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Für immer zwischen Schatten und Licht ("Schatten und Licht"-Saga 2) (German Edition)

Für immer zwischen Schatten und Licht ("Schatten und Licht"-Saga 2) (German Edition)

Titel: Für immer zwischen Schatten und Licht ("Schatten und Licht"-Saga 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kira Gembri
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Rasmus‘ Kommode und begann in fieberhafter Eile, ein paar T-Shirts und Jogginghosen hervorzukramen. Dann hastete ich ins Badezimmer, doch als ich auf der Suche nach einer Zahnbürste im Spiegelschrank einen Karton entdeckte, geriet meine Geschäftigkeit jäh ins Stocken. In der Box befanden sich unzählige Medikamentenschachteln: Aspirin, Ibuprofen, Schlaftabletten … und alle waren beinahe aufgebraucht.
    Die Blisterstreifen verschwammen vor meinen Augen. Ich dachte daran, wie Rasmus in der Bibliothek stöhnend das Gesicht in den Händen vergraben hatte – wie er auf dem Campingausflug in der milden Frühlingsluft gezittert hatte und wie er meiner Frage nach seiner Körpertemperatur mit einem Lächeln ausgewichen war. Im Nachhinein war es mir unbegreiflich, dass ich nichts davon als Alarmsignal erkannt hatte. Ich klammerte mich an den Rand des Waschbeckens und kämpfte gegen den Druck, der sich auf meine Brust legte und mir das Atmen schwermachte.
    Später konnte ich nicht sagen, wie lange ich so gestanden hatte, bis Sam mich mit seinem Eintreten aus meiner Starre erlöste. „Wollen wir jetzt fahren, oder hast du hier Wurzeln geschlagen?“, fragte er, und zum ersten Mal war ich froh darüber, ihn nicht auf dem Parkplatz zurückgelassen zu haben. Offenbar hatte er beschlossen, sich zur Abwechslung mal hilfsbereit zu zeigen. Auch wenn irgendwelche selbstsüchtigen Gründe dahinterstecken mochten, so war es doch gut, nicht alleine zu sein: Es war gut, dass ich mich nicht um ein Taxi kümmern musste, und dass Sam es übernahm, im St. Christophorus die richtige Station in Erfahrung zu bringen. Teilnahmslos ließ ich mich von ihm durch die hell erleuchteten Flure lotsen und saß dann kerzengerade auf einem Plastikstuhl im Wartebereich, bis ein grauhaariger Mann auf uns zukam.
    Sam sprang hoch und zog mich ebenfalls auf die Füße. „Sind Sie Razi…, der Arzt des Jungen, der vorhin bewusstlos hier eingeliefert wurde?“
    Der Mann nickte kurz. „Und Sie sind Angehörige des Patienten …?“
    „Er ist mein Bruder“, sagte Sam, und ich war erstaunt, wie überzeugend es klang. Andererseits war das Sam – er konnte vermutlich jede Lüge glaubhaft wirken lassen.
    Der Arzt warf mir nur einen Blick zu und schloss wohl von meinem verzweifelten Gesichtsausdruck darauf, dass ich ebenfalls mit Rasmus verwandt sein musste. „Also gut, hören Sie zu. Bis jetzt konnten wir viele mögliche Ursachen für den Zustand Ihres Bruders noch nicht ausschließen, aber ihm zufolge sind die Beschwerden bereits seit etwa einem halben Jahr vorhanden und rühren nicht von einer Überbelastung her. Deshalb nehme ich an, dass es sich hierbei um einen Fall von Myalgischer Enzephalomyelitis handelt. – Auch chronisches Erschöpfungssyndrom genannt“, ergänzte er als Reaktion auf unsere verwirrten Mienen.
    „Das ist alles?“, platzte Sam heraus. „Erschöpfung, ernsthaft? Mann, und da drücken Sie sich aus, als wäre etwas absolut Schreckliches passiert! Ich hab schon gedacht, gleich sagen Sie, dass man ihm einen Arm abschneiden muss oder sonst was …“
    Der Doktor räusperte sich. „Leider ist es nicht ganz so harmlos, wie der Name vermuten lässt. Es stimmt, dass sich M.E. zunächst wie eine gewöhnliche geistige und körperliche Erschöpfung äußert, aber die Krankheit geht auch mit Schmerzen der Gelenke, der Muskeln und des Kopfes einher und beeinträchtigt das Gedächtnis sowie die Konzentration. Des Weiteren können bei Betroffenen Herzrhythmus- und Atemstörungen auftreten, und sie verlieren die Anpassungsfähigkeit gegenüber Hitze, Kälte oder Stress. Im Klartext bedeutet das: Es ist möglich, dass ein Erkrankter ständig hungert und an Gewicht verliert, egal wie viel Nahrung er zu sich nimmt – er friert, egal wie warm er sich kleidet, und die einfachsten Tätigkeiten sind für ihn mit großen Mühen und Schmerzen verbunden.“
    „Moment mal, Doc“, drängte sich Sam erneut in den Vordergrund. Ich war tatsächlich dankbar für seine dreiste Art, weil ich ohnehin keinen Ton herausgebracht hätte. „Sie erzählen ja schon wieder Horrorgeschichten. Sagen Sie uns lieber, was man gegen dieses Syndrom tun kann!“
    „Da die genauen Ursachen der Erkrankung bis heute nicht geklärt sind, existiert leider auch keine allgemeine Behandlungsmethode“, antwortete der Arzt. „Vielleicht können wir Ihrem Bruder nur dabei helfen, mit seinen erschwerten Lebensumständen zurechtzukommen; zum Beispiel mittels Physio- oder

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