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Fünf Schlösser

Fünf Schlösser

Titel: Fünf Schlösser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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erzählen.«
    »Richtig, von der Frau von Arnstedt, von unsrer ersten gnädigen Frau. Nu, die war ja schon ein Erbkind, als sie noch kaum geboren war, und erbte denn auch das große Krautenerbe, das von Vater und Vaterschwester herkam. Und weil es jeder gern haben wollte, nämlich das Krautenerbe, so nannten sie sie die Krautentochter. Und so hat sie geheißen bis an ihr seliges Ende. Denn das wird sie doch wohl gehabt haben. Aber all das, ich meine das mit der Erbschaft, das war lange vor meiner Zeit, und als ich aufs Schloß kam, da war sie ja schon die Frau von Arnstedt und eine sehr schöne Frau, so Mitte Dreißig, und immer drüben in Rheinsberg. Und hatte damals drei Kinder. Das heißt drei Kinder von ihrem dritten Mann. Denn sie war schon zweimal vorher verheiratet gewesen, erst mit Elliot und dann mit Knyphausen.«
    »Und dann erst mit Arnstedt?«
    »Wohl, dann erst mit Arnstedt. Das war der dritte, der Rittmeister. Und als sie noch mit Elliot verheiratet war, da war ja das Duell.«
    »Das Duell?«
    »Ja, das Duell, weil sie den Englischen nicht leiden konnte. Und warum nicht? Weil er ihr zu englisch und auch zu eifersüchtig war, worin er aber wohl recht hatte. Denn sie schrieb sich immer Briefe mit Knyphausen, und drüben im Park ist noch der Baum, in den sie die Liebeszettel immer hineinlegten. Aber Elliot erfuhr es, und als er einen Brief las, in dem alles drin stand, da schossen sie sich, und Elliot kriegte was weg, aber nicht viel, bloß einen Streifschuß. Und dann ging er in die weite Welt.«
    »Und ist auch nie wiedergekommen?«
    »O doch. Aber bloß ein einzig Mal, als er die kleine Miß abholen und mit nach England nehmen wollte. Das heißt heimlich und listig und mit Gewalt. Oh, wie hab ich dem lieben Gott immer gedankt, daß ich damals noch nicht Kindermuhme war, ich hätte den Tod gehabt, wenn ich so was erlebt hätte. Denn wie kam er denn? In einer feinen Kutsche kam er und bei hellem lichten Tag, aber er fuhr nicht vor und nicht auf die Rampe, sondern bloß immer um den Park herum. Und als er an die Stelle kam, wo das Kind spielte, denn er mußte wohl seine Kundschafter gehabt haben, da sprang er mit eins heraus und nahm das Kind und das Spielzeug und die große Puppe, die grad auf der Wiese lag, und wie der Blitz wieder in seine Kutsche hinein und heidi vorwärts über den Sturzacker und die Stoppelfelder, immer gradaus bis England.«
    Ich tat noch allerlei Fragen, alles indessen, was sie mir antwortete, war eigentlich nur Wiederholung. Es zeigte sich deutlich, daß die Geschichte von dem Briefwechsel und dem Duell und mehr noch die Geschichte von der Entführung der kleinen Miß Elliot einen Eindruck auf sie gemacht hatte; der Rest aber war vergessen oder blieb im Dunkel.
    Eine Stunde später schied ich von Hoppenrade, fest entschlossen, das Dunkel nach Möglichkeit zu lichten. Aber es wollte nicht glücken. Die Memoiren aus jener Zeit, soweit sie mir damals bekannt oder zugänglich waren, ließen mich im Stich, und die Rheinsberger Gegend, in der im allgemeinen die Prinz-Heinrich-Traditionen immer noch frisch und lebendig sind, gewährte mir fast noch weniger als die Prinz-Heinrich-Literatur.
    Ich gab es schließlich auf und hatte meinen ersten Besuch in Hoppenrade fast schon vergessen, als ein glücklicher Zufall mich erfahren ließ, daß auf einem alten Knyphausenschloß, und zwar auf Schloß Lützburg in Ostfriesland, eine Familienchronik existiere, darin sich in bezug auf Elliot und Knyphausen alles finde, was ich nur irgendwie wünschen könne. Die Reise dahin schob sich jedoch abermals hinaus, bis ich schließlich für alles Warten und alle Mühe reichlich belohnt wurde.
    Was ich in folgendem gebe, besonders in den mittleren Kapiteln, ist zu wesentlichem Teile der erwähnten Lützburger Chronik entnommen. Andres stammt aus Briefen und Prozeßakten, noch andres aus den mir erst neuerdings zu Händen gekommenen Thiébaultschen »Souvenirs«. Auch in Hoppenrade selbst hab ich noch allerlei kleine Züge für diesen Aufsatz und seine Heldin einzusammeln vermocht.
    Soviel zur Einleitung.
    Ich beginne nunmehr damit, über das bisher nur andeutungsweis Gesagte hinaus, in nachstehendem festzustellen, wer die Krautentochter und was das Krautenerbe war.
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    ._.
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2. Kapitel
Wer war die Krautentochter? Und was war das Krautenerbe?
    Es ist also von der Krautentochter und dem Krautenerbe, das ich in nachstehendem erzählen will. Aber das Krautenerbe (der wahre Nibelungenhort in dieser

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