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Frühstück um sechs

Frühstück um sechs

Titel: Frühstück um sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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kleideten.«
     
    Beim Gedanken an Larry stöhnte
ich innerlich. Da ich wußte, daß sie keinen besaß, war mir auch klar, daß sie
sofort Feuer und Flamme sein und gleich bunten Stoff kaufen würde. Und ich
wußte auch, wer ihr dann schließlich den Rock schneidern würde.
    Und richtig! — »Liebste, Beste,
Anne sagt, dazu brauche man kaum länger als eine Stunde. Es muß bloß eine Menge
Stoff in der Taille gefältet werden. Während du mir den Rock schneiderst, will
ich für dich gern jede erdenkliche Arbeit erledigen.«
    So fuhren wir denn vier Tage
vor Weihnachten zur Stadt und kauften einen sehr farbenfreudigen Kattun und die
vielerlei Kleinigkeiten, die einem stets noch einfallen, wenn man glaubt, schon
an alles gedacht zu haben. Jedenfalls hatte ich das geglaubt, als ich sorgsam
jedem, der uns zur Hochzeit ein Geschenk gemacht hatte, eine Weihnachtsgabe
sandte. »Mein Gott«, hatte Paul gesagt, »das macht uns ja bankrott! Da kann ich
mir vorläufig keine Hochzeit mehr leisten.« — Immerhin besaß ich noch viele
sogenannte >kleine Aufmerksamkeiten< und >winzige Gaben< von
Leuten, die ich schon vergessen hatte und von denen ich das gleiche hoffte.
Larry ging es natürlich genauso, daher tauschten wir alle möglichen Sachen aus,
um die >Schulden< begleichen zu können.
    »Du kannst den
Shakespeare-Kalender haben, den mir meine Kusine Lucy geschickt hat. Gerade das
richtige für deine alte Oberlehrerin. Aber diese zwei Handtücher will ich nicht
dafür, das ist zuwenig. Lieber die Puderdose hier.« In diesem Stil ging das vor
sich. Man kennt das ja.
    Gerade als wir abfahren
wollten, war Mrs. Archer gekommen und hatte unsere Post gebracht. Für Larry war
ein kleines Einschreibpäckchen dabei, das aufregend aussah, doch sie warf es
nur gelangweilt vorn ins Handschuhfach. »Von Onkel Richard«, sagte sie. »Er
zeigt sich zu Weihnachten immer recht nobel, der gute alte Knabe. Es ist aber
bestimmt was Scheußliches. Wenn er mir doch lieber einen kleinen, runden Scheck
schicken würde! — Nein, ich will’s nicht auspacken, dazu fühle ich mich nicht
stark genug.«
    Unsere Fahrt wurde zu dem
gräßlichen Gehetze, das jeder bei Weihnachtseinkäufen in letzter Stunde erlebt:
Eingekeilt in Massen müde aussehender Frauen und abgekämpfter Verkäuferinnen,
bewegten wir uns mühsam zwischen den Waren, die schon reichlich
>angefaßt< wirkten. Als wir uns am Wagen wiedertrafen, erschöpft, aber
mit fast allen Besorgungen fertig, erklärte ich Larry, es sei nun Zeit, Onkel
Richards Geschenk zu betrachten. Doch diese Aufforderung deprimierte sie noch
mehr.
    Und das Geschenk war wirklich
greulich. Ein schwerer, goldener Anhänger in Form eines riesigen, abstoßend
häßlichen Käfers mit Brillantsplittern als Augen. Larry stöhnte und wickelte
das Ding wieder ein. »Noch schlimmer als sonst — und so aufdringlich. Schnell aus
den Augen damit!«
    Als wir zusammen frühstückten,
öffnete sie plötzlich ihr Geldtäschchen und rief in tragischem Ton: »Nur noch
einen Shilling und drei Pence, und dabei muß ich noch Geschenke für sechs
gräßliche Leute besorgen. Wieviel hast du noch?«
    »Hoffentlich genug, um unsern
Lunch zu bezahlen. Warte, ich will’s mal zählen. Fünf Shilling sieben — oh, da
ist noch ein halber, das wird dir auch nicht recht weiterhelfen.«
    »Macht nichts. Weiß schon, was
ich tue. — Nein, sei still, ich denke nach.« Das war ein warnendes Vorzeichen,
besonders verstärkt, als sie zu denken aufhörte und zu lachen anfing. »Ich
werde Onkel Richards Geschenk verkaufen! Ein Pfund muß es bringen. Es gibt hier
einen Juwelier, der auch gebrauchte Sachen kauft, der wird’s bestimmt nehmen.«
    »Das kannst du doch nicht
machen, ein Geschenk verkaufen!«
    »Als Geschenk gehört es mir,
also kann ich darüber verfügen, wie ich will.«
    »Aber du hast es doch eben erst
bekommen!«
    »Um so mehr Grund, es rasch
wieder loszuwerden. Es ist ja noch nagelneu. Das werde ich dem Juwelier schon
klarmachen.«
    Aus ihrem berechnenden Blick
schloß ich, daß Onkel Richard im Wert stieg.
    »Aber wenn der Onkel dich nun
fragt, wie es dir gefällt, und es sehen will?«
    »Wird er nicht. Er kommt nie
hierher. Einmal ist er erst zu Besuch gekommen und fand es furchtbar hier. Und
wenn ich ihn mal besuche, kann ich leicht sagen, ich hätte vergessen, es
mitzubringen.«
    Ich gab zu, daß ihr das sehr
leichtfallen würde. Überrascht war ich aber, daß ihr der Verkauf so leicht von
der Hand ging. Ich blieb im Wagen sitzen,

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