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Fünf Schlösser

Fünf Schlösser

Titel: Fünf Schlösser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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geschoben, was aber, von Stund an, sein eigentlichstes Denken und Fühlen ausmachte, seiner Tätigkeit und seinem Gespräche den Stempel gab, das war doch Schopenhauer und die Schopenhauersche Weltanschauung. Daß er alle Werke des Philosophen kennenlernte, verstand sich von selbst, aber er las auch jede Zeile, die sich in Lob oder Tadel mit dem Manne beschäftigte, der ihm jetzt Leuchte und Gegenstand des Kultus war. Jedes Schopenhauersche Wort war ihm Weisheit, er sog wirkliche Lebens kraft daraus, und wenn Oberpräsident Schön auf die Frage, »was ihn, trotz seiner hohen Jahre, bei so guter Gesundheit erhalten habe«, seinerzeit geantwortet hatte: »Kant und Kapuste (Sauerkraut)«, so hätte Wiesike mit gleichem Rechte antworten können: »Schopenhauer und Homöopathie.« Dankerfüllt trat er mit dem Frankfurter Philosophen in Korrespondenz, bald auch in persönliche Beziehungen und beteiligte sich von da ab bei jedem Huldigungsakte, den die Schopenhauer-Enthusiasten inszenierten. W. konnte sich nicht genugtun in Anerbietungen und Darbringungen, und als Schopenhauers siebzigster Geburtstag gefeiert wurde, war er mit einem großen Goldpokal in der vordersten Reihe der Gratulanten. Einzelne Schwächen des so leidenschaftlich von ihm Gefeierten, seine Ruhmsucht und Eitelkeit, seine selbstische Begehrlichkeit und ein gewisser Mangel an Gentilezza, entgingen ihm nicht, aber seine Bewunderung der geistigen Superiorität des Mannes war so groß, daß er ihm diese Mankos gern verzieh. »Wo viel Licht ist, ist viel Schatten.« Er hielt es für seine Pflicht, über diese Schatten hinwegzusehen, und wenige Philosophen (auch die größten mit eingerechnet) wird es gegeben haben, die sich rühmen dürfen, in gleicher Weise gekannt, studiert und auswendig gelernt worden zu sein. Bis zu seiner letzten Stunde hielt Wiesike bei seinem Liebling aus, auch seinerseits »vivant et mourant comme philosophe«.
     
    Als ich Wiesike zum ersten Male sah, war er sechsundsiebzig Jahr alt, und ein mehrtägiger Aufenthalt bot mir Gelegenheit, nicht bloß den alten Herrn in Person, sondern auch seinen Besitz und seine Lebensgewohnheiten kennenzulernen.
    Die Wiesikesche Villa war bei seinem Eintreffen an dieser Stelle nicht viel besser als eine Lehmkate gewesen, die nur gerade den Ansprüchen eines Meiers oder Wirtschaftsinspektors genügen konnte. W. hatte demohngeachtet nicht viel daran geändert und, statt Um bauten vorzunehmen, sich darauf beschränkt, an zubauen, wie's das Bedürfnis erheischte. So war etwas wenig Künstlerisches, aber dafür etwas Pittoreskes und zugleich sehr Praktisches entstanden. Überall befanden sich Treppen und Balkone, während unter den verschiedenen Anbauten der große, schon erwähnte Speisesaal und neben demselben Wiesikes Arbeitszimmer den ersten Rang einnahmen. Der Speisesaal war kahl, nach dem Satze, »daß der Schmuck eines Eßsaals auf die Tafel, aber nicht an die Wände gehöre«, desto bunter dagegen sah es in den angrenzenden Zimmern aus, die, wenn auch nichts künstlerisch Hervorragendes, so doch viel Interessantes beherbergten. Über die Familienbilder, untermischt mit mehr oder minder gleichgiltigen Stichen, geh ich hinweg; nicht so über den Bilderschmuck in seinem Arbeitszimmer. In diesem befanden sich vier kleine Marinen aus dem Nachlasse des durch die Tannhäusersche Familie mit ihm verwandt gewordenen Direktors von Klöden, ferner Statuetten von Lessing und Kant, ein großes Ölbild von Hahnemann (Kniestück) und ein sehr gutes Portrait, Bruststück, von Schopenhauer. Letzteres erstand W. in Frankfurt a. M., als nach dem Tode Schopenhauers die Hinterlassenschaft desselben auf einer Auktion versteigert wurde. Vielleicht auch, daß er mit seinem Angebot diesem Auktionsakte zuvorkam und ihn überhaupt unnötig machte. Zugleich erwarb er viel von dem, was sonst noch den Schopenhauerschen Nachlaß ausmachte, darunter Manuskripte, Bücher und ein großer, schwer vergoldeter Pokal, der dem Frankfurter Philosophen, bei Gelegenheit seines siebzigsten Geburtstages, von seinen Verehrern überreicht worden war. Unter diesen Verehrern hatte Wiesike mit seiner Beisteuer derart vorangestanden, daß wohl gesagt werden darf: »diese Verehrer waren er «, und so kam es denn, daß W. den Pokal zwei mal zu bezahlen hatte, erst als er ihn schenkte, und zweitens, als er ihn aus dem Nachlasse zurückerwarb.
    Über die Bücher – eine ganze Bibliothek von Werken, die sich sämtlich mit Schopenhauer und seiner

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