Fuer eine Nacht und fuer immer
Und er wollte die frischen Wunden nicht wieder aufreißen. Er hätte wie geplant auf die Fidschis zurückfliegen sollen, hatte sich aber noch nicht damit abfinden können, dass ihre Beziehung nun endgültig vorbei war.
Charlotte hatte so bestimmt gewirkt, als sie ihm an jenem letzten Abend gesagt hatte, dass es aus sei. Und war es nicht genau das, was er selbst wollte? Aber es hätte nicht so furchtbar früh zu Ende gehen müssen.
Er legte das Telefon wieder weg und öffnete die Datei mit seinem Manuskript.
Reena ist in der Sphäre der Dunkelheit gefangen. Onyx kommt auf dem Rücken seines treuen Drachens Grodinor zur Hilfe geeilt. Und sie leben glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende …
Aber wie?
Wenn sein Leben eines seiner Spiele wäre, was würde er tun? Mit Charlotte, seiner schönen, liebevollen Heldin des wirklichen Lebens? Die wie Reena gefangen war, nicht in der Lage, die Vergangenheit hinter sich zu lassen.
Aber eignete er, Nic Russo, sich als Held? Wohl kaum. Auf einmal wurde ihm klar, dass er – genau wie Charlotte – in einer Falle saß, die er selbst gebaut hatte, nicht in der Lage, seine Ängste zuzulassen und sie einer Person anzuvertrauen, die sich um ihn sorgte und die ihm hätte helfen können. Einer Person, die ihn liebte.
Die Szene mit Charlotte an ihrem letzten Abend spulte sich vor seinem inneren Auge ab wie ein alter Film. Irgendetwas stimmte nicht damit …
Aber was?
War er wirklich frei? Oder hatte er nur eine Mauer um sich herum errichtet, um seine Mitmenschen auf Distanz zu halten, um sein Bedürfnis, Bindungen aufzubauen, zu verbergen? Sein Bedürfnis nach Vertrauen und Zugehörigkeit? Sein Bedürfnis, mit allen seinen Fehlern und Schwächen akzeptiert zu werden?
Er hatte nicht nur Angst in geschlossenen Räumen, er hatte auch Angst davor, nicht gut genug zu sein.
Angst davor, zurückgewiesen zu werden.
Er rieb sich seinen Dreitagebart und ließ diese neue Erkenntnis erst einmal sacken. Also war er nur der unabhängige Playboy, weil der kleine Junge aus der Hintergasse noch immer Angst davor hatte, ausgeschlossen zu werden? Redete er sich deswegen ein, dass er ohnehin nicht dazugehören wollte?
In seiner Scheinwelt hatte er Trost gefunden. Aber sie reichte ihm nicht mehr. Sie war ein Gefängnis, war ein Vorwand, sich nicht mit der Realität auseinanderzusetzen – wie das Anwesen ihrer Familie für Charlotte.
Er brauchte die Wirklichkeit, mit einer echten Frau. Mit Charlotte. Und solange er seine Ängste und Schwächen nicht offenlegte, würde er nie die Freiheit erlangen, nach der er sich eigentlich sehnte. Und er würde niemals die Liebe erleben, von der er wusste, dass er sie bei Charlotte finden konnte. Falls sie ihn noch wollte.
Er sprang auf und sah auf die Uhr. Noch konnte er es schaffen.
„Guten Abend, meine Damen und Herren.“ Charlotte lächelte ins Publikum und wartete, bis es leise war. Bis alle sie ansahen. Auf ihre Einladung hin waren auch Leute von der Presse da. Freunde ihrer Eltern. Bekannte und unbekannte Gesichter. Stand sie hier wirklich vor all diesen Leuten? Ihre Hand am Mikrofon zitterte ein wenig, doch sie holte tief Luft. „Danke, dass Sie heute hergekommen sind und sich für eine gute Sache einsetzen. Wie manche von Ihnen wissen, war ich kürzlich auf den Fidschi-Inseln, wo ich die Gelegenheit hatte, eine Schule zu besuchen.“ Sie ließ ihren Blick über die Anwesenden schweifen, aber der Mann, von dem sie törichterweise gehofft hatte, dass er da sein würde, war nicht zu sehen. „Ich möchte in diesem Zusammenhang auch auf einen Mann hinweisen, der nicht nur viel Geld, sondern auch Zeit und Kompetenz investiert, um die Schüler zu unterstützen. Sein Name ist Nic Russo. Nic ist ein gütiger, großzügiger Mensch und … und sein Einsatz hat mich zu der heute stattfindenden Modenschau inspiriert.“ Und lächelnd fuhr sie fort: „Ich hoffe, dass sie heute tief in die Tasche greifen werden, um die atemberaubenden Kreationen von Suzette zu erwerben.“
Nic kam an, als Charlotte gerade zu Ende gesprochen hatte, und was er sah, raubte ihm den Atem. Charlotte, seine Charlotte in Knallrot. Ein hautenges, tief ausgeschnittenes Kleid, das ihre Figur perfekt betonte. Eine souveräne und selbstsichere Frau, auf die jeder Politiker stolz gewesen wäre.
Und sie hatte ihm Anerkennung gezollt. Das erfüllte ihn mit Demut und Stolz. Und mit Dankbarkeit dafür, dass sie in sein Leben getreten war und es für immer verändert hatte.
Als sie
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