Frühstück mit Kängurus
glänzend, verbreitete er mit seinem Summen dieses Gefühl unmittelbar bevorstehenden Abenteuers, das einen am Beginn einer Reise mit einer mächtigen Eisenbahn befällt. Wagen G, einer von siebzehn des Zuges, stand unter Obhut eines launigen Zugbegleiters namens Terry, der wohl bedacht jeder seiner Bemerkungen das nötige Lokalkolorit verlieh, indem er sie mit einer optimistischen Aussie-Wendung versah.
Man braucht ein Glas Wasser?
»Kein Problem, Kumpel. Kommt sofort.«
Man hat soeben erfahren, dass Mutter gestorben ist?
» Kein Drama. Geht in Ordnung. «
Er brachte uns zu unseren Schlafabteilen, zwei schmalen Einzelzellen zu beiden Seiten eines engen, holzverkleideten Gangs. Sie waren erstaunlich klein - wenn man sich vorbeugte, blieb man stecken.
» Das ist's? « , sagte ich gelinde best ü rzt. » In seiner G ä nze? «
» Kein Problem « , strahlte Terry. » Es ist ein bisschen eng, aber Sie werden feststellen, dass alles da ist, was Sie brauchen. «
Und er hatte Recht. Alles, was man zum Leben in einem Raum nur brauchen konnte, war da. Er war lediglich sehr dicht zusammengestellt und nicht viel gr öß er als ein Kleiderschrank. Aber ein Wunder an Funktionalit ä t. Es gab einen bequemen Einbausessel, eine diskret verborgene Toilette mit Waschbecken, einen Minischrank, ein Regal ü ber Kopfh ö he, auf dem man einen sehr kleinen Koffer unterbringen konnte, zwei Leselampen, zwei saubere Handt ü cher und einen Minikulturbeutel mit Shampoo und Seife. In der Wand befand sich ein schmales Klappbett, das nicht herunterkippte, sondern wie ein hastig verstauter Leichnam herausfiel, was ich und sicher auch viele andere experimentierfreudige, unbesonnene Fahrg ä ste entdeckten, nachdem ich nachdenklich die T ü r betrachtet und ü berlegt hatte: » Was wohl dahinter ist? « Aber es war eine interessante Ü berraschung, und dass ich die diversen vorstehenden Teile meines Gesichts aus den Sprungfedern befreien musste, half mir, die halbe Stunde bis zur Abfahrt zu vertreiben.
Endlich ging es los. Der Zug fing an zu schnurren, und wir glitten majest ä tisch aus dem Sydney er Hauptbahnhof hinaus.
In einem durch dauert die Reise nach Perth fast drei Tage. Trevor und ich allerdings wollten in der alten Bergarb ei terstadt Broken Hill aussteigen, um uns ein wenig im Outback umzutun und zu sehen, was geboten wurde. Wir w ü rden die Fahrt in zwei Etappen machen: Ü ber Nacht bis Broken Hill und dann in einer ZweiTagesreise durch die Nullarbor Plain.
Zuerst zockelte der Zug durch die endlosen westlichen Vororte Sydneys - Flemington, Auburn, Parramatta, Doonside und Rooty Hill (hinrei ß ender Name) - und fuhr dann etwas schneller in die Blue Mountains, wo die H ä user allm ä hlich weniger wurden und wir lange sp ä tnachmitt ä gliche Aussichten auf steile T ä ler und riesige Eukalyptusw ä lder genie ß en konnten, deren stilles Atmen den Bergen den Farbton verleiht, nach dem sie benannt sind.
Ich machte mich auf, den Zug zu erkunden. Unser Bereich, die erste Klasse, bestand aus fünf Schlafwagen, einem Speisewagen in samtig feudaler Ausstattung, die man als »Fin-de-Siecle-Bordellbesitzerstil« bezeichnen konnte, und einem Salonwagen in etwas modernerem Dekor. Dort gab es weiche Sessel, eine kleine, viel versprechende Bar und leise, aber gnadenlos vor sich hin nudelnde Musik aus einer zwanzigteiligen Kollektion, die wahrscheinlich »Songs, die Sie nie wieder hören wollten«, hieß. Als ich durchlief, erklang gerade ein Klageduett aus Phantom der Oper.
Nach der ersten kam die etwas billigere Holiday-Klasse; bis auf die Tatsache, dass der Speisewagen ein Büffetwagen mit nackten Plastiktischen war, war sie weitgehend identisch mit unserer. (Offenbar musste man den Leuten dort nach den Mahlzeiten hinterherwischen.) Der hintere Ausgang der Holiday-Klasse war durch eine fensterlose abgeschlossene Tür versperrt.
»Was kommt danach?«, fragte ich die Kellnerin im Büffetwagen.
»Personenwagenklasse«, sagte sie schaudernd.
»Ist die Tür immer verschlossen?«
Sie nickte mit ernster Miene. »Immer.«
Die Personenwagenklasse wurde zu meiner fixen Idee. Zunächst jedoch gab's Abendessen. Über Lautsprecher wurde die erste Gruppe aufgerufen, und als ich durch den Ersterklassesalon zurückging, schmetterte Ethel Merman »There's No Business Like Show Business«. Sie können sagen, was Sie wollen, die Frau hatte Lungen.
Trotz der kultivierten, altehrwürdigen Atmosphäre hat die Indian Pacific noch nicht viele
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