Frühstück um sechs
Paul sehr geschickt, wenn auch sehr mürrisch, einen Streifen Tapete festmachte! Sie schwirrte dicht vor ihm, gewiß um zu sehen, was ihre Vorgängerin mit seiner Nase fertiggekriegt hatte.
Er stieß einen gellenden Schrei aus, ließ die Tapete los, tat in der Verzweiflung einen Schritt rückwärts und krachte längelang zu Boden. Langsam und elegant schwebte das Papier von der Decke herab und umhüllte ihn. Die Wespe summte, hörbar kichernd, aus dem Fenster.
Paul richtete sich zornig mit einem Ruck auf. Bei dieser unbedachten Bewegung stieß sein Kopf durch die Tapete, und nun saß er da mit zornfunkelnden Augen und der dicken Wespenstichnase! —Im selben Augenblick hörte ich Klopfen an der Haustür.
»Jemand zu Hause?«
Ich wollte antworten, konnte aber vor Lachen nicht. Paul reckte sich steif hoch und versuchte aufzustehen, doch in dem Moment kam eine andere Wespe — vielleicht war es auch die vorige — durchs offene Fenster, um fröhlich Umschau zu halten! Paul duckte sich, wobei er die Tapete wie ein Leichentuch um sich wickelte. Die Wespe aber, völlig unbekümmert, stach mich ins Handgelenk und schwirrte ab. Die Tür ging auf, eine herzhafte Stimme sagte jovial: »Kam mir doch so vor, als ob hier allerlei Fez gemacht wird. Ist ja klar, daß Neuvermählte munter Unfug treiben. — Oh, großer Gott...«
Ich konnte dem Fremden diesen Ausruf nicht übelnehmen, aber Paul meinte hinterher, ein Mann, der in amtlicher Eigenschaft käme, müsse wissen, wie weit er in seinen Äußerungen gehen dürfe. Bis wir beide uns wieder gefaßt hatten, war es Paul gelungen, sich aus seiner Verwicklung zu lösen und einen Teil des Kleisters aus den Augen zu wischen. Dann schloß er das Fenster mit einem Knall und stellte mir den Besucher vor. Es war der auch für diese Siedlung zuständige Inspektor von der >Rehab<. Mir gefiel er ebenso wie den ehemaligen Soldaten, bei denen er beliebt war. Natürlich behaupten die, er sei kein Fachmann. Was könne der schon von der Schafzucht verstehen, wenn er einmal im Leben in seinen Ferien aufs Land gefahren war und in einem Kuhstall ein bißchen geholfen hatte! Aber ich habe schon gemerkt, daß die Farmer über Beamte immer so reden.
»Und der Himmel mag wissen«, sagte Paul, »was der sich dachte, als er mich hier im schönsten Sonnenwetter beim Tapezieren sah anstatt bei der Arbeit draußen.«
Das war >so echt Mann<, wie Larry sagen würde — die Frau hoffnungslos ins Unrecht setzen.
Sie fuhren zusammen ins Gelände, und ich tapezierte den Rest der Decke allem, während mir die Wespen um den Kopf summten. Ich ertrug das aber tapfer in dem schmeichelhaften Bewußtsein, wieviel tapferer als die Männer wir Frauen in mancher Hinsicht sind.
Am nächsten Morgen wünschte Paul sein Mittagessen mit nach draußen zu nehmen. Ich schnitt ihm die Brote ebenso freudig, wie er sie in Empfang nahm. Solche Stunden muß es selbst in der glücklichsten Ehe geben, und ich darf nebenbei erwähnen, daß es auf unserer Farm bis zum Grenzzaun eine ganz tüchtige Strecke Weges ist.
In der Gewißheit, einen langen friedlichen Tag vor mir zu haben, fand ich es angebracht, zunächst einen Fußboden zu streichen. Da wir uns Teppiche für alle Zimmer nicht leisten konnten, hatte ich beschlossen, mehrere Fußböden selbst zu streichen und nur Matten zu legen. Für das noch unbenutzte Zimmer hatte ich schöne hellgrüne Farbe gekauft, die gut zur Tapete paßte, und freute mich schon auf die Malerei. Ein Fußboden war ja so angenehm niedrig nach dem Deckentapezieren.
Schon ganz früh schrubbte ich den Raum aus, und sobald er trocken war, ergriff ich den Pinsel. Die Farbe kostete viel Geld, also war ich grimmig entschlossen, zu zeigen, was ich konnte, wenn man mich allein ließ.
Ich stellte das Radio an, um mir die Zeit zu verkürzen. Da die Farbe zähflüssig war, hieß es gut aufpassen. Beharrlich malend, war ich ganz hingerissen von der hübschen Wirkung. Das Telefon klingelte ungeduldig, doch ich ließ es bimmeln, denn ich hätte sonst über das frisch Gestrichene gehen müssen. Sicher war es bloß Larry, und die konnte ich ja anläuten, wenn ich fertig war.
Das Rundfunkprogramm wurde recht kümmerlich, und ich hätte es gern abgeschaltet, aber der Apparat stand nebenan, und von der Tür trennte mich eine Fläche feuchter Farbe. Also mußte ich es weiter erdulden. Freilich ließ sich der Gedanke nicht ganz abweisen, daß ich den Durchgang erst zuletzt hätte streichen sollen.
Gegen 12 Uhr hatte
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