken. „Ist da jemand?“, rief Ally.
Eine unnatürliche Stille folgte.
Vielleicht hatte sich ein verliebtes Pärchen im Wald versteckt, von Leidenschaft überwältigt. Ally seufzte wehmütig. Wie schön wäre es, sich hier mit seinem Liebhaber zu treffen. Ein Liebhaber wie – warum sollte sie es nicht zugeben? – Chance. Der Gedanke an ihn genügte, um Schmetterlinge in ihrem Bauch flattern zu lassen.
Sie lächelte schief und ging weiter, aber sie hatte kaum ein paar Schritte gemacht, da hörte sie wieder eine Frau kichern und gleich darauf das Murmeln einer Männerstimme.
„Okay, das habe ich deutlich gehört“, sagte Ally laut.
Wieder folgte unnatürliche Stille. Ally hätte schwören können, dass das Murmeln vorhin ein wenig wie Brian geklungen hatte. Aber es war ein Wochentag, und er machte sich im Moment sicher gerade für die Schule zurecht.
Zumindest sollte er das.
Brian zeichnete sich leider nicht durch Vorsicht und Klugheit aus. Er war intelligent, aber äußerst dickköpfig und hatte eine verhängnisvolle Vorliebe für gefährliche Situationen. Selbst bei der Wahl seiner Freundinnen war er nicht besonders klug. Jo hatte ihr gesagt, dass Brian mit einem Mädchen ging, dessen Vater der Direktor eines konkurrierenden Hotels war und sicher nicht besonders begeistert von Brian sein dürfte.
Ein Zweig knackte.
„Verdammt!“ Ally blieb wieder stehen. „Wer ist da?“
Wieder nur Stille. Es gibt keinen Grund, sich so zu ärgern, sagte sie sich. Zwei Leute amüsierten sich wunderbar im Wald, und sie selbst würde am liebsten dasselbe tun. Na und? Das hieß nicht, dass sie wütend werden musste, nur weil der einzige Mann, den sie begehrte, nichts von ihr wissen wollte. Sie ging entschlossen weiter.
„Zum Teufel mit ihm!“, schimpfte sie. Es tat gut, ihrem Frust Luft zu machen.
„Führst du schon wieder Selbstgespräche?“
Sie wäre fast gestolpert. Der Mann, an den sie gerade gedacht hatte, stand auf den Stufen zum Hotel, als sie aus dem Wald herauskam. Sein kräftiger Körper warf seinen Schatten auf sie und sah in diesem Moment so einschüchternd aus, dass sie einen Schritt zurücktrat, bis sie den Holzzaun, der das Hotelgrundstück umgab, im
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