Louisiana. Mir wurde in meiner gesamten Laufbahn noch nie eine spontan angebotene Geschichte abgelehnt; deshalb hatte mir Harvey die Bürde auch aufgeladen. Doch nun war es so weit. Ich erhielt eine freundliche E-Mail, die mit den Worten endete: »Das ist eine interessante Story, die aber nicht ganz zu uns passt.«
Passend war dagegen eine Geschichte mit dem Titel »Lesben, die Schwulenpornos mögen.« Kein Witz. 1
Ich schob den radioaktiven Ziegelstein in die Ecke meines schmuddeligen Schreibtisches, wo er fast ein Jahr lang leise vor sich hin schlummerte, bis zum 11. März 2011. Da war er auf einmal brandaktuell.
Genf
Badpenny fährt wie der Teufel über die Autobahn nach Genf. Etwas stimmt hier nicht. Ich sehe eine Menge Kühe. Ich sehe hübsche Chalets und märchenhafte Burgen und die Savoyer Alpen, die sich in die Höhe recken wie die Eiswaffel eines Engels, und ich kann mir keinen Reim darauf machen. Die Schweiz ist nach dem Prokopfeinkommen das reichste Industrieland der Erde.
Wo also ist die Industrie? Die vielen protzigen Mercedes sind doch nicht mit Käse, Schokolade und Kuckucksuhren bezahlt worden.
»Drogenhandel«, sagt Badpenny. Eine der stärksten Drogen der Welt: ALG. Anderer Leute Geld. Sie weiß es. Sie ist hier geboren. Und mit 18 geflohen.
Nun zeigte sie mir, wie man einen Teil dieses ALG aufspürt. Mehrere Monate zuvor hatten wir herausgefunden, dass der Präsident von Sambia in Genf mit, unserer Schätzung nach, etwa 40 Millionen Dollar in der Tasche auf Shoppingtour gegangen war. Wir vermuteten, dass er einen größeren Batzen auf einem anonymen Nummernkonto bei der Credit Suisse deponiert hatte. Einige sehen in dem Institut eine Bank, während andere es als den angesehensten Waschsalon der Welt bezeichnen.
Der damalige sambische Präsident, Frederick Chiluba, hatte, wie wir gehört hatten, in der Boutique Basile an einem einzigen Nachmittag fast 1 Million Dollar seines erbeuteten Zasters verjubelt. Jones von BBC Television hatte Badpenny gebeten, in den Laden zu gehen und zu filmen.
Ein Klacks. Badpenny spazierte, angemessen gestylt, samt Kameramann in die Boutique und sprach den Verkäufer in ihrem alpinen Dialekt an. Als der französisch antwortete, schaltete sie auf Française und stellte sich als Moderatorin wieder einer anderen Reality Show vor: Shoppen mit den Reichen und Berühmten! Der Verkäufer war begeistert. Ja natürlich, in seinen Laden kämen ständig berühmte Leute. Er erwähnte einen russischen Mafioso, was angesichts der potthässlichen, aber sündhaft teuren Kleidung nur logisch erschien. Und wie sah es mit Staatschefs aus? Selbstverständlich: der Präsident von Sambia.
Badpenny tanzte vor laufender Kamera zwischen den geschmacklosen 8000 Dollar teuren Freizeitanzügen herum. Chiluba hatte offenbar 200 Hemden erstanden, 200 Anzüge – von denen jeder mehr kostete als das Jahreseinkommen eines durchschnittlichen sambischen Dorfes – und für 125 000 Schweizer Franken (etwa 110 000 US-Dollar) eine mit mehreren Reihen Diamanten verzierte Krawatte. Außerdem 100 Paar Schuhe mit Plateausohlen (Chiluba ist ein bisschen zu kurz geraten).
Wir waren uns absolut sicher, dass Chiluba etwa 3 Millionen Dollar aus seinem Beuteschatz von einem Mann namens Goldfinger erhalten hatte.
Washington, D.C.
Für jemanden, dessen Geschäfte unter dem Schutz des US-Präsidenten standen, war der Mann überraschend schwer zu finden. Ich musste zwei Detekteien beauftragen und Badpenny eine Nacht durcharbeiten, bis wir Goldfinger aufgespürt hatten. Wenn seine Geschäfte darin bestehen, in Afrika »Babys umzubringen«, wie ein UN-Diplomat es formulierte, ist es allerdings nur logisch, dass er nicht in den Gelben Seiten steht.
Es hatte geheißen, Goldfinger halte sich wohl wie die meisten seiner Scheinfirmen im Ausland auf. Doch da war er, in seiner Minivilla in der Nähe Washingtons. Keine Frage, das war unser Mann: In der Einfahrt stand ein goldener Cadillac mit Rennfelgen aus Magnesium. Die kannten wir schon von der Chat-Site des Caddy-Liebhabers, wo er sich als
[email protected] einloggte.
Goldfinger, geborener Michael Francis Sheehan, ist Geier Nummer 2.
Geier sind Zwangsvollstrecker, doch anders als die kleinen Ganoven, die für die Bank das Auto abholen, wenn man seine Raten nicht rechtzeitig bezahlt, handelt es sich bei den Geiern um große Ganoven, die sich ganze Nationen einverleiben, wenn sie ihre Staatsschulden nicht rechtzeitig begleichen.
Ich habe den Geiern ihren