Frühstück um sechs
Julian war, funktionierte die Anlage, bei anderen hätte es
bestimmt Versager gegeben. Im Nu wirkte die ganze Szene wie ein Märchenland.
Das sorglich erhaltene Stück urwüchsiger Busch bildete einen dunklen und geheimnisvollen
Hintergrund. Das Haus sah in der matten Beleuchtung aus wie ein uralter
Familienbesitz. Nur die gleichmäßig glatten Rasenflächen waren erhellt. Hier
spielten noch die Kinder, die inzwischen ruhiger geworden waren, da sich die
Müdigkeit einstellte. Gestört wurde das verheißungsvolle Bild nur durch die
finsteren Mienen von Sam, Tim und Paul angesichts der drohenden Kontertänze.
Sehr geschickt lenkte Anne die
Kinder auf den abseits liegenden Krocketplatz, indem sie ihnen erklärte, hier
sei jetzt ganz allein ihr Reich. Die Erwachsenen würden jetzt tanzen, und dabei
dürften sie zuschauen, wenn sie wollten. Dann kam sie zu uns und sammelte die
acht für ihre Quadrille.
»Wir werden erst eine
vortanzen, um die anderen auf den Geschmack zu bringen«, sagte sie. »Ihr werdet
sehen, daß sie bald alle anfangen. — Grammophon bereit, Julian? Ich glaube, am
besten ist, wenn Jan den Tanzmeister macht, dann sind wir gerade noch acht aus
unserem Kreis. Ich wähle Sie als Partner, Paul, nur schauen Sie mich bitte nicht
an, als verabscheuten Sie mich! Sam nimmt Susan, Larry tanzt mit Julian, und
du, Nancy, willst du Tim nehmen?«
Bei den Männern erhoben sich
laute Protestrufe, aber Larry sagte schnell: »Tanzen im Freien! Das würde der
gute Dr. Chavasse zu loben wissen. Ich habe extra für Sie ein Stück aus seinem
Buch auswendig gelernt, Anne. Es heißt: >Ach, daß Frauen vom Lande lieber in
der ungesunden, verseuchten Luft der Säle tanzen anstatt in der süßen,
frischen, Gesundheit spendenden freien Natur!< Na, wir sind da anders, was?«
Anne lachte. »Ist es nicht
herrlich? Alle werden ihre Freude daran haben. O ja, auch Sie, Paul — warten
Sie nur, bis Sie es probiert haben. Komm mit, Jan, du sollst die Schritte
erklären.«
Jan Ross, der eine freundliche
und gewandte Art hatte, erklärte uns die Einzelheiten der Quadrille: die
Aufstellung, die Promenade, das Kreuzen der Hände und so weiter. Mit Anne
zusammen führte er alle die Verbeugungen und Knickse vor, die besonders
beliebten >Touren< und das Chassieren. Anfangs schienen die Zuschauenden
manches lächerlich zu finden, doch schon nach kurzer Zeit zeigten sie Interesse
an dem Tanz.
Paul und Tim hielten am
längsten aus. Dann standen sie mit düsteren Blicken da, wie Spielverderber.
»Richtige Weihnachtsgesichter«, meinte Larry.
»Und jetzt«, sagte Jan
zuredend, »werden wir das Ganze nur schreiten, damit wir alle Bescheid wissen.
Ohne Musik.«
Wir gingen — ziemlich
tolpatschig — und die Männer blickten noch unfreundlicher drein; sie konnten
aber, selbst wenn sie gewollt hätten, nicht so tun, als sei der Tanz sehr
schwierig. Sie kamen sich nur ungeschickt vor, waren verlegen und über die
ganze Geschichte nach einem langen Tag mit viel Feierei verärgert.
Dann stellte Jan das Grammophon
an, eine großartige Apparatur, wie beim Panjandrum nicht anders zu erwarten.
Eine altvertraute, oft gefiedelte Melodie, >Lindy Lou<, ertönte, von
einer hübschen Stimme — halb gesungen, halb gesprochen. Und nun ging es los:
»Verbeugung vor Ihrem Partner und der Dame zur Linken« — wir machten es richtig
— »alle sich anfassen und im Kreise nach links« —auch das konnten wir — »im
Kreise nach links und dann... chassez!« Wir wurden schon recht munter.
Weiter ging’s, immer ein wenig
leichter, sicherer und graziöser. Breit rundeten sich im Schwung die
Baumwollröcke, wir knicksten und promenierten und schwenkten links, rechts, im
Kreise. Sogar Paul wurde munterer und lächelte mir zu. Tim absolvierte mit
Nancy eingehakt eine höchst elegante >Windmühle<. Ja, die Quadrille
begann hier populär zu werden.
Als nun noch der Mond aufging
und über den bunten Laternen erglänzte, muß die Gesellschaft wie eine Szene aus
dem >Sommernachtstraum< — in amerikanischem Stil — ausgesehen haben. Und mir
war, als sei dies einer der glücklichsten Abende meines Lebens.
Ob es nun die weihnachtliche
Atmosphäre war oder die großzügige Bewirtung mit Sherry und Bier, die der
Colonel uns bot, könnte ich nicht sagen — jedenfalls formierten sich sogleich
die Paare zur nächsten Quadrille, und zur dritten, und in einer halben Stunde
gaben sich alle eifrig dem Tanz hin. Und bei jedem neuen machte Jan uns die
Anfangsschritte vor, nur
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