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Fünf Wochen im Ballon

Fünf Wochen im Ballon

Titel: Fünf Wochen im Ballon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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nördlichen Theil des Sees wieder zu erreichen, indem wir uns möglichst frei und in Sicht halten; dort werden wir warten, die Ufer erforschen, die Gestade genau untersuchen, an denen Joe gelandet sein könnte, und nicht weichen, ohne Alles, was wir konnten, zu seiner Rettung gethan zu haben.
    – Auf denn!« rief der Jäger.
    Der Doctor bestimmte genau die Lage des Stückchen festen Landes, das er sich zu verlassen anschickte; er mußte nach seiner Karte und seinem Besteck annehmen, daß er sich im Norden des Tschad zwischen der Stadt Lari und dem Dorfe Ingemini, zwei von dem Major Denham besuchten Ortschaften, befände. Während dieser Zeit vervollständigte Kennedy den Mundvorrath an frischem Fleisch; doch obgleich die Moräste Spuren von Nashörnern, Seekühen und Nilpferden aufwiesen, hatte er keine Gelegenheit, auch nur ein einziges dieser ungeheuren Thiere zu treffen.
    Um sieben Uhr Morgens wurde der Anker nicht ohne große Schwierigkeiten, die Joe sonst vorzüglich zu lösen gewußt hatte, von dem Baume losgemacht. Das Gas dehnte sich aus, und der neue Victoria stieg zweihundert Fuß in die Luft. Hier zögerte er ein wenig, indem er sich um sich selbst drehte, aber endlich wurde er von einer ziemlich lebhaften Strömung erfaßt, über den See getrieben und bald mit einer Schnelligkeit von zwanzig Meilen auf die Stunde fortgetragen.
    Der Doctor stieg beständig in einer Höhe von zwei-bis fünfhundert Fuß hinauf und hinunter; Kennedy feuerte häufig seinen Carabiner ab. Ueber den Inseln angekommen, ließen sich die beiden Freunde sogar unvorsichtig weit zum Lande herab, um überall das Dickicht, die Büsche und das Gestrüpp zu untersuchen. Wo eine Höhlung oder irgend welche Kluft ihrem Gefährten hätte Zuflucht bieten können, nahten sie sich. Ja, sie geriethen in so unmittelbare Nachbarschaft mit den Piroguen (Kähne von ausgehöhlten Baumstämmen), welche den See durchfurchten, daß die Fischer sich aus Furcht und Schrecken in den See stürzten und auf ihre Inseln zurückflohen; aber alles Suchen nach Joe war vergebens.
    »Wir sehen nichts, sagte Kennedy niedergeschlagen nach zweistündigem Suchen.
    – Laß uns warten, Dick; wir dürfen den Muth noch nicht verlieren; von der Stelle des Unfalls sind wir jetzt nicht mehr weit.«
    Um elf Uhr war der Victoria etwa neunzig Meilen vorgeschritten; er gerieth nun in eine andere Strömung, die ihn, fast im rechten Winkel mit ihrem bisherigen Wege, nach Osten trieb.
    Das Luftschiff schwebte jetzt über einem sehr großen und, wie es schien, stark bevölkerten Eiland, das der Doctor als die Insel Farram erkannte, auf der die Hauptstadt der Biddiomahs liegt. Er erwartete, Joe auf der Flucht und um Hilfe rufend, aus jedem Busch hervorspringen zu sehen. War er frei, so hätte man ihn einfach davongeführt, und wurde er gefangen gehalten, so konnte das bei dem Missionar angewandte Verfahren nochmals eingeschlagen werden, und die drei Gefährten wären bald wieder vereint gewesen. Aber nichts zeigte sich, keine Spur ließ sich auffinden; es war zum Verzweifeln!
    Um halb drei Uhr kam der Victoria in Sicht eines am östlichen Ufer des Tschad gelegenen Dorfes mit Namen Tangalia, das den äußersten von Denham erreichten Punkt bezeichnet.
    Der Doctor fing an, sich wegen der beharrlichen Windrichtung zu beunruhigen; er sah sehr wohl, daß er nach Osten zurückgeworfen und in die unendlichen Wüsten Central-Afrikas verschlagen werden konnte.
    »Wir müssen jetzt anhalten und sogar landen, sagte er; besonders Joe’s wegen ist es dringend nothwendig, daß wir über den See zurückkehren; es gilt nur, eine entgegengesetzte Strömung zu finden.«
    Ueber eine Stunde lang suchte er nun in verschiedenen Zonen, und endlich, in einer Höhe von tausend Fuß, fand er ein heftiges Wehen, das den Ballon nach Nordwesten trieb.
    Samuel und Dick hatten sich jetzt überzeugt, daß der Gesuchte nicht auf einer der Inseln des Sees zurückgehalten wurde; er hätte sonst jedenfalls Mittel und Wege gefunden, seine Gegenwart auf irgend eine Weise kund zu thun.
    »Vielleicht hat man ihn an’s Land geschleppt«, dachte der Doctor, als er auf das nördliche Ufer des Tschad herniederblickte.
    Die Annahme, daß Joe ertrunken sei, war unwahrscheinlich; freilich durchschauerte eine andere Vorstellung den Geist Fergusson’s und Kennedy’s: »Die Kaimans sind unter diesen Breiten sehr häufig!« Aber keiner von ihnen hatte den Muth, dieser Besorgniß Worte zu leihen. Mit der Zeit trat ihnen dieselbe

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