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Fuer immer zwischen Schatten und Licht

Fuer immer zwischen Schatten und Licht

Titel: Fuer immer zwischen Schatten und Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kira Gembri
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sich zu einem Lächeln.
    „Morgen brauchst du übrigens nicht herzukommen“, sagte er beiläufig, während ich mich mit dem Buch auf die Bettkante setzte. „Sie haben mich quasi rund um die Uhr für Tests eingeteilt, aber trotzdem scheinen sie nicht davon auszugehen, dass sie etwas finden werden. Wenn alles unverändert bleibt, darf ich übermorgen nach Hause. Wahrscheinlich wollen sie mich rechtzeitig vor dem Wochenende loswerden.“
    „Okay … und, wie geht es dir?“
    Rasmus wich meinem Blick aus. Ich konnte seinen Zwiespalt genau spüren: Er war hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, mich zu beruhigen, und dem Versprechen, dass er mich nicht mehr belügen würde. „Ich bin froh, wenn ich hier raus bin“, meinte er schließlich.
    Ich schluckte schwer, um überhaupt etwas sagen zu können. „Bin ich auch“, flüsterte ich dann.
    Diesmal dauerte es nicht lange, bis Rasmus eingeschlafen war. Ich schaute in sein erschöpftes Gesicht, und meine Augen begannen zu brennen. Um nicht wieder losheulen zu müssen, stolperte ich auf den Flur hinaus und lehnte mich dort gegen die Wand. Meine Mutter musste sich einen Kaffee holen gegangen sein, denn sie war nirgends zu entdecken. Hastig zog ich mein Handy hervor und wählte in der Nummernliste einen Kontakt aus, dessen Namen ich in Verflixter Dämon geändert hatte.
    „Sam?“, wisperte ich.
    „Nein, sein Großvater“, kam es sarkastisch zurück. „Was ist los?“
    „Rasmus wird in zwei Tagen entlassen. Wenn du die Aktion heimlich durchziehen willst, ist morgen die letzte Gelegenheit dafür.“
    Das ließ ihn auf einen Schlag ernst werden. „Wo treffen wir uns?“, fragte er knapp.
    „Bei Rasmus‘ Apartment. Ich will vor seiner Heimkehr ein bisschen aufräumen, und außerdem haben wir es von dort näher zum Steinbruch.“
    Ohne zu antworten, legte Sam auf. Ich schaffte es gerade noch, das Telefon in meine Hosentasche zu stopfen, ehe meine Mutter mit einem Pappbecher in der Hand zurückkam.
     
    ***
     
    Am nächsten Tag fühlte ich mich schon beim Aufwachen ganz krank vor Nervosität. Jinxys Argusaugen entging natürlich nicht, wie blass und schreckhaft ich war, aber sie hielt es glücklicherweise für Spätwirkungen des Einbruchs und fragte nicht weiter nach. Was hätte ich auch sagen sollen? „Ich werde heute gewissermaßen sterben und in den Himmel kommen“ ? Allmählich war ich mir selbst nicht mehr ganz sicher, ob ich nicht vielleicht den Verstand verloren hatte.
    Gleich nach der Schule fuhr ich mit dem Bus zu Rasmus‘ Apartment, die gruselige Plastiktüte unter den Arm geklemmt. Ich hatte meinen Eltern erzählt, dass ich bei Jinxy übernachten wollte, und sie glaubten mir aufs Wort, dass ich nach den jüngsten Ereignissen ein wenig Abstand von unserem Haus mit der kaputten Tür brauchte. Außerdem passte es ihnen ganz gut in den Kram, weil sie die Gelegenheit nutzen und zu einer großen Auktion reisen konnten.
    Damit ich nicht ins Grübeln verfiel, stürzte ich mich gleich in die Arbeit. Wie ein wildgewordener Putzteufel wirbelte ich durch den Raum, um alles für Rasmus‘ Rückkehr vorzubereiten. Früher als erwartet traf Sam ein und erwischte mich bei der letzten Verschönerungsaktion des Zimmers. Obwohl er es unübersehbar lächerlich fand, Rasmus nach nur wenigen Tagen Krankenhausaufenthalt ein „Willkommen daheim“-Plakat zu gestalten, ging er mir nach einigem Murren doch zur Hand. Das deutete ich als untrügliches Zeichen dafür, wie angespannt er selbst war.
    „Es hängt schief“, sagte ich zum wiederholten Mal, wodurch ich drei Fliegen mit einer Klappe schlug: Ich konnte mich von meiner Angst ablenken, ich hatte die Möglichkeit, meinen Perfektionismus auszuleben, und ich durfte Sam ein bisschen quälen.
    „Ich weiß schon, was ich mache“, knurrte der und rammte einen Reißnagel direkt in mein Schönschrift-„W“.
    „Hast du das damals in Pisa auch behauptet?“
    Die Antwort war nur ein boshaftes Zischen, also gab ich meine Bemühungen auf und schaute mich prüfend im Apartment um. Mal von dem eindeutig schiefen Plakat abgesehen, konnte ich wirklich zufrieden sein: Ich hatte den Tisch hübsch gedeckt und verschiedenste Kekssorten gekauft, außerdem hatte ich geputzt, Luftschlangen aufgehängt und Rasmus‘ Bücher nach Farbschattierungen sortiert. Nichts, aber auch gar nichts konnte mich jetzt noch davon abhalten, mein unsägliches Outfit anzulegen.
    „Entschuldige mich bitte“, sagte ich steif und huschte ins Badezimmer.

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