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Fünf Wochen im Ballon

Fünf Wochen im Ballon

Titel: Fünf Wochen im Ballon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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bieten müssen.«
    Der Wind trug nun den Victoria nach Nordwesten. Um den Berg Logwek zu vermeiden, mußte man eine niedrigere Strömung suchen.
    »Meine Freunde, sagte der Doctor zu seinen beiden Begleitern, jetzt erst fangen wir wirklich unsere Entdeckungsreise in Afrika an. Bis hierher sind wir hauptsächlich den Spuren unserer Vorgänger gefolgt. Wir werden uns nunmehr in eine unbekannte Welt begeben. Wird uns der Muth nicht im Stich lassen?
    – Niemals! riefen einstimmig Dick und Joe.
    – Auf den Weg denn, und der Himmel beschütze uns!«
    Um zehn Uhr Abends gelangten die Reisenden über Schluchten, Wälder und zerstreute Dörfer hinweg zum Zitterberge, an dessen sanft abfallenden Abhängen sie hinstreiften.
    An diesem denkwürdigen Tage, dem dreiundzwanzigsten April, hatten sie während einer fünfzehnstündigen Reise, von einem raschen Winde getrieben, eine Entfernung von über dreihundert und fünfzehn Meilen zurückgelegt.
    Aber dieser letzte Theil der Reise hatte ihnen einen traurigen Eindruck hinterlassen. Vollständiges Schweigen herrschte in der Gondel. War Doctor Fergusson einzig und allein mit seinen Entdeckungen beschäftigt? Dachten seine beiden Gefährten an die ihnen bevorstehende Fahrt mitten durch unbekannte Landstriche? In all’ das mischten sich ohne Zweifel Erinnerungen an England und die entfernten Freunde. Joe zeigte dabei seine gewohnte Philosophie der Sorglosigkeit, die es ganz natürlich fand, daß das Vaterland nicht überall mit ihm herumziehen konnte; aber er achtete das Schweigen Samuel Fergusson’s und Dick Kennedy’s.
    Um zehn Uhr Abends legte sich der Victoria auf der andern Seite des Zitterberges 1 vor Anker; man nahm ein substantielles Mahl ein, und Alle schliefen nacheinander, sich in der Wache ablösend.
    Am folgenden Morgen sah man wieder fröhlichere Gesichter; es hatte sich prächtiges Wetter und ein günstiger Wind eingestellt, und ein durch die Scherze des muntern Joe gewürztes Frühstück brachte vollends die gute Laune der kleinen Gesellschaft zurück.
    Das Land, welches man gegenwärtig zu durchreisen hatte, ist ein unermeßlich großes; es grenzt an die Mondberge und die Gebirge von Darfur; es mag an Ausdehnung etwa Europa zu vergleichen sein.
    »Wir durchreisen jetzt jedenfalls das sogenannte Land Usoga, sagte der Doctor; Geographen haben behauptet, daß sich im Mittelpunkte von Afrika eine tiefe Senkung, ein ungeheurer Binnensee befände. Wir werden sehen, ob diese Annahme irgendwie begründet ist.
    – Aber wie ist man zu dieser Voraussetzung gelangt? fragte Kennedy.
    – Durch die Berichte der Araber; diese Leute erzählen gern, vielleicht zu gern. Einige in Kaseh oder an den großen Seen angekommene Reisende haben Sclaven gesehen, welche von dem Innern des Landes hergekommen waren, und dieselben über ihr Land ausgefragt, diese verschiedenen Mittheilungen dann mit einander verschmolzen und daraus Systeme abgeleitet haben. Alledem liegt immer etwas Wahres zu Grunde und, wie Du siehst, hat man sich z.B. über den Ursprung des Nil nicht getäuscht.
    – Ganz richtig! stimmte Kennedy bei.
    – Auf diese Mittheilungen hin hat man Karten zu zeichnen versucht, und meine Absicht ist, unsern Weg auf einer derselben zu verfolgen, und sie erforderlichen Falls zu verbessern.
    – Ist dieses weite Land bewohnt? erkundigte sich Joe.
    – Allerdings, aber nur spärlich.
    – Das habe ich mir gedacht.
    – Diese zerstreuten Volksstämme begreift man unter der allgemeinen Bezeichnung Nyam-Nyam: der Name ist nur eine Onomatopöe; er giebt das Geräusch des Kauens wieder.
    – Ausgezeichnet! rief Joe, Nyam! Nyam!
    – Mein alter Junge, wenn Du die unmittelbare Ursuche dieser Onomatopöe wärest, würdest Du das nicht ausgezeichnet finden.
    – Was meinen Sie damit, Herr?
    – Daß diese Völkerschaften Menschenfresser sind.
    – Ist das wirklich wahr?
    – Freilich; man hat auch behauptet, daß diese Eingeborenen wie gewöhnliche Vierfüßler mit einem Schwanze versehen seien; aber bald hat man erkannt, daß dieser Appendix nur den Thierfellen, mit denen sie bekleidet sind, angehört.
    – Um so schlimmer für sie; ein Schwanz müßte in diesen Gegenden sehr angenehm sein, um die Moskitos zu verjagen.
    – Wohl möglich, Joe; aber es ist das in’s Bereich der Fabel zu verweisen, wie auch die Hundsköpfe, welche der Reisende Brun-Rollet gewissen Völkerschaften beilegte.
    – Hundsköpfe? Sehr bequem zum Bellen und äußerst brauchbar für Menschenfresser!
    – Was leider auf

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