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Frühstück um sechs

Frühstück um sechs

Titel: Frühstück um sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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weil ich nicht Zeuge dieser
>Perfidie< sein wollte. Schon nach zehn Minuten war sie wieder da und
schwenkte kreuzfidel zwei Pfundnoten.
    »Dem Juwelier muß sehr
weihnachtlich ums Herz gewesen sein«, rief sie. »Zwei Pfund! Nun kann ich alles
erledigen und noch Geschenke für Sam und mich selbst mitnehmen.«
     
    Weihnachten verlief still und
friedlich. Tim verhielt sich noch stiller als sonst, doch ich wußte, daß er
zufrieden war, bei uns sein zu können, und daß er Pauls geradezu vollendete
Schweigsamkeit für die ideale Form der Geselligkeit an diesem Festtage hielt.
Das einzige, was beide mit bohrender Unruhe erfüllte, war die bevorstehende
Party und vor allem das Quadrilletanzen.
    »Begreife nicht, daß es
ausgerechnet Kontertänze sein müssen, aber vielleicht ist das was nach dem
Geschmack der Stadtfräcke«, knurrte Tim.
    »Mich bringt keiner dazu,
Kapriolen wie ein Cowboy zu
machen und alle zwei Minuten ein Geschrei auszustoßen«, sagte Paul bissig.
    In dieser mürrischen Stimmung
schleppte ich die beiden um 5 Uhr nachmittags zu den Gerards. Ich wußte wohl,
daß Tim in erster Linie unzufrieden war, weil er nicht gerne Gast des
Panjandrum sein mochte — auch nicht ein Gast unter fünfzig andern —, solange er
das Gefühl hatte, ihn zu hintergehen.
    Aber sowohl er wie Anne hielten
sich streng an ihre Verabredung und benahmen sich in keiner Weise auffällig.
    Natürlich hatten beide Männer
eine Ausrede nach der andern vorgebracht, so daß wir verspätet ankamen und
bereits so viele Gäste da waren, daß Tim sofort >untertauchen< konnte.
    Es kam mir vor, als tummelten
sich die Männer des ganzen Bezirks mit Kind und Kegel auf den schönen,
gepflegten Rasenflächen vor der Villa. Ich sah die Archers, strahlend und
vergnügt, mit ihren Kindern, Mrs. Jolson mit ihrem Baby, das munter
umherwatschelte und sich als Königin unter den übrigen Babys zu fühlen schien;
ich sah Mrs. Millar, still und schüchtern, die von Zeit zu Zeit nervös zu ihrem
Mann hinüberblickte, der sich wie gewöhnlich mit dem jüngsten Mädchen im
kußfähigen Alter amüsierte. Auch Mrs. Grant war da, mit etwas säuerlicher
Miene, doch offensichtlich von ihrer Umgebung stark beeindruckt.
    Anwesend waren ferner, im
engeren Kreis, zwei Fremde, mit denen Anne uns sofort bekannt machte. »Jan und
Nancy Ross aus Christchurch. Wir haben uns sehr gefreut, als sie gestern abend
unerwartet ankamen. Sie tanzen beide ausgezeichnet Quadrille.«
    Als wir für eine Minute allein
waren, sagte sie leise zu mir: »Wollen Sie Tim bitte sagen, daß Jan und Nancy
bis nach Neujahr bei uns bleiben? Er muß sich unbedingt noch bis dahin
gedulden. Grüß ihn herzlich von mir, Susan — er weiß, wie lieb ich ihn habe und
sag ihm, wie zuwider mir dieses Warten ist, aber daß wir doch unsere Sache
nicht durchfechten können, solange Besuch bei uns ist.«
    Der Panjandrum zeigte sich von
seiner besten Seite, als feudaler und ritterlicher Gutsherr. Er begrüßte sogar
Tim und Larry durchaus nett und scherzte fast übermütig mit Miss Adams; sie
hatte tatsächlich einmal ihre Post verlassen, freilich mit der Weisung, sie sei
für jedermann im Hause von Colonel Gerard erreichbar. Sie war fein und
geschmackvoll gekleidet und jeder gesellschaftlichen Situation gewachsen.
    »Wer ist denn die?« fragte mich
Nancy Ross. »Sieht ja äußerst elegant aus.«
    »Die?« wiederholte ich mit
Genuß. »Das ist unsere Kolonialwarenhändlerin und Posthalterin.«
    »Das ist doch wohl ein Scherz?
Na, ich muß sagen, Sie leben ja hier in einem außergewöhnlich interessanten
Bezirk. Ich kenne doch eine Menge Dorfkaufleute, aber die meisten wiegen ihre
zwei Zentner und riechen nach Speck und Zwiebeln.«
    »Tja, unsere Miss Adams ist
eine sehr aparte Person, aber Sie dürfen von ihr leicht auf uns schließen.«
     
    Das zwanglose Essen unter den
Bäumen, wo jeder sich an den großen Tischen selbst bediente, verlief prächtig.
Ich war erstaunt, wie Anne, wenn auch mit Hilfe ihrer tüchtigen Haushälterin
und anderer dienstbarer Geister, das alles bewerkstelligt hatte. Sie war ganz
in ihrem Element, so lustig, daß jeder sich bei ihr heimisch fühlte. Der
Colonel warf ihr immerfort anerkennende Blicke zu, er war offensichtlich stolz
wie ein Pfau — so ganz der arme irregeführte Vater, der da glaubt, alles
verliefe durchaus seinen Wünschen entsprechend.
    Als der Abend dämmerte, halfen
alle beim Forträumen der Tische, während Julian seine feenhafte Beleuchtung
einschaltete. Da es

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