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Fünf Schlösser

Fünf Schlösser

Titel: Fünf Schlösser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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chinesische Karikaturen, mythologische Figuren, Arabesken, Blumensträuße, groteske Tierformen und Lieblingsgestalten aus dem italienischen Lustspiel – alles überaus wirkungsvoll zusammengestellt. Es heißt, die Gesamtheit dieser Dinge rühre von David Bennewitz, dem Direktor der Fabrik, her, dessen Erfindungs-, Zeichen- und Kompositionstalent gleich groß war. Außerdem sind Brustbilder der Gemahlin Friedrich Wilhelms I. und der drei ältesten Prinzessinnen: Wilhelmine, Friederike und Ulrike, samt den Portraits ihrer Hofdamen, in die Täfelung eingelassen, woraus man schließt, daß dies das Zimmer sei, das, bei den sich öfters wiederholenden Besuchen Friedrich Wilhelms I. in Plaue, von diesem mit Vorliebe bewohnt zu werden pflegte. Fest steht nur, daß Kronprinz Fritz eben hier von seinem Vater zum Kapitän ernannt wurde. Dies geschah auf der Rückkehr von einer in Magdeburg abgehaltenen Revue, Donnerstag nach Kantate, wo der König mit dem Kronprinzen bei Minister von Görne zu Mittag speiste.
    Von dem, was sonst noch an Kunstwerken im Schlosse vorhanden ist, nenne ich an dieser Stelle nur noch zwei Portraits, in Öl und in Pastell, des preußischen Ministers von Struensee, Bruders des unglücklichen Grafen Struensee in Kopenhagen. Das Pastellbild gilt für wertvoll. Auch von der Gräfin Aurora von Königsmarck, der der Ahnensaal verschlossen blieb, sind in den Nebenzimmern zwei Bildnisse vorhanden: eines aus ihrer Schönheitszeit mit einem Diamanthalbmond auf dem Haupte, das andere aus ihren alten Tagen als Äbtissin von Quedlinburg.
    Zu dieser Bilderausschmückung gesellen sich überall Bannerträger, Wappen und Inschriften, unter welch letzteren die mehrfach wiederkehrende Devise »Noblesse oblige« besonders hervorleuchtet.
    Auch eines Söllers oder Balkons sei noch gedacht, von dem es heißt, daß er, seitens des 1876 verstorbenen Grafen Hans Karl Albert von Königsmarck, in einer durch den Blick über die Havel und den Plauenschen See wachgerufenen Erinnerung an Konstantinopel erbaut worden sei. Wenn dem wirklich so sein sollte, so wird es freilich auch von dem begeistertsten Anhänger märkischer Landschaft kaum bestritten werden können, daß damit ebenso dem Aussichtsbalkone wie der Havel selbst eine ziemlich schwierige Aufgabe gestellt worden war.
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6. Kapitel
Schloß Plaue gegenüber
    Eine schwere Aufgabe – so schloß unser voriges Kapitel – war damit dem Königsmarckschen Aussichtsbalkone gestellt, denn von der andern Havelseite her blickte, statt Konstantinopel und des Halbmondes von der Aga Sophia, nur das Storchnest einer Ziegelscheune herüber. Demohneracht war das Ufer drüben eine »hübsche Stelle«, der ich es, wenn ich sie so nenne, noch nicht einmal anrechne, daß just auf ihr die Schanze stand, von der aus 1414 die »große Büchse« des Burggrafen ihre Steinkugeln gegen Schloß Plaue schleuderte.
     
    Wie wenn es gestern gewesen wäre, steht der Tag vor mir, zu dem ich »in großer Kumpanei« zum ersten Male auf diese Schloß Plaue gegenüber gelegene Ziegeleistelle zufuhr. Eine lange Wagenreihe, die Damen in eleganter Toilette, so kamen wir, um Pfingsten, die staubige Sommerchaussee von Brandenburg daher, und ehe Mittag heran war, hielten wir – unmittelbar vor der Planer Brücke links einbiegend – auf einem Vorplatz, zu dessen einer Seite sich die vorgenannte Storchenscheune, zur anderen ein primitives Wohnhaus erhob. In der Haustür aber stand ein alter Herr, in leichter sommerlicher Tracht, mit hoher Stirn und hohen weißen Vatermördern, dazu von breitem Bau und mit noch breiteren Lippen, und begrüßte seine Gäste, während herzueilende Dienstleute sich der Reisetaschen und Köfferchen bemächtigten und mit ihnen in einem unmittelbar angrenzenden, weinumrankten Logierhause verschwanden. Bald danach schlenderten wir in dem die Villa samt ihren Annexen umgebenden Parkgarten umher und lugten, von diesem Spaziergange heimkehrend, in die Fenster eines großen, erst neuerdings angebauten Gartensaals, wo sich schon die Vorbereitungen zu festlicher Bewirtung zeigten. Und abermals eine Stunde später, und wir saßen in ebendiesem Saale zum Déjeuner nieder, an lang gedeckter Tafel, an der der alte Herr jetzt präsidierte. Die Gänge wechselten, die Rheinweine lösten sich untereinander ab, und der silbernen Weinkühler auf dem Tisch wurden immer mehr. Trinkspruch reihte sich an Trinkspruch. Der Sieg der Wahrheit, der Sieg »der guten Sache« wurde proklamiert,

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